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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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baum gewesen sey. -- "Was sollt' ich nicht!"
ist die Antwort. "Ich kenne das verdammte
Nest nur zu gut. Es hat mich siebenhundert
Rubel gekostet." -- Wie das? -- "Je, ich
habe in der Trunkenheit einmal in einer hie-
sigen Schenke einen Bentel mit Silbermünze
liegen lassen." -- War der Beutel versiegelt?
fragte die Wirthinn, die in einer Ecke der
Stube saß, und durch diese Erzählung auf-
merksam gemacht wurde. -- "Ja wohl! da,
ich trage das Petschaft noch bey mir, womit
er zugesiegelt war." -- Die Frau erkannte
das nämliche Siegel. -- Nun, sagte sie, so
kann sich's wol noch einmal wieder finden,
was er verloren hat. -- "Ja, wiederfinden,
Mutter! Da müßt' ich nicht so alt geworden
seyn, wenn ich das hoffen könnte. Nein, so
ehrlich ist die Welt nicht mehr! Bedenkt
'mal, sieben Jahr' ist's her! -- Wollt' ich
doch, daß der verdammte Beutel bey allen --
wär'. Hat mir ganz meinen guten Humor
verdorben. Noch ein Glas Punsch, Mutter!"

Während die vier Herren beschäftigt wa-
ren, das Andenken an diesen verdrüßlichen
Vorfall in Punsch zu ertränken, hatte sich das

baum geweſen ſey. — „Was ſollt’ ich nicht!“
iſt die Antwort. „Ich kenne das verdammte
Neſt nur zu gut. Es hat mich ſiebenhundert
Rubel gekoſtet.“ — Wie das? — „Je, ich
habe in der Trunkenheit einmal in einer hie-
ſigen Schenke einen Bentel mit Silbermuͤnze
liegen laſſen.“ — War der Beutel verſiegelt?
fragte die Wirthinn, die in einer Ecke der
Stube ſaß, und durch dieſe Erzaͤhlung auf-
merkſam gemacht wurde. — „Ja wohl! da,
ich trage das Petſchaft noch bey mir, womit
er zugeſiegelt war.“ — Die Frau erkannte
das naͤmliche Siegel. — Nun, ſagte ſie, ſo
kann ſich’s wol noch einmal wieder finden,
was er verloren hat. — „Ja, wiederfinden,
Mutter! Da muͤßt’ ich nicht ſo alt geworden
ſeyn, wenn ich das hoffen koͤnnte. Nein, ſo
ehrlich iſt die Welt nicht mehr! Bedenkt
’mal, ſieben Jahr’ iſt’s her! — Wollt’ ich
doch, daß der verdammte Beutel bey allen —
waͤr’. Hat mir ganz meinen guten Humor
verdorben. Noch ein Glas Punſch, Mutter!“

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[493/0511] baum geweſen ſey. — „Was ſollt’ ich nicht!“ iſt die Antwort. „Ich kenne das verdammte Neſt nur zu gut. Es hat mich ſiebenhundert Rubel gekoſtet.“ — Wie das? — „Je, ich habe in der Trunkenheit einmal in einer hie- ſigen Schenke einen Bentel mit Silbermuͤnze liegen laſſen.“ — War der Beutel verſiegelt? fragte die Wirthinn, die in einer Ecke der Stube ſaß, und durch dieſe Erzaͤhlung auf- merkſam gemacht wurde. — „Ja wohl! da, ich trage das Petſchaft noch bey mir, womit er zugeſiegelt war.“ — Die Frau erkannte das naͤmliche Siegel. — Nun, ſagte ſie, ſo kann ſich’s wol noch einmal wieder finden, was er verloren hat. — „Ja, wiederfinden, Mutter! Da muͤßt’ ich nicht ſo alt geworden ſeyn, wenn ich das hoffen koͤnnte. Nein, ſo ehrlich iſt die Welt nicht mehr! Bedenkt ’mal, ſieben Jahr’ iſt’s her! — Wollt’ ich doch, daß der verdammte Beutel bey allen — waͤr’. Hat mir ganz meinen guten Humor verdorben. Noch ein Glas Punſch, Mutter!“ Waͤhrend die vier Herren beſchaͤftigt wa- ren, das Andenken an dieſen verdruͤßlichen Vorfall in Punſch zu ertraͤnken, hatte ſich das

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/511>, abgerufen am 21.11.2024.