Börsenspeculationen herab bis zur Aemterbewerbung, der Kun¬ denjagd, dem Arbeitsuchen, dem Trachten nach Beförderung und Orden, dem Trödel des Schacherjuden u. s. w. Gelingt es, die Mitbewerber auszustechen und zu überbieten, so ist der "glückliche Wurf" gethan; denn für ein Glück muß es schon genommen werden, daß der Sieger mit einer, wenn auch durch den sorgsamsten Fleiß ausgebildeten Begabtheit sich ausgestattet steht, gegen welche die Andern nicht aufzukommen wissen, also daß sich -- keine Begabteren finden. Und die nun mitten in diesem Glückswechsel ihr tägliches Wesen treiben, ohne ein Arg dabei zu haben, gerathen in die sittlichste Entrüstung, wenn ihr eigenes Princip in nackter Form auftritt und als -- Hazardspiel "Unglück anrichtet." Das Hazardspiel ist ja eine zu deutliche, zu unverhüllte Concurrenz und verletzt wie jede entschiedene Nacktheit das ehrsame Schamgefühl.
Diesem Treiben des Ungefährs wollen die Socialen Ein¬ halt thun und eine Gesellschaft bilden, in welcher die Men¬ schen nicht länger vom Glücke abhängig, sondern frei sind.
Auf die natürlichste Weise äußert sich dieß Streben zuerst als Haß der "Unglücklichen" gegen die "Glücklichen", d. h. derer, für welche das Glück wenig oder nichts gethan hat, gegen diejenigen, für die es Alles gethan hat.
Eigentlich gilt der Unmuth aber nicht den Glücklichen, sondern dem Glücke, diesem faulen Fleck des Bürgerthums.
Da die Communisten erst die freie Thätigkeit für das Wesen des Menschen erklären, bedürfen sie, wie alle werkeltä¬ gige Gesinnung, eines Sonntags, wie alles materielle Stre¬ ben, eines Gottes, einer Erhebung und Erbauung neben ihrer geistlosen "Arbeit".
Börſenſpeculationen herab bis zur Aemterbewerbung, der Kun¬ denjagd, dem Arbeitſuchen, dem Trachten nach Beförderung und Orden, dem Trödel des Schacherjuden u. ſ. w. Gelingt es, die Mitbewerber auszuſtechen und zu überbieten, ſo iſt der „glückliche Wurf“ gethan; denn für ein Glück muß es ſchon genommen werden, daß der Sieger mit einer, wenn auch durch den ſorgſamſten Fleiß ausgebildeten Begabtheit ſich ausgeſtattet ſteht, gegen welche die Andern nicht aufzukommen wiſſen, alſo daß ſich — keine Begabteren finden. Und die nun mitten in dieſem Glückswechſel ihr tägliches Weſen treiben, ohne ein Arg dabei zu haben, gerathen in die ſittlichſte Entrüſtung, wenn ihr eigenes Princip in nackter Form auftritt und als — Hazardſpiel „Unglück anrichtet.“ Das Hazardſpiel iſt ja eine zu deutliche, zu unverhüllte Concurrenz und verletzt wie jede entſchiedene Nacktheit das ehrſame Schamgefühl.
Dieſem Treiben des Ungefährs wollen die Socialen Ein¬ halt thun und eine Geſellſchaft bilden, in welcher die Men¬ ſchen nicht länger vom Glücke abhängig, ſondern frei ſind.
Auf die natürlichſte Weiſe äußert ſich dieß Streben zuerſt als Haß der „Unglücklichen“ gegen die „Glücklichen“, d. h. derer, für welche das Glück wenig oder nichts gethan hat, gegen diejenigen, für die es Alles gethan hat.
Eigentlich gilt der Unmuth aber nicht den Glücklichen, ſondern dem Glücke, dieſem faulen Fleck des Bürgerthums.
Da die Communiſten erſt die freie Thätigkeit für das Weſen des Menſchen erklären, bedürfen ſie, wie alle werkeltä¬ gige Geſinnung, eines Sonntags, wie alles materielle Stre¬ ben, eines Gottes, einer Erhebung und Erbauung neben ihrer geiſtloſen „Arbeit“.
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Börſenſpeculationen herab bis zur Aemterbewerbung, der Kun¬
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und Orden, dem Trödel des Schacherjuden u. ſ. w. Gelingt
es, die Mitbewerber auszuſtechen und zu überbieten, ſo iſt der
„glückliche Wurf“ gethan; denn für ein Glück muß es ſchon
genommen werden, daß der Sieger mit einer, wenn auch durch
den ſorgſamſten Fleiß ausgebildeten Begabtheit ſich ausgeſtattet
ſteht, gegen welche die Andern nicht aufzukommen wiſſen, alſo
daß ſich — keine Begabteren finden. Und die nun mitten in
dieſem Glückswechſel ihr tägliches Weſen treiben, ohne ein
Arg dabei zu haben, gerathen in die ſittlichſte Entrüſtung,
wenn ihr eigenes Princip in nackter Form auftritt und als —
Hazardſpiel „Unglück anrichtet.“ Das Hazardſpiel iſt ja
eine zu deutliche, zu unverhüllte Concurrenz und verletzt wie
jede entſchiedene Nacktheit das ehrſame Schamgefühl.
Dieſem Treiben des Ungefährs wollen die Socialen Ein¬
halt thun und eine Geſellſchaft bilden, in welcher die Men¬
ſchen nicht länger vom Glücke abhängig, ſondern frei ſind.
Auf die natürlichſte Weiſe äußert ſich dieß Streben zuerſt
als Haß der „Unglücklichen“ gegen die „Glücklichen“, d. h.
derer, für welche das Glück wenig oder nichts gethan hat,
gegen diejenigen, für die es Alles gethan hat.
Eigentlich gilt der Unmuth aber nicht den Glücklichen,
ſondern dem Glücke, dieſem faulen Fleck des Bürgerthums.
Da die Communiſten erſt die freie Thätigkeit für das
Weſen des Menſchen erklären, bedürfen ſie, wie alle werkeltä¬
gige Geſinnung, eines Sonntags, wie alles materielle Stre¬
ben, eines Gottes, einer Erhebung und Erbauung neben ihrer
geiſtloſen „Arbeit“.
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/168>, abgerufen am 25.11.2024.
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