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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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Der Hauptstamm dieser Bevölkerung, die
im Ganzen aus der mannigfaltigsten Mischung
aller Nationen besteht, sind die Russen, welche
jetzt den bey weitem überwiegenden Theil der
Volkmenge ausmachen, ob sie gleich nicht die
ursprünglichen Bewohner der Gegend sind, in
welcher die Beherrscher des russischen Reichs
jezt ihren Wohnsitz aufgeschlagen haben. St.
Petersburg ist also eine Kolonialstadt, und die
ganze Bevölkerung derselben zerfällt natürlich
in folgende, zum Theil wieder zusammengesetzte
Bestandtheile: ursprüngliche Einwohner, Haupt-
stamm der Bevölkerung, Fremde.

Die ursprünglichen Bewohner der
Gegend, und selbst des Gebiets, auf welchem
jezt die Residenz steht, sind Ingrier und
Finnen. Von ihren Ueberwindern verdrängt,
und durch Nationalkarakter und Verfassung in
dem Fortschritt ihrer Kultur gehemmt, machen
die sparsamen Nachkömmlinge der alten Ein-
wohner dieses Landes nur einen der unbeträcht-
lichsten Theile der jetzigen Bevölkerung. Sie
leben theils in einiger Verbindung in den so-
genannten finnischen Dörfern in und um Pe-
tersburg, theils, als Dienstboten, zerstreut und

Der Hauptſtamm dieſer Bevoͤlkerung, die
im Ganzen aus der mannigfaltigſten Miſchung
aller Nationen beſteht, ſind die Ruſſen, welche
jetzt den bey weitem uͤberwiegenden Theil der
Volkmenge ausmachen, ob ſie gleich nicht die
urſpruͤnglichen Bewohner der Gegend ſind, in
welcher die Beherrſcher des ruſſiſchen Reichs
jezt ihren Wohnſitz aufgeſchlagen haben. St.
Petersburg iſt alſo eine Kolonialſtadt, und die
ganze Bevoͤlkerung derſelben zerfaͤllt natuͤrlich
in folgende, zum Theil wieder zuſammengeſetzte
Beſtandtheile: urſpruͤngliche Einwohner, Haupt-
ſtamm der Bevoͤlkerung, Fremde.

Die urſpruͤnglichen Bewohner der
Gegend, und ſelbſt des Gebiets, auf welchem
jezt die Reſidenz ſteht, ſind Ingrier und
Finnen. Von ihren Ueberwindern verdraͤngt,
und durch Nationalkarakter und Verfaſſung in
dem Fortſchritt ihrer Kultur gehemmt, machen
die ſparſamen Nachkoͤmmlinge der alten Ein-
wohner dieſes Landes nur einen der unbetraͤcht-
lichſten Theile der jetzigen Bevoͤlkerung. Sie
leben theils in einiger Verbindung in den ſo-
genannten finniſchen Doͤrfern in und um Pe-
tersburg, theils, als Dienſtboten, zerſtreut und

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[109/0143] Der Hauptſtamm dieſer Bevoͤlkerung, die im Ganzen aus der mannigfaltigſten Miſchung aller Nationen beſteht, ſind die Ruſſen, welche jetzt den bey weitem uͤberwiegenden Theil der Volkmenge ausmachen, ob ſie gleich nicht die urſpruͤnglichen Bewohner der Gegend ſind, in welcher die Beherrſcher des ruſſiſchen Reichs jezt ihren Wohnſitz aufgeſchlagen haben. St. Petersburg iſt alſo eine Kolonialſtadt, und die ganze Bevoͤlkerung derſelben zerfaͤllt natuͤrlich in folgende, zum Theil wieder zuſammengeſetzte Beſtandtheile: urſpruͤngliche Einwohner, Haupt- ſtamm der Bevoͤlkerung, Fremde. Die urſpruͤnglichen Bewohner der Gegend, und ſelbſt des Gebiets, auf welchem jezt die Reſidenz ſteht, ſind Ingrier und Finnen. Von ihren Ueberwindern verdraͤngt, und durch Nationalkarakter und Verfaſſung in dem Fortſchritt ihrer Kultur gehemmt, machen die ſparſamen Nachkoͤmmlinge der alten Ein- wohner dieſes Landes nur einen der unbetraͤcht- lichſten Theile der jetzigen Bevoͤlkerung. Sie leben theils in einiger Verbindung in den ſo- genannten finniſchen Doͤrfern in und um Pe- tersburg, theils, als Dienſtboten, zerſtreut und

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/143>, abgerufen am 30.04.2024.