Den größten Theil dieser Schuld tragen die Franzosen. Köche, Friseurs und Kammer[-] diener kamen hierher, um -- Erzieher zu werden; und wenn Beyspiele dieser Art jetzt nicht mehr gesehen werden, so gebührt das Verdienst den Deutschen. -- Ein Franzose der sich zum Utschitel anbietet, ist der Inbe- griff aller Wissenschaften und Künste. Juris- prudenz, Mathematik, Geschichte, Heral- dik, Musik, Fechten und jede ritterliche Uebung gehört in sein Fach, und in allen ist er Meister. Nicht selten besitzt er Thätigkeit und Geschicklichkeit genug, nebenher das Amt eines Rechnungsführers oder Haushofmeisters zu verwalten. Wenn sich noch obendrein Ge- legenheit findet, als Vorleser bey der Frau vom Hause in Dienste zu kommen, so schlägt es dem Utschitel selten fehl, sein Glück für die Zukunft zu gründen.
Das allgemeiner werdende Bedürfniß der Erziehung, und der Mangel an Leuten von Talent und Bildung die sich unter den vorhan- denen Umständen zu Hofmeisterstellen entschlie- ßen, bringen eine große Menge untauglicher
Den groͤßten Theil dieſer Schuld tragen die Franzoſen. Koͤche, Friſeurs und Kammer[-] diener kamen hierher, um — Erzieher zu werden; und wenn Beyſpiele dieſer Art jetzt nicht mehr geſehen werden, ſo gebuͤhrt das Verdienſt den Deutſchen. — Ein Franzoſe der ſich zum Utſchitel anbietet, iſt der Inbe- griff aller Wiſſenſchaften und Kuͤnſte. Juris- prudenz, Mathematik, Geſchichte, Heral- dik, Muſik, Fechten und jede ritterliche Uebung gehoͤrt in ſein Fach, und in allen iſt er Meiſter. Nicht ſelten beſitzt er Thaͤtigkeit und Geſchicklichkeit genug, nebenher das Amt eines Rechnungsfuͤhrers oder Haushofmeiſters zu verwalten. Wenn ſich noch obendrein Ge- legenheit findet, als Vorleſer bey der Frau vom Hauſe in Dienſte zu kommen, ſo ſchlaͤgt es dem Utſchitel ſelten fehl, ſein Gluͤck fuͤr die Zukunft zu gruͤnden.
Das allgemeiner werdende Beduͤrfniß der Erziehung, und der Mangel an Leuten von Talent und Bildung die ſich unter den vorhan- denen Umſtaͤnden zu Hofmeiſterſtellen entſchlie- ßen, bringen eine große Menge untauglicher
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Den groͤßten Theil dieſer Schuld tragen
die Franzoſen. Koͤche, Friſeurs und Kammer-
diener kamen hierher, um — Erzieher zu
werden; und wenn Beyſpiele dieſer Art jetzt
nicht mehr geſehen werden, ſo gebuͤhrt das
Verdienſt den Deutſchen. — Ein Franzoſe
der ſich zum Utſchitel anbietet, iſt der Inbe-
griff aller Wiſſenſchaften und Kuͤnſte. Juris-
prudenz, Mathematik, Geſchichte, Heral-
dik, Muſik, Fechten und jede ritterliche
Uebung gehoͤrt in ſein Fach, und in allen iſt
er Meiſter. Nicht ſelten beſitzt er Thaͤtigkeit
und Geſchicklichkeit genug, nebenher das Amt
eines Rechnungsfuͤhrers oder Haushofmeiſters
zu verwalten. Wenn ſich noch obendrein Ge-
legenheit findet, als Vorleſer bey der Frau
vom Hauſe in Dienſte zu kommen, ſo ſchlaͤgt
es dem Utſchitel ſelten fehl, ſein Gluͤck fuͤr
die Zukunft zu gruͤnden.
Das allgemeiner werdende Beduͤrfniß der
Erziehung, und der Mangel an Leuten von
Talent und Bildung die ſich unter den vorhan-
denen Umſtaͤnden zu Hofmeiſterſtellen entſchlie-
ßen, bringen eine große Menge untauglicher
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/353>, abgerufen am 22.11.2024.
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