Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.auf daß mit deinem Namen Unter den Dichtern die sich einen großen *). Um nur Ein Beyspiel zu geben, wie viel das
Original in dieser Uebersetzung verloren hat, wähle ich die zwey letzten Zeilen. In dem ganzen Gedichte herrscht eine sanfte Stimmung, die so wenig ekstatisch ist, daß sie zuweilen sogar in horazischen Muthwillen übergeht; nur mit dem Schluß erhebt sich der Flug des Dichters stufenweise immer höher, bis er endlich mit einem erha- benen Gedanken endigt. Diese Gradation und folglich auch die ganze Wirkung ist in der Uebersetzung verwischt. Man lese noch einmal von der Stelle: "Ich habe sie ge- sungen" -- und man wird in jeder folgenden Zeile einen höhern Schwung bemerken. Dies läßt sich auch in der Verdeutschung fühlen. Aber den letzten kühnsten und er- habensten Gedanken hat der Uebersetzer so kraftlos und prosaisch gegeben, daß man die Stufenleiter verliert und sich mit einemmal wieder auf der Erde sieht, da man sich schon in den Wolken glaubte. Wörtlich lautet die Stelle so: Ja, rühmen will ich dich und preisen, Im Russischen ist es das Futurum: budu, ich will,unsterblich will ich mit dir seyn! ich werde. auf daß mit deinem Namen Unter den Dichtern die ſich einen großen *). Um nur Ein Beyſpiel zu geben, wie viel das
Original in dieſer Ueberſetzung verloren hat, wähle ich die zwey letzten Zeilen. In dem ganzen Gedichte herrſcht eine ſanfte Stimmung, die ſo wenig ekſtatiſch iſt, daß ſie zuweilen ſogar in horaziſchen Muthwillen übergeht; nur mit dem Schluß erhebt ſich der Flug des Dichters ſtufenweiſe immer höher, bis er endlich mit einem erha- benen Gedanken endigt. Dieſe Gradation und folglich auch die ganze Wirkung iſt in der Ueberſetzung verwiſcht. Man leſe noch einmal von der Stelle: „Ich habe ſie ge- ſungen“ — und man wird in jeder folgenden Zeile einen höhern Schwung bemerken. Dies läßt ſich auch in der Verdeutſchung fühlen. Aber den letzten kühnſten und er- habenſten Gedanken hat der Ueberſetzer ſo kraftlos und proſaiſch gegeben, daß man die Stufenleiter verliert und ſich mit einemmal wieder auf der Erde ſieht, da man ſich ſchon in den Wolken glaubte. Wörtlich lautet die Stelle ſo: Ja, rühmen will ich dich und preiſen, Im Ruſſiſchen iſt es das Futurum: budu, ich will,unſterblich will ich mit dir ſeyn! ich werde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <pb facs="#f0258" n="242"/> <l>auf daß mit deinem Namen</l><lb/> <l>ich ſelbſt unſterblich werde</l> <note place="foot" n="*).">Um nur Ein Beyſpiel zu geben, wie viel das<lb/> Original in dieſer Ueberſetzung verloren hat, wähle ich<lb/> die zwey letzten Zeilen. In dem ganzen Gedichte herrſcht<lb/> eine ſanfte Stimmung, die ſo wenig ekſtatiſch iſt, daß<lb/> ſie zuweilen ſogar in horaziſchen Muthwillen übergeht;<lb/> nur mit dem Schluß erhebt ſich der Flug des Dichters<lb/> ſtufenweiſe immer höher, bis er endlich mit einem erha-<lb/> benen Gedanken endigt. Dieſe Gradation und folglich<lb/> auch die ganze Wirkung iſt in der Ueberſetzung verwiſcht.<lb/> Man leſe noch einmal von der Stelle: „Ich habe ſie ge-<lb/> ſungen“ — und man wird in jeder folgenden Zeile einen<lb/> höhern Schwung bemerken. Dies läßt ſich auch in der<lb/> Verdeutſchung fühlen. Aber den letzten kühnſten und er-<lb/> habenſten Gedanken hat der Ueberſetzer ſo kraftlos und<lb/> proſaiſch gegeben, daß man die Stufenleiter verliert<lb/> und ſich mit einemmal wieder auf der Erde ſieht, da man<lb/> ſich ſchon in den Wolken glaubte. Wörtlich lautet die<lb/> Stelle ſo:<lb/><lg type="poem"><l>Ja, rühmen will ich dich und preiſen,</l><lb/><l>unſterblich will ich mit dir ſeyn!</l></lg><lb/> Im Ruſſiſchen iſt es das Futurum: <hi rendition="#g">budu</hi>, ich will,<lb/> ich werde.</note> </lg> </lg><lb/> <p>Unter den Dichtern die ſich einen großen<lb/> und bleibenden Ruhm erworben haben, darf<lb/> ich den wirklichen Staatsrath und Ritter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [242/0258]
auf daß mit deinem Namen
ich ſelbſt unſterblich werde *).
Unter den Dichtern die ſich einen großen
und bleibenden Ruhm erworben haben, darf
ich den wirklichen Staatsrath und Ritter
*). Um nur Ein Beyſpiel zu geben, wie viel das
Original in dieſer Ueberſetzung verloren hat, wähle ich
die zwey letzten Zeilen. In dem ganzen Gedichte herrſcht
eine ſanfte Stimmung, die ſo wenig ekſtatiſch iſt, daß
ſie zuweilen ſogar in horaziſchen Muthwillen übergeht;
nur mit dem Schluß erhebt ſich der Flug des Dichters
ſtufenweiſe immer höher, bis er endlich mit einem erha-
benen Gedanken endigt. Dieſe Gradation und folglich
auch die ganze Wirkung iſt in der Ueberſetzung verwiſcht.
Man leſe noch einmal von der Stelle: „Ich habe ſie ge-
ſungen“ — und man wird in jeder folgenden Zeile einen
höhern Schwung bemerken. Dies läßt ſich auch in der
Verdeutſchung fühlen. Aber den letzten kühnſten und er-
habenſten Gedanken hat der Ueberſetzer ſo kraftlos und
proſaiſch gegeben, daß man die Stufenleiter verliert
und ſich mit einemmal wieder auf der Erde ſieht, da man
ſich ſchon in den Wolken glaubte. Wörtlich lautet die
Stelle ſo:
Ja, rühmen will ich dich und preiſen,
unſterblich will ich mit dir ſeyn!
Im Ruſſiſchen iſt es das Futurum: budu, ich will,
ich werde.
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