Die Herrschaft des Gegenstandes über Mich ist in beiden Fäl¬ len dieselbe, nur daß er einmal ein sinnlicher, das andere Mal ein geistiger (gespenstischer) ist. Mein eigen ist meine Liebe erst, wenn sie durchaus in einem eigennützigen und egoistischen Interesse besteht, mithin der Gegenstand meiner Liebe wirklich mein Gegenstand oder mein Eigenthum ist. Meinem Eigen¬ thum bin Ich nichts schuldig und habe keine Pflicht gegen dasselbe, so wenig Ich etwa eine Pflicht gegen mein Auge habe; hüte Ich es dennoch mit größter Sorgsamkeit, so ge¬ schieht das Meinetwegen.
An Liebe fehlte es dem Alterthum so wenig als der christ¬ lichen Zeit; der Liebesgott ist älter, als der Gott der Liebe. Aber die mystische Besessenheit gehört den Neuen an.
Die Besessenheit der Liebe liegt in der Entfremdung des Gegenstandes oder in meiner Ohnmacht gegen seine Fremdheit und Uebermacht. Dem Egoisten ist nichts hoch genug, daß er sich davor demüthigte, nichts so selbständig, daß er ihm zu Liebe lebte, nichts so heilig, daß er sich ihm opferte. Die Liebe des Egoisten quillt aus dem Eigennutz, fluthet im Bette des Eigennutzes und mündet wieder in den Eigennutz.
Ob dieß noch Liebe heißen kann? Wißt Ihr ein anderes Wort dafür, so wählt es immerhin; dann mag das süße Wort der Liebe mit der abgestorbenen Welt verwelken; Ich wenig¬ stens finde für jetzt keines in unserer christlichen Sprache, und bleibe daher bei dem alten Klange und "liebe" meinen Gegenstand, mein -- Eigenthum.
Nur als eines meiner Gefühle hege Ich die Liebe, aber als eine Macht über Mir, als eine göttliche Macht (Feuer¬ bach), als eine Leidenschaft, der Ich Mich nicht entziehen soll, als eine religiöse und sittliche Pflicht -- verschmähe Ich sie.
Die Herrſchaft des Gegenſtandes über Mich iſt in beiden Fäl¬ len dieſelbe, nur daß er einmal ein ſinnlicher, das andere Mal ein geiſtiger (geſpenſtiſcher) iſt. Mein eigen iſt meine Liebe erſt, wenn ſie durchaus in einem eigennützigen und egoiſtiſchen Intereſſe beſteht, mithin der Gegenſtand meiner Liebe wirklich mein Gegenſtand oder mein Eigenthum iſt. Meinem Eigen¬ thum bin Ich nichts ſchuldig und habe keine Pflicht gegen daſſelbe, ſo wenig Ich etwa eine Pflicht gegen mein Auge habe; hüte Ich es dennoch mit größter Sorgſamkeit, ſo ge¬ ſchieht das Meinetwegen.
An Liebe fehlte es dem Alterthum ſo wenig als der chriſt¬ lichen Zeit; der Liebesgott iſt älter, als der Gott der Liebe. Aber die myſtiſche Beſeſſenheit gehört den Neuen an.
Die Beſeſſenheit der Liebe liegt in der Entfremdung des Gegenſtandes oder in meiner Ohnmacht gegen ſeine Fremdheit und Uebermacht. Dem Egoiſten iſt nichts hoch genug, daß er ſich davor demüthigte, nichts ſo ſelbſtändig, daß er ihm zu Liebe lebte, nichts ſo heilig, daß er ſich ihm opferte. Die Liebe des Egoiſten quillt aus dem Eigennutz, fluthet im Bette des Eigennutzes und mündet wieder in den Eigennutz.
Ob dieß noch Liebe heißen kann? Wißt Ihr ein anderes Wort dafür, ſo wählt es immerhin; dann mag das ſüße Wort der Liebe mit der abgeſtorbenen Welt verwelken; Ich wenig¬ ſtens finde für jetzt keines in unſerer chriſtlichen Sprache, und bleibe daher bei dem alten Klange und „liebe“ meinen Gegenſtand, mein — Eigenthum.
Nur als eines meiner Gefühle hege Ich die Liebe, aber als eine Macht über Mir, als eine göttliche Macht (Feuer¬ bach), als eine Leidenſchaft, der Ich Mich nicht entziehen ſoll, als eine religiöſe und ſittliche Pflicht — verſchmähe Ich ſie.
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Die Herrſchaft des Gegenſtandes über Mich iſt in beiden Fäl¬
len dieſelbe, nur daß er einmal ein ſinnlicher, das andere Mal
ein geiſtiger (geſpenſtiſcher) iſt. Mein eigen iſt meine Liebe
erſt, wenn ſie durchaus in einem eigennützigen und egoiſtiſchen
Intereſſe beſteht, mithin der Gegenſtand meiner Liebe wirklich
mein Gegenſtand oder mein Eigenthum iſt. Meinem Eigen¬
thum bin Ich nichts ſchuldig und habe keine Pflicht gegen
daſſelbe, ſo wenig Ich etwa eine Pflicht gegen mein Auge
habe; hüte Ich es dennoch mit größter Sorgſamkeit, ſo ge¬
ſchieht das Meinetwegen.
An Liebe fehlte es dem Alterthum ſo wenig als der chriſt¬
lichen Zeit; der Liebesgott iſt älter, als der Gott der Liebe.
Aber die myſtiſche Beſeſſenheit gehört den Neuen an.
Die Beſeſſenheit der Liebe liegt in der Entfremdung des
Gegenſtandes oder in meiner Ohnmacht gegen ſeine Fremdheit
und Uebermacht. Dem Egoiſten iſt nichts hoch genug, daß
er ſich davor demüthigte, nichts ſo ſelbſtändig, daß er ihm
zu Liebe lebte, nichts ſo heilig, daß er ſich ihm opferte. Die
Liebe des Egoiſten quillt aus dem Eigennutz, fluthet im Bette
des Eigennutzes und mündet wieder in den Eigennutz.
Ob dieß noch Liebe heißen kann? Wißt Ihr ein anderes
Wort dafür, ſo wählt es immerhin; dann mag das ſüße Wort
der Liebe mit der abgeſtorbenen Welt verwelken; Ich wenig¬
ſtens finde für jetzt keines in unſerer chriſtlichen Sprache,
und bleibe daher bei dem alten Klange und „liebe“ meinen
Gegenſtand, mein — Eigenthum.
Nur als eines meiner Gefühle hege Ich die Liebe, aber
als eine Macht über Mir, als eine göttliche Macht (Feuer¬
bach), als eine Leidenſchaft, der Ich Mich nicht entziehen ſoll,
als eine religiöſe und ſittliche Pflicht — verſchmähe Ich ſie.
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/399>, abgerufen am 23.11.2024.
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