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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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Mann durch seine Manie für dieses Vergnü-
gen merkwürdig, die an ihm um so auffallen-
der war, weil sie mit seinem Gewerbe auf eine
sonderbare Art kontrastirte, denn er war ein
Sargmacher. Da er sein Handwerk im Gro-
ßen trieb, so verdiente er viel Geld, welches er
nicht nur dazu anwandte, alle Tanzgesellschaf-
ten zu besuchen, wo ihm der Eintritt gestattet
wurde, sondern auch neue Tänze mit ihrer
Musik aus fremden Ländern zu verschreiben,
die er sich auf der Post schicken ließ, um sie
früher als Andere zu bekommen. -- Auch
außer den Klubbs fehlt es nicht an Gelegen-
heiten zum Tanzen. Die öffentlichen Bälle
und Maskaraden im Opernhause, in der Gal-
lerie des anitschkowischen Pallasts und außer-
halb der Stadt, in den Gasthäusern, sind zum
Theil sehr geschmackvoll und werden von ei-
nem zahlreichen und glänzenden Publikum be-
sucht. Keine dieser Privatunternehmungen
aber ist einer großen prächtigen Residenz wür-
diger, als die Tanzgesellschaften und Maskara-
den im gallizinschen Pallast, deren Unterneh-
mer ein Franzose, Namens Lion, ist. Die
außerordentliche Größe des Hauptsaals, die

Mann durch ſeine Manie fuͤr dieſes Vergnuͤ-
gen merkwuͤrdig, die an ihm um ſo auffallen-
der war, weil ſie mit ſeinem Gewerbe auf eine
ſonderbare Art kontraſtirte, denn er war ein
Sargmacher. Da er ſein Handwerk im Gro-
ßen trieb, ſo verdiente er viel Geld, welches er
nicht nur dazu anwandte, alle Tanzgeſellſchaf-
ten zu beſuchen, wo ihm der Eintritt geſtattet
wurde, ſondern auch neue Taͤnze mit ihrer
Muſik aus fremden Laͤndern zu verſchreiben,
die er ſich auf der Poſt ſchicken ließ, um ſie
fruͤher als Andere zu bekommen. — Auch
außer den Klubbs fehlt es nicht an Gelegen-
heiten zum Tanzen. Die oͤffentlichen Baͤlle
und Maskaraden im Opernhauſe, in der Gal-
lerie des anitſchkowiſchen Pallaſts und außer-
halb der Stadt, in den Gaſthaͤuſern, ſind zum
Theil ſehr geſchmackvoll und werden von ei-
nem zahlreichen und glaͤnzenden Publikum be-
ſucht. Keine dieſer Privatunternehmungen
aber iſt einer großen praͤchtigen Reſidenz wuͤr-
diger, als die Tanzgeſellſchaften und Maskara-
den im gallizinſchen Pallaſt, deren Unterneh-
mer ein Franzoſe, Namens Lion, iſt. Die
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[340/0358] Mann durch ſeine Manie fuͤr dieſes Vergnuͤ- gen merkwuͤrdig, die an ihm um ſo auffallen- der war, weil ſie mit ſeinem Gewerbe auf eine ſonderbare Art kontraſtirte, denn er war ein Sargmacher. Da er ſein Handwerk im Gro- ßen trieb, ſo verdiente er viel Geld, welches er nicht nur dazu anwandte, alle Tanzgeſellſchaf- ten zu beſuchen, wo ihm der Eintritt geſtattet wurde, ſondern auch neue Taͤnze mit ihrer Muſik aus fremden Laͤndern zu verſchreiben, die er ſich auf der Poſt ſchicken ließ, um ſie fruͤher als Andere zu bekommen. — Auch außer den Klubbs fehlt es nicht an Gelegen- heiten zum Tanzen. Die oͤffentlichen Baͤlle und Maskaraden im Opernhauſe, in der Gal- lerie des anitſchkowiſchen Pallaſts und außer- halb der Stadt, in den Gaſthaͤuſern, ſind zum Theil ſehr geſchmackvoll und werden von ei- nem zahlreichen und glaͤnzenden Publikum be- ſucht. Keine dieſer Privatunternehmungen aber iſt einer großen praͤchtigen Reſidenz wuͤr- diger, als die Tanzgeſellſchaften und Maskara- den im gallizinſchen Pallaſt, deren Unterneh- mer ein Franzoſe, Namens Lion, iſt. Die außerordentliche Groͤße des Hauptſaals, die

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/358>, abgerufen am 12.05.2024.