Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

einem Pelz, den er ebenfalls mit einem Ku-
schak umgürtet.

Diese Beschreibung paßt nur auf die ein-
fachste und ärmlichste Kleidung. Wohlhabende
Leute, die die Nationaltracht beybehalten, tra-
gen Hemden, Hosen, Stiefel und Strümpfe;
ihre Röcke sind von feinem Tuch und werden
im Winter mit kostbarem Pelzwerk gefuttert;
alle aber, sie mögen reich oder arm seyn, tra-
gen schlichtes, heruntergekämmtes, ungepuder-
tes Haar, und lassen ihren Bart wachsen. --
Der Anblick eines wohlgemachten Mannes in
dieser Tracht hat etwas Edles und Gefälliges,
wogegen die Schnörkeleyen unserer Modeklei-
dung stark kontrastiren. Was aber diese an
sich sehr vortheilhafte Kleidung noch mehr er-
hebt, ist der leichte Anstand und die Gewand-
heit der Russen. Kein Volk hat in dieser
Rücksicht mehr Aehnliches mit den Franzosen.
Die Art, wie der Russe seinen Hut oder seine
Mütze setzt, sein leichter fester Schritt, die Be-
hendigkeit seiner Bewegungen, alles hat, sogar
bey dem Landvolk, eine gewisse ungekünstelte
Grazie, zwar nicht von der Art, wie man sie

einem Pelz, den er ebenfalls mit einem Ku-
ſchak umguͤrtet.

Dieſe Beſchreibung paßt nur auf die ein-
fachſte und aͤrmlichſte Kleidung. Wohlhabende
Leute, die die Nationaltracht beybehalten, tra-
gen Hemden, Hoſen, Stiefel und Struͤmpfe;
ihre Roͤcke ſind von feinem Tuch und werden
im Winter mit koſtbarem Pelzwerk gefuttert;
alle aber, ſie moͤgen reich oder arm ſeyn, tra-
gen ſchlichtes, heruntergekaͤmmtes, ungepuder-
tes Haar, und laſſen ihren Bart wachſen. —
Der Anblick eines wohlgemachten Mannes in
dieſer Tracht hat etwas Edles und Gefaͤlliges,
wogegen die Schnoͤrkeleyen unſerer Modeklei-
dung ſtark kontraſtiren. Was aber dieſe an
ſich ſehr vortheilhafte Kleidung noch mehr er-
hebt, iſt der leichte Anſtand und die Gewand-
heit der Ruſſen. Kein Volk hat in dieſer
Ruͤckſicht mehr Aehnliches mit den Franzoſen.
Die Art, wie der Ruſſe ſeinen Hut oder ſeine
Muͤtze ſetzt, ſein leichter feſter Schritt, die Be-
hendigkeit ſeiner Bewegungen, alles hat, ſogar
bey dem Landvolk, eine gewiſſe ungekuͤnſtelte
Grazie, zwar nicht von der Art, wie man ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0381" n="363"/>
einem Pelz, den er ebenfalls mit einem Ku-<lb/>
&#x017F;chak umgu&#x0364;rtet.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Be&#x017F;chreibung paßt nur auf die ein-<lb/>
fach&#x017F;te und a&#x0364;rmlich&#x017F;te Kleidung. Wohlhabende<lb/>
Leute, die die Nationaltracht beybehalten, tra-<lb/>
gen Hemden, Ho&#x017F;en, Stiefel und Stru&#x0364;mpfe;<lb/>
ihre Ro&#x0364;cke &#x017F;ind von feinem Tuch und werden<lb/>
im Winter mit ko&#x017F;tbarem Pelzwerk gefuttert;<lb/>
alle aber, &#x017F;ie mo&#x0364;gen reich oder arm &#x017F;eyn, tra-<lb/>
gen &#x017F;chlichtes, heruntergeka&#x0364;mmtes, ungepuder-<lb/>
tes Haar, und la&#x017F;&#x017F;en ihren Bart wach&#x017F;en. &#x2014;<lb/>
Der Anblick eines wohlgemachten Mannes in<lb/>
die&#x017F;er Tracht hat etwas Edles und Gefa&#x0364;lliges,<lb/>
wogegen die Schno&#x0364;rkeleyen un&#x017F;erer Modeklei-<lb/>
dung &#x017F;tark kontra&#x017F;tiren. Was aber die&#x017F;e an<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;ehr vortheilhafte Kleidung noch mehr er-<lb/>
hebt, i&#x017F;t der leichte An&#x017F;tand und die Gewand-<lb/>
heit der Ru&#x017F;&#x017F;en. Kein Volk hat in die&#x017F;er<lb/>
Ru&#x0364;ck&#x017F;icht mehr Aehnliches mit den Franzo&#x017F;en.<lb/>
Die Art, wie der Ru&#x017F;&#x017F;e &#x017F;einen Hut oder &#x017F;eine<lb/>
Mu&#x0364;tze &#x017F;etzt, &#x017F;ein leichter fe&#x017F;ter Schritt, die Be-<lb/>
hendigkeit &#x017F;einer Bewegungen, alles hat, &#x017F;ogar<lb/>
bey dem Landvolk, eine gewi&#x017F;&#x017F;e ungeku&#x0364;n&#x017F;telte<lb/>
Grazie, zwar nicht von der Art, wie man &#x017F;ie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0381] einem Pelz, den er ebenfalls mit einem Ku- ſchak umguͤrtet. Dieſe Beſchreibung paßt nur auf die ein- fachſte und aͤrmlichſte Kleidung. Wohlhabende Leute, die die Nationaltracht beybehalten, tra- gen Hemden, Hoſen, Stiefel und Struͤmpfe; ihre Roͤcke ſind von feinem Tuch und werden im Winter mit koſtbarem Pelzwerk gefuttert; alle aber, ſie moͤgen reich oder arm ſeyn, tra- gen ſchlichtes, heruntergekaͤmmtes, ungepuder- tes Haar, und laſſen ihren Bart wachſen. — Der Anblick eines wohlgemachten Mannes in dieſer Tracht hat etwas Edles und Gefaͤlliges, wogegen die Schnoͤrkeleyen unſerer Modeklei- dung ſtark kontraſtiren. Was aber dieſe an ſich ſehr vortheilhafte Kleidung noch mehr er- hebt, iſt der leichte Anſtand und die Gewand- heit der Ruſſen. Kein Volk hat in dieſer Ruͤckſicht mehr Aehnliches mit den Franzoſen. Die Art, wie der Ruſſe ſeinen Hut oder ſeine Muͤtze ſetzt, ſein leichter feſter Schritt, die Be- hendigkeit ſeiner Bewegungen, alles hat, ſogar bey dem Landvolk, eine gewiſſe ungekuͤnſtelte Grazie, zwar nicht von der Art, wie man ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/381
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/381>, abgerufen am 12.05.2024.