Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Was nun noch die Besteigung des Berges betrifft,
so geschieht dieselbe von dem Thale aus. Man geht
nach der Mittagsrichtung zu auf einem guten schönen
Wege, der über einen sogenannten Hals in ein ande¬
res Thal führt. Hals heißen sie einen mäßig hohen
Bergrücken, der zwei größere und bedeutendere Ge¬
birge mit einander verbindet, und über den man zwi¬
schen den Gebirgen von einem Thale in ein anderes
gelangen kann. Auf dem Halse, der den Schneeberg
mit einem gegenüberliegenden großen Gebirgszuge
verbindet, ist lauter Tannenwald. Etwa auf der grö߬
ten Erhöhung desselben, wo nach und nach sich der Weg
in das jenseitige Thal hinab zu senken beginnt, steht eine
sogenannte Unglüksäule. Es ist einmal ein Bäker,
welcher Brod in seinem Korbe über den Hals trug,
an jener Stelle todt gefunden worden. Man hat den
todten Bäker mit dem Korbe und mit den umringenden
Tannenbäumen auf ein Bild gemalt, darunter eine
Erklärung und eine Bitte um ein Gebet geschrieben,
das Bild auf eine roth angestrichene hölzerne Säule
gethan, und die Säule an der Stelle des Unglükes
aufgerichtet. Bei dieser Säule biegt man von dem
Wege ab, und geht auf der Länge des Halses fort,
statt über seine Breite in das jenseitige Thal hinüber
zu wandern. Die Tannen bilden dort einen Durchlaß,

Was nun noch die Beſteigung des Berges betrifft,
ſo geſchieht dieſelbe von dem Thale aus. Man geht
nach der Mittagsrichtung zu auf einem guten ſchönen
Wege, der über einen ſogenannten Hals in ein ande¬
res Thal führt. Hals heißen ſie einen mäßig hohen
Bergrücken, der zwei größere und bedeutendere Ge¬
birge mit einander verbindet, und über den man zwi¬
ſchen den Gebirgen von einem Thale in ein anderes
gelangen kann. Auf dem Halſe, der den Schneeberg
mit einem gegenüberliegenden großen Gebirgszuge
verbindet, iſt lauter Tannenwald. Etwa auf der grö߬
ten Erhöhung desſelben, wo nach und nach ſich der Weg
in das jenſeitige Thal hinab zu ſenken beginnt, ſteht eine
ſogenannte Unglükſäule. Es iſt einmal ein Bäker,
welcher Brod in ſeinem Korbe über den Hals trug,
an jener Stelle todt gefunden worden. Man hat den
todten Bäker mit dem Korbe und mit den umringenden
Tannenbäumen auf ein Bild gemalt, darunter eine
Erklärung und eine Bitte um ein Gebet geſchrieben,
das Bild auf eine roth angeſtrichene hölzerne Säule
gethan, und die Säule an der Stelle des Unglükes
aufgerichtet. Bei dieſer Säule biegt man von dem
Wege ab, und geht auf der Länge des Halſes fort,
ſtatt über ſeine Breite in das jenſeitige Thal hinüber
zu wandern. Die Tannen bilden dort einen Durchlaß,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0025" n="14"/>
        <p>Was nun noch die Be&#x017F;teigung des Berges betrifft,<lb/>
&#x017F;o ge&#x017F;chieht die&#x017F;elbe von dem Thale aus. Man geht<lb/>
nach der Mittagsrichtung zu auf einem guten &#x017F;chönen<lb/>
Wege, der über einen &#x017F;ogenannten Hals in ein ande¬<lb/>
res Thal führt. Hals heißen &#x017F;ie einen mäßig hohen<lb/>
Bergrücken, der zwei größere und bedeutendere Ge¬<lb/>
birge mit einander verbindet, und über den man zwi¬<lb/>
&#x017F;chen den Gebirgen von einem Thale in ein anderes<lb/>
gelangen kann. Auf dem Hal&#x017F;e, der den Schneeberg<lb/>
mit einem gegenüberliegenden großen Gebirgszuge<lb/>
verbindet, i&#x017F;t lauter Tannenwald. Etwa auf der grö߬<lb/>
ten Erhöhung des&#x017F;elben, wo nach und nach &#x017F;ich der Weg<lb/>
in das jen&#x017F;eitige Thal hinab zu &#x017F;enken beginnt, &#x017F;teht eine<lb/>
&#x017F;ogenannte Unglük&#x017F;äule. Es i&#x017F;t einmal ein Bäker,<lb/>
welcher Brod in &#x017F;einem Korbe über den Hals trug,<lb/>
an jener Stelle todt gefunden worden. Man hat den<lb/>
todten Bäker mit dem Korbe und mit den umringenden<lb/>
Tannenbäumen auf ein Bild gemalt, darunter eine<lb/>
Erklärung und eine Bitte um ein Gebet ge&#x017F;chrieben,<lb/>
das Bild auf eine roth ange&#x017F;trichene hölzerne Säule<lb/>
gethan, und die Säule an der Stelle des Unglükes<lb/>
aufgerichtet. Bei die&#x017F;er Säule biegt man von dem<lb/>
Wege ab, und geht auf der Länge des Hal&#x017F;es fort,<lb/>
&#x017F;tatt über &#x017F;eine Breite in das jen&#x017F;eitige Thal hinüber<lb/>
zu wandern. Die Tannen bilden dort einen Durchlaß,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0025] Was nun noch die Beſteigung des Berges betrifft, ſo geſchieht dieſelbe von dem Thale aus. Man geht nach der Mittagsrichtung zu auf einem guten ſchönen Wege, der über einen ſogenannten Hals in ein ande¬ res Thal führt. Hals heißen ſie einen mäßig hohen Bergrücken, der zwei größere und bedeutendere Ge¬ birge mit einander verbindet, und über den man zwi¬ ſchen den Gebirgen von einem Thale in ein anderes gelangen kann. Auf dem Halſe, der den Schneeberg mit einem gegenüberliegenden großen Gebirgszuge verbindet, iſt lauter Tannenwald. Etwa auf der grö߬ ten Erhöhung desſelben, wo nach und nach ſich der Weg in das jenſeitige Thal hinab zu ſenken beginnt, ſteht eine ſogenannte Unglükſäule. Es iſt einmal ein Bäker, welcher Brod in ſeinem Korbe über den Hals trug, an jener Stelle todt gefunden worden. Man hat den todten Bäker mit dem Korbe und mit den umringenden Tannenbäumen auf ein Bild gemalt, darunter eine Erklärung und eine Bitte um ein Gebet geſchrieben, das Bild auf eine roth angeſtrichene hölzerne Säule gethan, und die Säule an der Stelle des Unglükes aufgerichtet. Bei dieſer Säule biegt man von dem Wege ab, und geht auf der Länge des Halſes fort, ſtatt über ſeine Breite in das jenſeitige Thal hinüber zu wandern. Die Tannen bilden dort einen Durchlaß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/25
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/25>, abgerufen am 25.11.2024.