Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.Unter einem so gesellschaftlichen und ge- Unter einem ſo geſellſchaftlichen und ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0461" n="443"/> <p>Unter einem ſo geſellſchaftlichen und ge-<lb/> nußliebenden Publikum als das petersburgiſche,<lb/> geht nicht leicht eine Veranlaſſung zu Schmaͤu-<lb/> ſen und Feſten ungenutzt voruͤber. Namens-<lb/> und Geburtstage werden vorzuͤglich in ruſſi-<lb/> ſchen Haͤuſern mit großen Gaſtmaͤlern oder<lb/> Baͤllen gefeyert, bey welchen ſich Freunde und<lb/> Bekannte gewoͤhnlich ohne foͤrmliche Einladung<lb/> verſammeln. Die Geburt eines Kindes, die<lb/> Erlangung eines Amts, der Ankauf eines Hau-<lb/> ſes, kurz jedes gluͤckliche Ereigniß giebt Gele-<lb/> genheit zu einem haͤuslichen Feſte. Auch hier<lb/> vermißt man jene Ungebundenheit nicht, die<lb/> den Karakter der hieſigen Lebensart ſo ange-<lb/> nehm nuͤanzirt. Kein Gebrauch iſt ſo allge-<lb/> mein, daß man nicht ohne Unbequemlichkeit<lb/> eine Ausnahme machen koͤnnte; nirgend giebt<lb/> es weniger Foͤrmlichkeiten, und nirgend zieht<lb/> die Vernachlaͤßigung derſelben weniger Tadel<lb/> und Nachrede zu. Hochzeiten, Kindtaufen und<lb/> Beerdigungen werden auf die mannigfaltigſte<lb/> Art begangen; kein Etikettegeſetz ſchreibt den<lb/> Aufwand vor, und kein Ceremoniel wacht uͤber<lb/> die Beobachtung kleinſtaͤdtiſcher Formen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [443/0461]
Unter einem ſo geſellſchaftlichen und ge-
nußliebenden Publikum als das petersburgiſche,
geht nicht leicht eine Veranlaſſung zu Schmaͤu-
ſen und Feſten ungenutzt voruͤber. Namens-
und Geburtstage werden vorzuͤglich in ruſſi-
ſchen Haͤuſern mit großen Gaſtmaͤlern oder
Baͤllen gefeyert, bey welchen ſich Freunde und
Bekannte gewoͤhnlich ohne foͤrmliche Einladung
verſammeln. Die Geburt eines Kindes, die
Erlangung eines Amts, der Ankauf eines Hau-
ſes, kurz jedes gluͤckliche Ereigniß giebt Gele-
genheit zu einem haͤuslichen Feſte. Auch hier
vermißt man jene Ungebundenheit nicht, die
den Karakter der hieſigen Lebensart ſo ange-
nehm nuͤanzirt. Kein Gebrauch iſt ſo allge-
mein, daß man nicht ohne Unbequemlichkeit
eine Ausnahme machen koͤnnte; nirgend giebt
es weniger Foͤrmlichkeiten, und nirgend zieht
die Vernachlaͤßigung derſelben weniger Tadel
und Nachrede zu. Hochzeiten, Kindtaufen und
Beerdigungen werden auf die mannigfaltigſte
Art begangen; kein Etikettegeſetz ſchreibt den
Aufwand vor, und kein Ceremoniel wacht uͤber
die Beobachtung kleinſtaͤdtiſcher Formen.
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