Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.darauf folgenden Dienstag, Narrenkirchweihtag *), welche Einige Brüderschaften machten am Fastnachtstage gewisse *) Zinkernagel, Handbuch für Archivare, S. 258. **) Zu den Kämpfen gegen den blauen Montag können wir noch den Vorschlag im Handbuche für den gesitteten Bürgerstand, Berlin bei Schüne, Abschn. 14, zählen, den Gesellen nämlich zu ihrer Erholung einen blauen Mittwoch zu bewilligen -- dadurch würde aber der halbe Donnerstag auch blau geworden sein! ***) Dem Verfasser ist darüber Folgendes von dem Stadtverordneten Herrn
Böttchermeister Balck in Magdeburg mitgetheilt worden: "Der Reiftag wird noch, aber höchst selten, namentlich in München, nach sieben Jahren einmal gehalten. Sein Entstehen fällt in eine sehr alte Zeit, wo in Deutschland eine Pest große Verheerungen angerichtet haben soll. Nach dieser Schreckenszeit sollen die Böttchergesellen die Ersten gewesen sein, welche durch ihre Arbeiten und Tanzen um ihre Tonnen und Schwingen der Reife die eingeschüchterten Einwohner wieder aus ihren Wohnungen gelockt haben. In München treten gewöhnlich 12 bis 20 Gesellen zusammen, und gehen deshalb schon zwei oft drei Monate vorher aus der Arbeit, um den Tanz einzuüben. Die Zeit der Ausführung beginnt gewöhnlich am heiligen Dreikönigstage und dauert bis zur Fastnacht. Die Tänzer sind mit einer rothen Tuch- jacke, schwarzer Sammthose, weißen Strümpfen und schwarzen Schu- hen bekleidet, als Kopfbedeckung tragen sie eine runde Mütze von grü- darauf folgenden Dienstag, Narrenkirchweihtag *), welche Einige Brüderſchaften machten am Faſtnachtstage gewiſſe *) Zinkernagel, Handbuch für Archivare, S. 258. **) Zu den Kämpfen gegen den blauen Montag können wir noch den Vorſchlag im Handbuche für den geſitteten Bürgerſtand, Berlin bei Schüne, Abſchn. 14, zählen, den Geſellen nämlich zu ihrer Erholung einen blauen Mittwoch zu bewilligen — dadurch würde aber der halbe Donnerstag auch blau geworden ſein! ***) Dem Verfaſſer iſt darüber Folgendes von dem Stadtverordneten Herrn
Böttchermeiſter Balck in Magdeburg mitgetheilt worden: „Der Reiftag wird noch, aber höchſt ſelten, namentlich in München, nach ſieben Jahren einmal gehalten. Sein Entſtehen fällt in eine ſehr alte Zeit, wo in Deutſchland eine Peſt große Verheerungen angerichtet haben ſoll. Nach dieſer Schreckenszeit ſollen die Böttchergeſellen die Erſten geweſen ſein, welche durch ihre Arbeiten und Tanzen um ihre Tonnen und Schwingen der Reife die eingeſchüchterten Einwohner wieder aus ihren Wohnungen gelockt haben. In München treten gewöhnlich 12 bis 20 Geſellen zuſammen, und gehen deshalb ſchon zwei oft drei Monate vorher aus der Arbeit, um den Tanz einzuüben. Die Zeit der Ausführung beginnt gewöhnlich am heiligen Dreikönigstage und dauert bis zur Faſtnacht. Die Tänzer ſind mit einer rothen Tuch- jacke, ſchwarzer Sammthoſe, weißen Strümpfen und ſchwarzen Schu- hen bekleidet, als Kopfbedeckung tragen ſie eine runde Mütze von grü- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="112"/> darauf folgenden Dienstag, <hi rendition="#g">Narrenkirchweihtag</hi> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Zinkernagel</hi>, Handbuch für Archivare, S. 258.</note>, welche<lb/> Bezeichnung den Zweck der Feier hinlänglich andeutet. Nach<lb/> der Reformation verlor ſich zwar der Name, die Geſellen woll-<lb/> ten aber den Tag unter der Zahl der Feſte nicht miſſen und<lb/> man bewilligte ihnen dafür mehrere <hi rendition="#g">freie</hi> oder <hi rendition="#g">gute Mon-<lb/> tage</hi> im Jahre; die Bezeichnung <hi rendition="#g">blau</hi>, übertrugen ſie ſpäter<lb/> ſprichwörtlich auf jeden Tag in der Woche, an welchem ſie nicht<lb/> arbeiten wollten. <note place="foot" n="**)">Zu den Kämpfen gegen den blauen Montag können wir noch den<lb/> Vorſchlag im Handbuche für den geſitteten Bürgerſtand, Berlin bei<lb/> Schüne, Abſchn. 14, zählen, den Geſellen nämlich zu ihrer Erholung<lb/> einen blauen Mittwoch zu bewilligen — dadurch würde aber der<lb/> halbe Donnerstag auch blau geworden ſein!</note></p><lb/> <p>Einige Brüderſchaften machten am Faſtnachtstage gewiſſe<lb/> Obſervanzen geltend, z. B. die Hufſchmiede, welche von den<lb/> Meiſtern und deren gewöhnlichen Kunden, Wurſt oder Geld<lb/> einſammelten, die Fleiſcher ſchmückten einen fetten Ochſen mit<lb/> Blumen und Bändern, und zogen damit durch die Straßen.<lb/> Einige Feſte ſind uns kaum noch dem Namen nach bekannt,<lb/> z. B. der Lucastag der Glaſer, welcher im nördlichen Deutſch-<lb/> land unter dem Namen großer und kleiner Lucas gefeiert wurde;<lb/> der Hofzug der Zimmerleute in Halle, welcher noch in den Re-<lb/> gierungsjahren des letzten geiſtlichen Adminiſtrators des Erzſtifts<lb/> Magdeburg vorkommt, der Joſephstag in Erfurt, den die dorti-<lb/> gen Zimmerleute feierten, der Reiftag der Böttcher, in München<lb/> vor Anfang der Faſtenzeit, in Halle in der Pfingſtwoche gehal-<lb/> ten, er ſoll den Geſellen bedeutende Koſten verurſacht haben. <note xml:id="seg2pn_5_1" next="#seg2pn_5_2" place="foot" n="***)">Dem Verfaſſer iſt darüber Folgendes von dem Stadtverordneten Herrn<lb/> Böttchermeiſter <hi rendition="#g">Balck</hi> in Magdeburg mitgetheilt worden: „Der<lb/> Reiftag wird noch, aber höchſt ſelten, namentlich in München, nach<lb/> ſieben Jahren einmal gehalten. Sein Entſtehen fällt in eine ſehr alte<lb/> Zeit, wo in Deutſchland eine Peſt große Verheerungen angerichtet<lb/> haben ſoll. Nach dieſer Schreckenszeit ſollen die Böttchergeſellen die<lb/> Erſten geweſen ſein, welche durch ihre Arbeiten und Tanzen um ihre<lb/> Tonnen und Schwingen der Reife die eingeſchüchterten Einwohner wieder<lb/> aus ihren Wohnungen gelockt haben. In München treten gewöhnlich<lb/> 12 bis 20 Geſellen zuſammen, und gehen deshalb ſchon zwei oft drei<lb/> Monate vorher aus der Arbeit, um den Tanz einzuüben. Die Zeit<lb/> der Ausführung beginnt gewöhnlich am heiligen Dreikönigstage und<lb/> dauert bis zur Faſtnacht. Die Tänzer ſind mit einer rothen Tuch-<lb/> jacke, ſchwarzer Sammthoſe, weißen Strümpfen und ſchwarzen Schu-<lb/> hen bekleidet, als Kopfbedeckung tragen ſie eine runde Mütze von grü-</note></p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [112/0122]
darauf folgenden Dienstag, Narrenkirchweihtag *), welche
Bezeichnung den Zweck der Feier hinlänglich andeutet. Nach
der Reformation verlor ſich zwar der Name, die Geſellen woll-
ten aber den Tag unter der Zahl der Feſte nicht miſſen und
man bewilligte ihnen dafür mehrere freie oder gute Mon-
tage im Jahre; die Bezeichnung blau, übertrugen ſie ſpäter
ſprichwörtlich auf jeden Tag in der Woche, an welchem ſie nicht
arbeiten wollten. **)
Einige Brüderſchaften machten am Faſtnachtstage gewiſſe
Obſervanzen geltend, z. B. die Hufſchmiede, welche von den
Meiſtern und deren gewöhnlichen Kunden, Wurſt oder Geld
einſammelten, die Fleiſcher ſchmückten einen fetten Ochſen mit
Blumen und Bändern, und zogen damit durch die Straßen.
Einige Feſte ſind uns kaum noch dem Namen nach bekannt,
z. B. der Lucastag der Glaſer, welcher im nördlichen Deutſch-
land unter dem Namen großer und kleiner Lucas gefeiert wurde;
der Hofzug der Zimmerleute in Halle, welcher noch in den Re-
gierungsjahren des letzten geiſtlichen Adminiſtrators des Erzſtifts
Magdeburg vorkommt, der Joſephstag in Erfurt, den die dorti-
gen Zimmerleute feierten, der Reiftag der Böttcher, in München
vor Anfang der Faſtenzeit, in Halle in der Pfingſtwoche gehal-
ten, er ſoll den Geſellen bedeutende Koſten verurſacht haben. ***)
*) Zinkernagel, Handbuch für Archivare, S. 258.
**) Zu den Kämpfen gegen den blauen Montag können wir noch den
Vorſchlag im Handbuche für den geſitteten Bürgerſtand, Berlin bei
Schüne, Abſchn. 14, zählen, den Geſellen nämlich zu ihrer Erholung
einen blauen Mittwoch zu bewilligen — dadurch würde aber der
halbe Donnerstag auch blau geworden ſein!
***) Dem Verfaſſer iſt darüber Folgendes von dem Stadtverordneten Herrn
Böttchermeiſter Balck in Magdeburg mitgetheilt worden: „Der
Reiftag wird noch, aber höchſt ſelten, namentlich in München, nach
ſieben Jahren einmal gehalten. Sein Entſtehen fällt in eine ſehr alte
Zeit, wo in Deutſchland eine Peſt große Verheerungen angerichtet
haben ſoll. Nach dieſer Schreckenszeit ſollen die Böttchergeſellen die
Erſten geweſen ſein, welche durch ihre Arbeiten und Tanzen um ihre
Tonnen und Schwingen der Reife die eingeſchüchterten Einwohner wieder
aus ihren Wohnungen gelockt haben. In München treten gewöhnlich
12 bis 20 Geſellen zuſammen, und gehen deshalb ſchon zwei oft drei
Monate vorher aus der Arbeit, um den Tanz einzuüben. Die Zeit
der Ausführung beginnt gewöhnlich am heiligen Dreikönigstage und
dauert bis zur Faſtnacht. Die Tänzer ſind mit einer rothen Tuch-
jacke, ſchwarzer Sammthoſe, weißen Strümpfen und ſchwarzen Schu-
hen bekleidet, als Kopfbedeckung tragen ſie eine runde Mütze von grü-
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