und Speise, Trank und übrige Behandlung mußte besser und rüksichtsvoller sein, als sie das Gleiche im väterlichen Hause genossen hatte. Und um dem Schwiegervater zu trozen, kaufte er mit erübrigten Summen nach und nach immer mehr Grundstüke so ein, daß er einen tüchtigen Besiz beisammen hatte.
Weil die Bewohner von Gschaid so selten aus ihrem Thale kommen, und nicht einmal oft nach Millsdorf hinüber gehen, von dem sie durch Bergrü¬ ken und durch Sitten geschieden sind, weil ferner ihnen gar kein Fall vorkömmt, daß ein Mann sein Thal verläßt, und sich in dem benachbarten ansiedelt (Ansiedlungen in großen Entfernungen kommen öfter vor), weil endlich auch kein Weib oder Mädchen gerne von einem Thale in ein anderes auswandert, außer in dem ziemlich seltenen Falle, wenn sie der Liebe folgt, und als Eheweib und zu dem Ehemann in ein anderes Thal kömmt: so geschah es, daß die schöne Färberstochter von Millsdorf, da sie Schusterin in Gschaid geworden war, doch immer von allen Gschaidern als Fremde angesehen wurde, und wenn man ihr auch nichts Übels anthat, ja wenn man sie ihres schönen Wesens und ihrer Sitten wegen sogar liebte, doch immer etwas vorhanden war, das wie Scheu oder wenn man will, wie Rüksicht aussah, und
und Speiſe, Trank und übrige Behandlung mußte beſſer und rükſichtsvoller ſein, als ſie das Gleiche im väterlichen Hauſe genoſſen hatte. Und um dem Schwiegervater zu trozen, kaufte er mit erübrigten Summen nach und nach immer mehr Grundſtüke ſo ein, daß er einen tüchtigen Beſiz beiſammen hatte.
Weil die Bewohner von Gſchaid ſo ſelten aus ihrem Thale kommen, und nicht einmal oft nach Millsdorf hinüber gehen, von dem ſie durch Bergrü¬ ken und durch Sitten geſchieden ſind, weil ferner ihnen gar kein Fall vorkömmt, daß ein Mann ſein Thal verläßt, und ſich in dem benachbarten anſiedelt (Anſiedlungen in großen Entfernungen kommen öfter vor), weil endlich auch kein Weib oder Mädchen gerne von einem Thale in ein anderes auswandert, außer in dem ziemlich ſeltenen Falle, wenn ſie der Liebe folgt, und als Eheweib und zu dem Ehemann in ein anderes Thal kömmt: ſo geſchah es, daß die ſchöne Färberstochter von Millsdorf, da ſie Schuſterin in Gſchaid geworden war, doch immer von allen Gſchaidern als Fremde angeſehen wurde, und wenn man ihr auch nichts Übels anthat, ja wenn man ſie ihres ſchönen Weſens und ihrer Sitten wegen ſogar liebte, doch immer etwas vorhanden war, das wie Scheu oder wenn man will, wie Rükſicht ausſah, und
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und Speiſe, Trank und übrige Behandlung mußte
beſſer und rükſichtsvoller ſein, als ſie das Gleiche im
väterlichen Hauſe genoſſen hatte. Und um dem
Schwiegervater zu trozen, kaufte er mit erübrigten
Summen nach und nach immer mehr Grundſtüke ſo
ein, daß er einen tüchtigen Beſiz beiſammen hatte.
Weil die Bewohner von Gſchaid ſo ſelten aus
ihrem Thale kommen, und nicht einmal oft nach
Millsdorf hinüber gehen, von dem ſie durch Bergrü¬
ken und durch Sitten geſchieden ſind, weil ferner
ihnen gar kein Fall vorkömmt, daß ein Mann ſein
Thal verläßt, und ſich in dem benachbarten anſiedelt
(Anſiedlungen in großen Entfernungen kommen öfter
vor), weil endlich auch kein Weib oder Mädchen gerne
von einem Thale in ein anderes auswandert, außer
in dem ziemlich ſeltenen Falle, wenn ſie der Liebe
folgt, und als Eheweib und zu dem Ehemann in ein
anderes Thal kömmt: ſo geſchah es, daß die ſchöne
Färberstochter von Millsdorf, da ſie Schuſterin in
Gſchaid geworden war, doch immer von allen
Gſchaidern als Fremde angeſehen wurde, und wenn
man ihr auch nichts Übels anthat, ja wenn man ſie
ihres ſchönen Weſens und ihrer Sitten wegen ſogar
liebte, doch immer etwas vorhanden war, das wie
Scheu oder wenn man will, wie Rükſicht ausſah, und
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/39>, abgerufen am 22.11.2024.
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