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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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die Getreidearten erklärte, dann sahen sie auf Stan¬
gen unter dem Vorsprunge des Daches die langen
Tücher zum Troknen herab hängen, die sich im Winde
schlängelten oder närrische Gesichter machten, dann
hörten sie seine Walkmühle und seinen Lohstampf, die
er an seinem Bache für Tuchmacher und Gerber ange¬
legt hatte, dann bogen sie noch um eine Eke der Fel¬
der, und gingen im Kurzen durch die Hinterthür in
den Garten der Färberei, wo sie von der Großmutter
empfangen wurden. Diese ahnte immer wenn die
Kinder kamen, sah zu den Fenstern aus, und erkannte
sie von Weitem, wenn Sannas rothes Tuch recht in
der Sonne leuchtete.

Sie führte die Kinder dann durch die Waschstube
und Presse in das Zimmer, ließ sie niedersezen, ließ
nicht zu, daß sie Halstücher oder Jäkchen lüfteten,
damit sie sich nicht verkühlten, und behielt sie beim
Essen da. Nach dem Essen durften sie sich lüften, spie¬
len, durften in den Räumen des großväterlichen Hau¬
ses herum gehen, oder sonst thun, was sie wollten,
wenn es nur nicht unschiklich oder verboten war. Der
Färber, welcher immer bei dem Essen war, fragte sie
um ihre Schulgegenstände aus, und schärfte ihnen
besonders ein, was sie lernen sollten. Nachmittags
wurden sie von der Großmutter schon, ehe die Zeit

die Getreidearten erklärte, dann ſahen ſie auf Stan¬
gen unter dem Vorſprunge des Daches die langen
Tücher zum Troknen herab hängen, die ſich im Winde
ſchlängelten oder närriſche Geſichter machten, dann
hörten ſie ſeine Walkmühle und ſeinen Lohſtampf, die
er an ſeinem Bache für Tuchmacher und Gerber ange¬
legt hatte, dann bogen ſie noch um eine Eke der Fel¬
der, und gingen im Kurzen durch die Hinterthür in
den Garten der Färberei, wo ſie von der Großmutter
empfangen wurden. Dieſe ahnte immer wenn die
Kinder kamen, ſah zu den Fenſtern aus, und erkannte
ſie von Weitem, wenn Sannas rothes Tuch recht in
der Sonne leuchtete.

Sie führte die Kinder dann durch die Waſchſtube
und Preſſe in das Zimmer, ließ ſie niederſezen, ließ
nicht zu, daß ſie Halstücher oder Jäkchen lüfteten,
damit ſie ſich nicht verkühlten, und behielt ſie beim
Eſſen da. Nach dem Eſſen durften ſie ſich lüften, ſpie¬
len, durften in den Räumen des großväterlichen Hau¬
ſes herum gehen, oder ſonst thun, was ſie wollten,
wenn es nur nicht unſchiklich oder verboten war. Der
Färber, welcher immer bei dem Eſſen war, fragte ſie
um ihre Schulgegenſtände aus, und ſchärfte ihnen
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[32/0043] die Getreidearten erklärte, dann ſahen ſie auf Stan¬ gen unter dem Vorſprunge des Daches die langen Tücher zum Troknen herab hängen, die ſich im Winde ſchlängelten oder närriſche Geſichter machten, dann hörten ſie ſeine Walkmühle und ſeinen Lohſtampf, die er an ſeinem Bache für Tuchmacher und Gerber ange¬ legt hatte, dann bogen ſie noch um eine Eke der Fel¬ der, und gingen im Kurzen durch die Hinterthür in den Garten der Färberei, wo ſie von der Großmutter empfangen wurden. Dieſe ahnte immer wenn die Kinder kamen, ſah zu den Fenſtern aus, und erkannte ſie von Weitem, wenn Sannas rothes Tuch recht in der Sonne leuchtete. Sie führte die Kinder dann durch die Waſchſtube und Preſſe in das Zimmer, ließ ſie niederſezen, ließ nicht zu, daß ſie Halstücher oder Jäkchen lüfteten, damit ſie ſich nicht verkühlten, und behielt ſie beim Eſſen da. Nach dem Eſſen durften ſie ſich lüften, ſpie¬ len, durften in den Räumen des großväterlichen Hau¬ ſes herum gehen, oder ſonst thun, was ſie wollten, wenn es nur nicht unſchiklich oder verboten war. Der Färber, welcher immer bei dem Eſſen war, fragte ſie um ihre Schulgegenſtände aus, und ſchärfte ihnen beſonders ein, was ſie lernen ſollten. Nachmittags wurden ſie von der Großmutter ſchon, ehe die Zeit

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/43>, abgerufen am 24.11.2024.