lung u. dergl. sind nur verschiedene Schattirungen der ver¬ brecherischen Frechheit.
Daß die Entheiligung in der mannigfachsen Art verübt werden kann, soll hier übergangen und vorzugsweise nur an jene Entheiligung erinnert werden, welche durch eine unbe¬ schränkte Presse das Heilige mit Gefahr bedroht.
So lange auch nur für Ein geistiges Wesen noch Respect gefordert wird, muß die Rede und Presse im Namen dieses Wesens geknechtet werden; denn eben so lange könnte der Egoist durch seine Aeußerungen sich gegen dasselbe "vergehen", woran er eben wenigstens durch die "gebührende Strafe" ver¬ hindert werden muß, wenn man nicht lieber das richtigere Mittel dagegen ergreifen will, die vorbeugende Polizeigewalt, z. B. der Censur.
Welch ein Seufzen nach Freiheit der Presse! Wovon soll die Presse denn befreit werden? Doch wohl von einer Abhängigkeit, Angehörigkeit und Dienstbarkeit! Davon aber sich zu befreien, ist eben die Sache eines Jeden, und es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß wenn Du Dich aus der Dienstbarkeit erlöst hast, auch das, was Du verfassest und schreibst, Dir eigen gehören werde, statt im Dienste irgend einer Macht gedacht und aufgesetzt worden zu sein. Was kann ein Christgläubiger sagen und drucken lassen, das freier wäre von jener Christgläubigkeit, als er selbst es ist? Wenn Ich etwas nicht schreiben kann und darf, so liegt die nächste Schuld vielleicht an Mir. So wenig dieß die Sache zu tref¬ fen scheint, so nahe findet sich dennoch die Anwendung. Durch ein Pretzgesetz ziehe oder lasse Ich meinen Veröffentlichungen eine Grenze ziehen, über welche hinaus das Unrecht und dessen Strafe folgt. Ich selbst beschränke Mich.
lung u. dergl. ſind nur verſchiedene Schattirungen der ver¬ brecheriſchen Frechheit.
Daß die Entheiligung in der mannigfachſen Art verübt werden kann, ſoll hier übergangen und vorzugsweiſe nur an jene Entheiligung erinnert werden, welche durch eine unbe¬ ſchränkte Preſſe das Heilige mit Gefahr bedroht.
So lange auch nur für Ein geiſtiges Weſen noch Reſpect gefordert wird, muß die Rede und Preſſe im Namen dieſes Weſens geknechtet werden; denn eben ſo lange könnte der Egoiſt durch ſeine Aeußerungen ſich gegen daſſelbe „vergehen“, woran er eben wenigſtens durch die „gebührende Strafe“ ver¬ hindert werden muß, wenn man nicht lieber das richtigere Mittel dagegen ergreifen will, die vorbeugende Polizeigewalt, z. B. der Cenſur.
Welch ein Seufzen nach Freiheit der Preſſe! Wovon ſoll die Preſſe denn befreit werden? Doch wohl von einer Abhängigkeit, Angehörigkeit und Dienſtbarkeit! Davon aber ſich zu befreien, iſt eben die Sache eines Jeden, und es iſt mit Sicherheit anzunehmen, daß wenn Du Dich aus der Dienſtbarkeit erlöſt haſt, auch das, was Du verfaſſeſt und ſchreibſt, Dir eigen gehören werde, ſtatt im Dienſte irgend einer Macht gedacht und aufgeſetzt worden zu ſein. Was kann ein Chriſtgläubiger ſagen und drucken laſſen, das freier wäre von jener Chriſtgläubigkeit, als er ſelbſt es iſt? Wenn Ich etwas nicht ſchreiben kann und darf, ſo liegt die nächſte Schuld vielleicht an Mir. So wenig dieß die Sache zu tref¬ fen ſcheint, ſo nahe findet ſich dennoch die Anwendung. Durch ein Pretzgeſetz ziehe oder laſſe Ich meinen Veröffentlichungen eine Grenze ziehen, über welche hinaus das Unrecht und deſſen Strafe folgt. Ich ſelbſt beſchränke Mich.
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lung u. dergl. ſind nur verſchiedene Schattirungen der ver¬
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Daß die Entheiligung in der mannigfachſen Art verübt
werden kann, ſoll hier übergangen und vorzugsweiſe nur an
jene Entheiligung erinnert werden, welche durch eine unbe¬
ſchränkte Preſſe das Heilige mit Gefahr bedroht.
So lange auch nur für Ein geiſtiges Weſen noch Reſpect
gefordert wird, muß die Rede und Preſſe im Namen dieſes
Weſens geknechtet werden; denn eben ſo lange könnte der Egoiſt
durch ſeine Aeußerungen ſich gegen daſſelbe „vergehen“,
woran er eben wenigſtens durch die „gebührende Strafe“ ver¬
hindert werden muß, wenn man nicht lieber das richtigere
Mittel dagegen ergreifen will, die vorbeugende Polizeigewalt,
z. B. der Cenſur.
Welch ein Seufzen nach Freiheit der Preſſe! Wovon
ſoll die Preſſe denn befreit werden? Doch wohl von einer
Abhängigkeit, Angehörigkeit und Dienſtbarkeit! Davon aber
ſich zu befreien, iſt eben die Sache eines Jeden, und es iſt
mit Sicherheit anzunehmen, daß wenn Du Dich aus der
Dienſtbarkeit erlöſt haſt, auch das, was Du verfaſſeſt und
ſchreibſt, Dir eigen gehören werde, ſtatt im Dienſte irgend
einer Macht gedacht und aufgeſetzt worden zu ſein. Was
kann ein Chriſtgläubiger ſagen und drucken laſſen, das freier
wäre von jener Chriſtgläubigkeit, als er ſelbſt es iſt? Wenn
Ich etwas nicht ſchreiben kann und darf, ſo liegt die nächſte
Schuld vielleicht an Mir. So wenig dieß die Sache zu tref¬
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/380>, abgerufen am 27.11.2024.
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