nung und Duldung veranlaßt. Die Tempel des Geschmacks, die wissenschaftlichen Vorräthe mit welchen die Residenz geschmückt und an- gefüllt ist, bieten dem Sinn für Schönheit und Kunst eben so reichliche Nahrung, als dem Wissensdurst emsiger Forscher. -- Mit dem mäßigsten Antheil von Genügsamkeit kann man sich auf einem solchen Standpunkt gefal- len; und der Beyspiele sind nicht wenige, daß selbst Leute mit den unbeschränktesten Präten- sionen und einem schwer zu befriedigenden Ge- nußhunger sich nach einem mehrmaligen Wech- sel ihres Aufenthalts nirgend besser gefielen als hier.
Man wird nach allem diesem begierig seyn, zu wissen, welches die Ansprüche sind, die Je- mand in die Gesellschaft bringen muß, um seinen Antheil an der Masse des gemeinschaft- lichen Genusses behaupten zu können. Die all- gemeinen Erfordernisse eines kultivirten Men- schen abgerechnet, die man überall so ziemlich nach einerley Maaßstabe voraussetzt, hat jedes Land noch eine besondere Forderung an den der sich der Gesellschaft widmet, und in der- selben gut aufgenommen zu werden verlangt.
nung und Duldung veranlaßt. Die Tempel des Geſchmacks, die wiſſenſchaftlichen Vorraͤthe mit welchen die Reſidenz geſchmuͤckt und an- gefuͤllt iſt, bieten dem Sinn fuͤr Schoͤnheit und Kunſt eben ſo reichliche Nahrung, als dem Wiſſensdurſt emſiger Forſcher. — Mit dem maͤßigſten Antheil von Genuͤgſamkeit kann man ſich auf einem ſolchen Standpunkt gefal- len; und der Beyſpiele ſind nicht wenige, daß ſelbſt Leute mit den unbeſchraͤnkteſten Praͤten- ſionen und einem ſchwer zu befriedigenden Ge- nußhunger ſich nach einem mehrmaligen Wech- ſel ihres Aufenthalts nirgend beſſer gefielen als hier.
Man wird nach allem dieſem begierig ſeyn, zu wiſſen, welches die Anſpruͤche ſind, die Je- mand in die Geſellſchaft bringen muß, um ſeinen Antheil an der Maſſe des gemeinſchaft- lichen Genuſſes behaupten zu koͤnnen. Die all- gemeinen Erforderniſſe eines kultivirten Men- ſchen abgerechnet, die man uͤberall ſo ziemlich nach einerley Maaßſtabe vorausſetzt, hat jedes Land noch eine beſondere Forderung an den der ſich der Geſellſchaft widmet, und in der- ſelben gut aufgenommen zu werden verlangt.
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nung und Duldung veranlaßt. Die Tempel
des Geſchmacks, die wiſſenſchaftlichen Vorraͤthe
mit welchen die Reſidenz geſchmuͤckt und an-
gefuͤllt iſt, bieten dem Sinn fuͤr Schoͤnheit
und Kunſt eben ſo reichliche Nahrung, als
dem Wiſſensdurſt emſiger Forſcher. — Mit
dem maͤßigſten Antheil von Genuͤgſamkeit kann
man ſich auf einem ſolchen Standpunkt gefal-
len; und der Beyſpiele ſind nicht wenige, daß
ſelbſt Leute mit den unbeſchraͤnkteſten Praͤten-
ſionen und einem ſchwer zu befriedigenden Ge-
nußhunger ſich nach einem mehrmaligen Wech-
ſel ihres Aufenthalts nirgend beſſer gefielen
als hier.
Man wird nach allem dieſem begierig ſeyn,
zu wiſſen, welches die Anſpruͤche ſind, die Je-
mand in die Geſellſchaft bringen muß, um
ſeinen Antheil an der Maſſe des gemeinſchaft-
lichen Genuſſes behaupten zu koͤnnen. Die all-
gemeinen Erforderniſſe eines kultivirten Men-
ſchen abgerechnet, die man uͤberall ſo ziemlich
nach einerley Maaßſtabe vorausſetzt, hat jedes
Land noch eine beſondere Forderung an den
der ſich der Geſellſchaft widmet, und in der-
ſelben gut aufgenommen zu werden verlangt.
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/463>, abgerufen am 23.11.2024.
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