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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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macht, wenn der Teufel in den "Unmenschen" oder "egoisti¬
schen Menschen" übersetzt wurde, ist dann der Christ weniger
vorhanden als vorher? Ist nicht der alte Zwiespalt zwischen
Gut und Böse, ist nicht ein Richter über Uns, der Mensch,
ist nicht ein Beruf, der Beruf, sich zum Menschen zu machen,
geblieben? Nennt man's nicht mehr Beruf, sondern "Auf¬
gabe" oder auch wohl "Pflicht", so ist die Namensänderung
ganz richtig, weil "der Mensch" nicht gleich Gott ein persön¬
liches Wesen ist, das "rufen" kann; aber außer dem Namen
bleibt die Sache beim Alten.


Es hat Jeder ein Verhältniß zu den Objecten, und zwar
verhält sich Jeder anders zu denselben. Wählen Wir als
Beispiel jenes Buch, zu welchem Millionen Menschen zweier
Jahrtausende ein Verhältniß hatten, die Bibel. Was ist, was
war sie einem Jeden? Durchaus nur das, was er aus ihr
machte
! Wer sich gar nichts aus ihr macht, für den ist
sie gar nichts; wer sie als Amulet gebraucht, für den hat sie
lediglich den Werth, die Bedeutung eines Zaubermittels; wer,
wie Kinder, damit spielt, für den ist sie nichts als ein Spiel¬
zeug u.s.w.

Nun verlangt das Christenthum, daß sie für Alle das¬
selbe sein soll, etwa das heilige Buch oder die "heilige
Schrift". Dieß heißt so viel als daß die Ansicht des Christen
auch die der andern Menschen sein soll, und daß Niemand
sich anders zu jenem Object verhalten dürfe. Damit wird
denn die Eigenheit des Verhaltens zerstört, und Ein Sinn,
Eine Gesinnung, als der "wahre", der "allein wahre" fest¬
gesetzt. Mit der Freiheit, aus der Bibel zu machen, was Ich

macht, wenn der Teufel in den „Unmenſchen“ oder „egoiſti¬
ſchen Menſchen“ überſetzt wurde, iſt dann der Chriſt weniger
vorhanden als vorher? Iſt nicht der alte Zwieſpalt zwiſchen
Gut und Böſe, iſt nicht ein Richter über Uns, der Menſch,
iſt nicht ein Beruf, der Beruf, ſich zum Menſchen zu machen,
geblieben? Nennt man's nicht mehr Beruf, ſondern „Auf¬
gabe“ oder auch wohl „Pflicht“, ſo iſt die Namensänderung
ganz richtig, weil „der Menſch“ nicht gleich Gott ein perſön¬
liches Weſen iſt, das „rufen“ kann; aber außer dem Namen
bleibt die Sache beim Alten.


Es hat Jeder ein Verhältniß zu den Objecten, und zwar
verhält ſich Jeder anders zu denſelben. Wählen Wir als
Beiſpiel jenes Buch, zu welchem Millionen Menſchen zweier
Jahrtauſende ein Verhältniß hatten, die Bibel. Was iſt, was
war ſie einem Jeden? Durchaus nur das, was er aus ihr
machte
! Wer ſich gar nichts aus ihr macht, für den iſt
ſie gar nichts; wer ſie als Amulet gebraucht, für den hat ſie
lediglich den Werth, die Bedeutung eines Zaubermittels; wer,
wie Kinder, damit ſpielt, für den iſt ſie nichts als ein Spiel¬
zeug u.ſ.w.

Nun verlangt das Chriſtenthum, daß ſie für Alle daſ¬
ſelbe ſein ſoll, etwa das heilige Buch oder die „heilige
Schrift“. Dieß heißt ſo viel als daß die Anſicht des Chriſten
auch die der andern Menſchen ſein ſoll, und daß Niemand
ſich anders zu jenem Object verhalten dürfe. Damit wird
denn die Eigenheit des Verhaltens zerſtört, und Ein Sinn,
Eine Geſinnung, als der „wahre“, der „allein wahre“ feſt¬
geſetzt. Mit der Freiheit, aus der Bibel zu machen, was Ich

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[448/0456] macht, wenn der Teufel in den „Unmenſchen“ oder „egoiſti¬ ſchen Menſchen“ überſetzt wurde, iſt dann der Chriſt weniger vorhanden als vorher? Iſt nicht der alte Zwieſpalt zwiſchen Gut und Böſe, iſt nicht ein Richter über Uns, der Menſch, iſt nicht ein Beruf, der Beruf, ſich zum Menſchen zu machen, geblieben? Nennt man's nicht mehr Beruf, ſondern „Auf¬ gabe“ oder auch wohl „Pflicht“, ſo iſt die Namensänderung ganz richtig, weil „der Menſch“ nicht gleich Gott ein perſön¬ liches Weſen iſt, das „rufen“ kann; aber außer dem Namen bleibt die Sache beim Alten. Es hat Jeder ein Verhältniß zu den Objecten, und zwar verhält ſich Jeder anders zu denſelben. Wählen Wir als Beiſpiel jenes Buch, zu welchem Millionen Menſchen zweier Jahrtauſende ein Verhältniß hatten, die Bibel. Was iſt, was war ſie einem Jeden? Durchaus nur das, was er aus ihr machte! Wer ſich gar nichts aus ihr macht, für den iſt ſie gar nichts; wer ſie als Amulet gebraucht, für den hat ſie lediglich den Werth, die Bedeutung eines Zaubermittels; wer, wie Kinder, damit ſpielt, für den iſt ſie nichts als ein Spiel¬ zeug u.ſ.w. Nun verlangt das Chriſtenthum, daß ſie für Alle daſ¬ ſelbe ſein ſoll, etwa das heilige Buch oder die „heilige Schrift“. Dieß heißt ſo viel als daß die Anſicht des Chriſten auch die der andern Menſchen ſein ſoll, und daß Niemand ſich anders zu jenem Object verhalten dürfe. Damit wird denn die Eigenheit des Verhaltens zerſtört, und Ein Sinn, Eine Geſinnung, als der „wahre“, der „allein wahre“ feſt¬ geſetzt. Mit der Freiheit, aus der Bibel zu machen, was Ich

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/456>, abgerufen am 24.11.2024.