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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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Drange der Freude stets erst sehr spät entschlummerten,
wenn sie nehmlich der körperliche Drang übermannt
hatte, so hatten sie nie das mitternächtliche Läuten
der Gloken, nie die Orgel der Kirche gehört, wenn das
Fest gefeiert wurde, obwohl sie nahe an der Kirche
wohnten. In diesem Augenblike der heutigen Nacht
wurde nun mit allen Gloken geläutet, es läuteten die
Gloken in Millsdorf, es läuteten die Gloken in
Gschaid, und hinter dem Berge war noch ein Kirchlein
mit drei hellen klingenden Gloken die läuteten. In
den fernen Ländern draußen waren unzählige Kirchen
und Gloken, und mit allen wurde zu dieser Zeit ge¬
läutet, von Dorf zu Dorf ging die Tonwelle, ja man
konnte wohl zuweilen von einem Dorfe zum andern
durch die blätterlosen Zweige das Läuten hören: nur
zu den Kindern herauf kam kein Laut, hier wurde
nichts vernommen; denn hier war nichts zu verkün¬
digen. In den Thalkrümmen gingen jezt an den
Berghängen die Lichter der Laternen hin, und von
manchem Hofe tönte das Hausglöklein, um die Leute
zu erinnern; aber dieses konnte um so weniger herauf
gesehen und gehört werden, es glänzten nur die Sterne,
und sie leuchteten und funkelten ruhig fort.

Wenn auch Konrad sich das Schiksal des erfrornen
Eschenjägers vor Augen hielt, wenn auch die Kinder

Drange der Freude ſtets erſt ſehr ſpät entſchlummerten,
wenn ſie nehmlich der körperliche Drang übermannt
hatte, ſo hatten ſie nie das mitternächtliche Läuten
der Gloken, nie die Orgel der Kirche gehört, wenn das
Feſt gefeiert wurde, obwohl ſie nahe an der Kirche
wohnten. In dieſem Augenblike der heutigen Nacht
wurde nun mit allen Gloken geläutet, es läuteten die
Gloken in Millsdorf, es läuteten die Gloken in
Gſchaid, und hinter dem Berge war noch ein Kirchlein
mit drei hellen klingenden Gloken die läuteten. In
den fernen Ländern draußen waren unzählige Kirchen
und Gloken, und mit allen wurde zu dieſer Zeit ge¬
läutet, von Dorf zu Dorf ging die Tonwelle, ja man
konnte wohl zuweilen von einem Dorfe zum andern
durch die blätterloſen Zweige das Läuten hören: nur
zu den Kindern herauf kam kein Laut, hier wurde
nichts vernommen; denn hier war nichts zu verkün¬
digen. In den Thalkrümmen gingen jezt an den
Berghängen die Lichter der Laternen hin, und von
manchem Hofe tönte das Hausglöklein, um die Leute
zu erinnern; aber dieſes konnte um ſo weniger herauf
geſehen und gehört werden, es glänzten nur die Sterne,
und ſie leuchteten und funkelten ruhig fort.

Wenn auch Konrad ſich das Schikſal des erfrornen
Eſchenjägers vor Augen hielt, wenn auch die Kinder

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[72/0083] Drange der Freude ſtets erſt ſehr ſpät entſchlummerten, wenn ſie nehmlich der körperliche Drang übermannt hatte, ſo hatten ſie nie das mitternächtliche Läuten der Gloken, nie die Orgel der Kirche gehört, wenn das Feſt gefeiert wurde, obwohl ſie nahe an der Kirche wohnten. In dieſem Augenblike der heutigen Nacht wurde nun mit allen Gloken geläutet, es läuteten die Gloken in Millsdorf, es läuteten die Gloken in Gſchaid, und hinter dem Berge war noch ein Kirchlein mit drei hellen klingenden Gloken die läuteten. In den fernen Ländern draußen waren unzählige Kirchen und Gloken, und mit allen wurde zu dieſer Zeit ge¬ läutet, von Dorf zu Dorf ging die Tonwelle, ja man konnte wohl zuweilen von einem Dorfe zum andern durch die blätterloſen Zweige das Läuten hören: nur zu den Kindern herauf kam kein Laut, hier wurde nichts vernommen; denn hier war nichts zu verkün¬ digen. In den Thalkrümmen gingen jezt an den Berghängen die Lichter der Laternen hin, und von manchem Hofe tönte das Hausglöklein, um die Leute zu erinnern; aber dieſes konnte um ſo weniger herauf geſehen und gehört werden, es glänzten nur die Sterne, und ſie leuchteten und funkelten ruhig fort. Wenn auch Konrad ſich das Schikſal des erfrornen Eſchenjägers vor Augen hielt, wenn auch die Kinder

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/83>, abgerufen am 22.11.2024.