aufzuführen, und darauf ein Säulenhäuschen auf¬ zurichten, in dem die ganze Bewohnerschaft des Schlosses Plaz hatte. Der Schloßherr und der Ver¬ walter hatten die Knaben walten lassen, weil sie es für besser hielten, daß sie da bauten, wenn auch etwas so ungeschlachtes als einen Hügel, als daß sie durch Vogelfangen oder Jagen zerstörten. Weil die Sonne gar so lieblich schien, wollte man in dem Säulenhäus¬ chen den Nachmittagkaffeh verzehren. Man hatte die ganze Geräthschaft auf dem Tische, wollte aufgießen, und spielte mit den gelben Blättern, die herum lagen, oder mit den Herbstfäden, die heuer besonders reichlich flogen, und an den Säulen des Häuschens und an den Gewändern der Gesellschaft hingen.
Plözlich that Lulu, die eine erwachsene und, wir müssen es sagen, sehr schöne Jungfrau geworden war, einen Schrei.
"Hat dich eine Spinne geschrekt?" fragte man.
"Nein ein weißer Mantel," antwortete sie, und zeigte nach der Stelle, nach welcher sie bei Ausstoßung ihres Schreies geblikt hatte.
Alle schauten hin.
Außerhalb des Gitters stand auf dem Feldwege, der um den Garten ging, ein Wagen, in demsel¬ ben saß ein einzelner Mann, der einen weißen Mantel
aufzuführen, und darauf ein Säulenhäuschen auf¬ zurichten, in dem die ganze Bewohnerſchaft des Schloſſes Plaz hatte. Der Schloßherr und der Ver¬ walter hatten die Knaben walten laſſen, weil ſie es für beſſer hielten, daß ſie da bauten, wenn auch etwas ſo ungeſchlachtes als einen Hügel, als daß ſie durch Vogelfangen oder Jagen zerſtörten. Weil die Sonne gar ſo lieblich ſchien, wollte man in dem Säulenhäus¬ chen den Nachmittagkaffeh verzehren. Man hatte die ganze Geräthſchaft auf dem Tiſche, wollte aufgießen, und ſpielte mit den gelben Blättern, die herum lagen, oder mit den Herbſtfäden, die heuer beſonders reichlich flogen, und an den Säulen des Häuschens und an den Gewändern der Geſellſchaft hingen.
Plözlich that Lulu, die eine erwachſene und, wir müſſen es ſagen, ſehr ſchöne Jungfrau geworden war, einen Schrei.
„Hat dich eine Spinne geſchrekt?“ fragte man.
„Nein ein weißer Mantel,“ antwortete ſie, und zeigte nach der Stelle, nach welcher ſie bei Ausſtoßung ihres Schreies geblikt hatte.
Alle ſchauten hin.
Außerhalb des Gitters ſtand auf dem Feldwege, der um den Garten ging, ein Wagen, in demſel¬ ben ſaß ein einzelner Mann, der einen weißen Mantel
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aufzuführen, und darauf ein Säulenhäuschen auf¬
zurichten, in dem die ganze Bewohnerſchaft des
Schloſſes Plaz hatte. Der Schloßherr und der Ver¬
walter hatten die Knaben walten laſſen, weil ſie es
für beſſer hielten, daß ſie da bauten, wenn auch etwas
ſo ungeſchlachtes als einen Hügel, als daß ſie durch
Vogelfangen oder Jagen zerſtörten. Weil die Sonne
gar ſo lieblich ſchien, wollte man in dem Säulenhäus¬
chen den Nachmittagkaffeh verzehren. Man hatte die
ganze Geräthſchaft auf dem Tiſche, wollte aufgießen,
und ſpielte mit den gelben Blättern, die herum lagen,
oder mit den Herbſtfäden, die heuer beſonders reichlich
flogen, und an den Säulen des Häuschens und an
den Gewändern der Geſellſchaft hingen.
Plözlich that Lulu, die eine erwachſene und, wir
müſſen es ſagen, ſehr ſchöne Jungfrau geworden war,
einen Schrei.
„Hat dich eine Spinne geſchrekt?“ fragte man.
„Nein ein weißer Mantel,“ antwortete ſie, und
zeigte nach der Stelle, nach welcher ſie bei Ausſtoßung
ihres Schreies geblikt hatte.
Alle ſchauten hin.
Außerhalb des Gitters ſtand auf dem Feldwege,
der um den Garten ging, ein Wagen, in demſel¬
ben ſaß ein einzelner Mann, der einen weißen Mantel
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/269>, abgerufen am 22.07.2024.
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