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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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Sie sind nur da moralische, sie werden nur da mit sittlichem
Sinne gepflogen, wo sie durch sich selbst als religiöse
gelten. Wahrhafte Freundschaft ist nur da, wo die Gränzen
der Freundschaft mit religiöser Gewissenhaftigkeit bewahrt wer¬
den, mit derselben Gewissenhaftigkeit, mit welcher der Gläubige
die Dignität seines Gottes wahrt. Heilig ist und sei Dir
die Freundschaft, heilig das Eigenthum, heilig die Ehe, heilig
das Wohl jedes Menschen, aber heilig an und für sich
selbst." *)

Das ist ein sehr wesentliches Moment. Im Katholicis¬
mus kann das Weltliche zwar geweiht werden oder gehei¬
ligt, ist aber nicht ohne diesen priesterlichen Segen heilig;
dagegen im Protestantismus sind weltliche Verhältnisse durch
sich selbst
heilig, heilig durch ihre bloße Existenz. Mit der
Weihe, durch welche Heiligkeit verliehen wird, hängt genau die
jesuitische Maxime zusammen: "Der Zweck heiligt die Mittel."
Kein Mittel ist für sich heilig oder unheilig, sondern seine Be¬
ziehung zur Kirche, sein Nutzen für die Kirche, heiligt das
Mittel. Königsmord wurde als ein solches angegeben; ward
er zum Frommen der Kirche vollführt, so konnte er ihrer, wenn
auch nicht offen ausgesprochenen Heiligung gewiß sein. Dem
Protestanten gilt die Majestät für heilig, dem Katholiken könnte
nur die durch den Oberpriester geweihte dafür gelten, und gilt
ihm auch nur deshalb dafür, weil der Papst diese Heiligkeit
ihr, wenn auch ohne besonderen Akt, ein für allemal ertheilt.
Zöge er seine Weihe zurück, so bliebe der König dem Katho¬
liken nur ein "Weltmensch oder Laie", ein "Ungeweihter".

*) Wesen des Christenthums. S. 403.

Sie ſind nur da moraliſche, ſie werden nur da mit ſittlichem
Sinne gepflogen, wo ſie durch ſich ſelbſt als religiöſe
gelten. Wahrhafte Freundſchaft iſt nur da, wo die Gränzen
der Freundſchaft mit religiöſer Gewiſſenhaftigkeit bewahrt wer¬
den, mit derſelben Gewiſſenhaftigkeit, mit welcher der Gläubige
die Dignität ſeines Gottes wahrt. Heilig iſt und ſei Dir
die Freundſchaft, heilig das Eigenthum, heilig die Ehe, heilig
das Wohl jedes Menſchen, aber heilig an und für ſich
ſelbſt.“ *)

Das iſt ein ſehr weſentliches Moment. Im Katholicis¬
mus kann das Weltliche zwar geweiht werden oder gehei¬
ligt, iſt aber nicht ohne dieſen prieſterlichen Segen heilig;
dagegen im Proteſtantismus ſind weltliche Verhältniſſe durch
ſich ſelbſt
heilig, heilig durch ihre bloße Exiſtenz. Mit der
Weihe, durch welche Heiligkeit verliehen wird, hängt genau die
jeſuitiſche Maxime zuſammen: „Der Zweck heiligt die Mittel.“
Kein Mittel iſt für ſich heilig oder unheilig, ſondern ſeine Be¬
ziehung zur Kirche, ſein Nutzen für die Kirche, heiligt das
Mittel. Königsmord wurde als ein ſolches angegeben; ward
er zum Frommen der Kirche vollführt, ſo konnte er ihrer, wenn
auch nicht offen ausgeſprochenen Heiligung gewiß ſein. Dem
Proteſtanten gilt die Majeſtät für heilig, dem Katholiken könnte
nur die durch den Oberprieſter geweihte dafür gelten, und gilt
ihm auch nur deshalb dafür, weil der Papſt dieſe Heiligkeit
ihr, wenn auch ohne beſonderen Akt, ein für allemal ertheilt.
Zöge er ſeine Weihe zurück, ſo bliebe der König dem Katho¬
liken nur ein „Weltmenſch oder Laie“, ein „Ungeweihter“.

*) Weſen des Chriſtenthums. S. 403.
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[120/0128] Sie ſind nur da moraliſche, ſie werden nur da mit ſittlichem Sinne gepflogen, wo ſie durch ſich ſelbſt als religiöſe gelten. Wahrhafte Freundſchaft iſt nur da, wo die Gränzen der Freundſchaft mit religiöſer Gewiſſenhaftigkeit bewahrt wer¬ den, mit derſelben Gewiſſenhaftigkeit, mit welcher der Gläubige die Dignität ſeines Gottes wahrt. Heilig iſt und ſei Dir die Freundſchaft, heilig das Eigenthum, heilig die Ehe, heilig das Wohl jedes Menſchen, aber heilig an und für ſich ſelbſt.“ *) Das iſt ein ſehr weſentliches Moment. Im Katholicis¬ mus kann das Weltliche zwar geweiht werden oder gehei¬ ligt, iſt aber nicht ohne dieſen prieſterlichen Segen heilig; dagegen im Proteſtantismus ſind weltliche Verhältniſſe durch ſich ſelbſt heilig, heilig durch ihre bloße Exiſtenz. Mit der Weihe, durch welche Heiligkeit verliehen wird, hängt genau die jeſuitiſche Maxime zuſammen: „Der Zweck heiligt die Mittel.“ Kein Mittel iſt für ſich heilig oder unheilig, ſondern ſeine Be¬ ziehung zur Kirche, ſein Nutzen für die Kirche, heiligt das Mittel. Königsmord wurde als ein ſolches angegeben; ward er zum Frommen der Kirche vollführt, ſo konnte er ihrer, wenn auch nicht offen ausgeſprochenen Heiligung gewiß ſein. Dem Proteſtanten gilt die Majeſtät für heilig, dem Katholiken könnte nur die durch den Oberprieſter geweihte dafür gelten, und gilt ihm auch nur deshalb dafür, weil der Papſt dieſe Heiligkeit ihr, wenn auch ohne beſonderen Akt, ein für allemal ertheilt. Zöge er ſeine Weihe zurück, ſo bliebe der König dem Katho¬ liken nur ein „Weltmenſch oder Laie“, ein „Ungeweihter“. *) Weſen des Chriſtenthums. S. 403.

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/128>, abgerufen am 23.11.2024.