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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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tes- und Gewissensstimme für Teufelswerk zu halten? Solche
heillose Menschen giebt's; wie werdet Ihr mit ihnen fertig
werden? Auf eure Pfaffen, Aeltern und guten Menschen
könnt Ihr Euch nicht berufen, denn die werden eben als eure
Verführer von jenen bezeichnet, als die wahren Jugendver¬
führer und Jugendverderber, die das Unkraut der Selbstverach¬
tung und Gottesverehrung emsig aussäen, die jungen Herzen
verschlämmen und die jungen Köpfe verdummen.

Jene nun fahren aber fort und fragen: Um weß willen
bekümmert Ihr Euch um Gottes und die andern Gebote?
Ihr meint doch nicht, daß dieß bloß aus Gefälligkeit gegen
Gott geschehe? Nein, Ihr thut's wieder -- um Euret¬
willen
. -- Also auch hier seid Ihr die Hauptsache und
Jeder muß sich sagen: Ich bin Mir Alles und ich thue Alles
Meinethalben. Würde Euch's jemals klar, daß Euch der
Gott, die Gebote u. s. w. nur schaden, daß sie Euch verkürzen
und verderben: gewiß, Ihr würfet sie von Euch, gerade wie
die Christen einst den Apollo oder die Minerva oder die heid¬
nische Moral verdammten. Sie stellten freilich Christus und
hernach die Maria, sowie eine christliche Moral an die Stelle;
aber sie thaten das auch um ihres Seelenheils willen, also
aus Egoismus oder Eigenheit.

Und dieser Egoismus, diese Eigenheit war's, durch die
sie die alte Götterwelt los und von ihr frei wurden. Die
Eigenheit erschuf eine neue Freiheit; denn die Eigenheit
ist die Schöpferin von Allem, wie schon längst die Genialität
(eine bestimmte Eigenheit), die stets Originalität ist, als die
Schöpferin neuer weltgeschichtlicher Productionen angesehen wird.

Soll's einmal doch "die Freiheit" gelten mit eurem
Streben, nun so erschöpft ihre Forderungen. Wer soll denn

tes- und Gewiſſensſtimme für Teufelswerk zu halten? Solche
heilloſe Menſchen giebt's; wie werdet Ihr mit ihnen fertig
werden? Auf eure Pfaffen, Aeltern und guten Menſchen
könnt Ihr Euch nicht berufen, denn die werden eben als eure
Verführer von jenen bezeichnet, als die wahren Jugendver¬
führer und Jugendverderber, die das Unkraut der Selbſtverach¬
tung und Gottesverehrung emſig ausſäen, die jungen Herzen
verſchlämmen und die jungen Köpfe verdummen.

Jene nun fahren aber fort und fragen: Um weß willen
bekümmert Ihr Euch um Gottes und die andern Gebote?
Ihr meint doch nicht, daß dieß bloß aus Gefälligkeit gegen
Gott geſchehe? Nein, Ihr thut's wieder — um Euret¬
willen
. — Alſo auch hier ſeid Ihr die Hauptſache und
Jeder muß ſich ſagen: Ich bin Mir Alles und ich thue Alles
Meinethalben. Würde Euch's jemals klar, daß Euch der
Gott, die Gebote u. ſ. w. nur ſchaden, daß ſie Euch verkürzen
und verderben: gewiß, Ihr würfet ſie von Euch, gerade wie
die Chriſten einſt den Apollo oder die Minerva oder die heid¬
niſche Moral verdammten. Sie ſtellten freilich Chriſtus und
hernach die Maria, ſowie eine chriſtliche Moral an die Stelle;
aber ſie thaten das auch um ihres Seelenheils willen, alſo
aus Egoismus oder Eigenheit.

Und dieſer Egoismus, dieſe Eigenheit war's, durch die
ſie die alte Götterwelt los und von ihr frei wurden. Die
Eigenheit erſchuf eine neue Freiheit; denn die Eigenheit
iſt die Schöpferin von Allem, wie ſchon längſt die Genialität
(eine beſtimmte Eigenheit), die ſtets Originalität iſt, als die
Schöpferin neuer weltgeſchichtlicher Productionen angeſehen wird.

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Streben, nun ſo erſchöpft ihre Forderungen. Wer ſoll denn

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[214/0222] tes- und Gewiſſensſtimme für Teufelswerk zu halten? Solche heilloſe Menſchen giebt's; wie werdet Ihr mit ihnen fertig werden? Auf eure Pfaffen, Aeltern und guten Menſchen könnt Ihr Euch nicht berufen, denn die werden eben als eure Verführer von jenen bezeichnet, als die wahren Jugendver¬ führer und Jugendverderber, die das Unkraut der Selbſtverach¬ tung und Gottesverehrung emſig ausſäen, die jungen Herzen verſchlämmen und die jungen Köpfe verdummen. Jene nun fahren aber fort und fragen: Um weß willen bekümmert Ihr Euch um Gottes und die andern Gebote? Ihr meint doch nicht, daß dieß bloß aus Gefälligkeit gegen Gott geſchehe? Nein, Ihr thut's wieder — um Euret¬ willen. — Alſo auch hier ſeid Ihr die Hauptſache und Jeder muß ſich ſagen: Ich bin Mir Alles und ich thue Alles Meinethalben. Würde Euch's jemals klar, daß Euch der Gott, die Gebote u. ſ. w. nur ſchaden, daß ſie Euch verkürzen und verderben: gewiß, Ihr würfet ſie von Euch, gerade wie die Chriſten einſt den Apollo oder die Minerva oder die heid¬ niſche Moral verdammten. Sie ſtellten freilich Chriſtus und hernach die Maria, ſowie eine chriſtliche Moral an die Stelle; aber ſie thaten das auch um ihres Seelenheils willen, alſo aus Egoismus oder Eigenheit. Und dieſer Egoismus, dieſe Eigenheit war's, durch die ſie die alte Götterwelt los und von ihr frei wurden. Die Eigenheit erſchuf eine neue Freiheit; denn die Eigenheit iſt die Schöpferin von Allem, wie ſchon längſt die Genialität (eine beſtimmte Eigenheit), die ſtets Originalität iſt, als die Schöpferin neuer weltgeſchichtlicher Productionen angeſehen wird. Soll's einmal doch „die Freiheit“ gelten mit eurem Streben, nun ſo erſchöpft ihre Forderungen. Wer ſoll denn

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/222>, abgerufen am 26.11.2024.