"Ich habe die Wolken nicht für ein Gewitter gehalten, und da es zu regnen anfing, war es zu spät, den Wald zu erreichen."
Auf die Frage, ob sie die Wolken als Hagelwol¬ ken erkannt habe, antwortete sie: "Ich habe wohl eine kleine Vermuthung gehabt, daß aus den Wolken Hagel kommen könnte; aber ich habe eine so dichte Haselstaude ausgesucht, daß ein gewöhnlicher Hagel nicht durch gedrungen wäre. Nur das braune Mädchen hat die Reisigbündel herbei ge¬ tragen."
"Ich will den Anblik und das Bild dessen, was sich hätte zutragen können, wenn die Bündel früher nach Hause geführt worden wären, in den Hinter¬ grund und in die Ferne rüken," sagte der Vater zu der Mutter, "da die Kinder den hohen Nußberg so lieben, da die Großmutter sie gerne dahin begleitet, und da es hart wäre, ihnen diese Freude zu rauben, so werde ich ein Stükchen Landes dort kaufen, und werde auf demselben ein winziges kleines Häuschen zum Schuze bauen. Wenn es auch fast gewiß ist, daß die Kinder schon erwachsene Personen, ja vielleicht schon Greise sein werden, ehe sich ein Hagelwetter wiederholt, wie das heutige war, ja wenn auch in mehreren Menschenaltern, wie zu vermuthen ist, kein
„Ich habe die Wolken nicht für ein Gewitter gehalten, und da es zu regnen anfing, war es zu ſpät, den Wald zu erreichen.“
Auf die Frage, ob ſie die Wolken als Hagelwol¬ ken erkannt habe, antwortete ſie: „Ich habe wohl eine kleine Vermuthung gehabt, daß aus den Wolken Hagel kommen könnte; aber ich habe eine ſo dichte Haſelſtaude ausgeſucht, daß ein gewöhnlicher Hagel nicht durch gedrungen wäre. Nur das braune Mädchen hat die Reiſigbündel herbei ge¬ tragen.“
„Ich will den Anblik und das Bild deſſen, was ſich hätte zutragen können, wenn die Bündel früher nach Hauſe geführt worden wären, in den Hinter¬ grund und in die Ferne rüken,“ ſagte der Vater zu der Mutter, „da die Kinder den hohen Nußberg ſo lieben, da die Großmutter ſie gerne dahin begleitet, und da es hart wäre, ihnen dieſe Freude zu rauben, ſo werde ich ein Stükchen Landes dort kaufen, und werde auf demſelben ein winziges kleines Häuschen zum Schuze bauen. Wenn es auch faſt gewiß iſt, daß die Kinder ſchon erwachſene Perſonen, ja vielleicht ſchon Greiſe ſein werden, ehe ſich ein Hagelwetter wiederholt, wie das heutige war, ja wenn auch in mehreren Menſchenaltern, wie zu vermuthen iſt, kein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0157"n="146"/>„Ich habe die Wolken nicht für ein Gewitter gehalten,<lb/>
und da es zu regnen anfing, war es zu ſpät, den Wald<lb/>
zu erreichen.“</p><lb/><p>Auf die Frage, ob ſie die Wolken als Hagelwol¬<lb/>
ken erkannt habe, antwortete ſie: „Ich habe wohl<lb/>
eine kleine Vermuthung gehabt, daß aus den Wolken<lb/>
Hagel kommen könnte; aber ich habe eine ſo dichte<lb/>
Haſelſtaude ausgeſucht, daß ein gewöhnlicher<lb/>
Hagel nicht durch gedrungen wäre. Nur das<lb/>
braune Mädchen hat die Reiſigbündel herbei ge¬<lb/>
tragen.“</p><lb/><p>„Ich will den Anblik und das Bild deſſen, was<lb/>ſich hätte zutragen können, wenn die Bündel früher<lb/>
nach Hauſe geführt worden wären, in den Hinter¬<lb/>
grund und in die Ferne rüken,“ſagte der Vater zu<lb/>
der Mutter, „da die Kinder den hohen Nußberg ſo<lb/>
lieben, da die Großmutter ſie gerne dahin begleitet,<lb/>
und da es hart wäre, ihnen dieſe Freude zu rauben,<lb/>ſo werde ich ein Stükchen Landes dort kaufen, und<lb/>
werde auf demſelben ein winziges kleines Häuschen<lb/>
zum Schuze bauen. Wenn es auch faſt gewiß iſt, daß<lb/>
die Kinder ſchon erwachſene Perſonen, ja vielleicht<lb/>ſchon Greiſe ſein werden, ehe ſich ein Hagelwetter<lb/>
wiederholt, wie das heutige war, ja wenn auch in<lb/>
mehreren Menſchenaltern, wie zu vermuthen iſt, kein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[146/0157]
„Ich habe die Wolken nicht für ein Gewitter gehalten,
und da es zu regnen anfing, war es zu ſpät, den Wald
zu erreichen.“
Auf die Frage, ob ſie die Wolken als Hagelwol¬
ken erkannt habe, antwortete ſie: „Ich habe wohl
eine kleine Vermuthung gehabt, daß aus den Wolken
Hagel kommen könnte; aber ich habe eine ſo dichte
Haſelſtaude ausgeſucht, daß ein gewöhnlicher
Hagel nicht durch gedrungen wäre. Nur das
braune Mädchen hat die Reiſigbündel herbei ge¬
tragen.“
„Ich will den Anblik und das Bild deſſen, was
ſich hätte zutragen können, wenn die Bündel früher
nach Hauſe geführt worden wären, in den Hinter¬
grund und in die Ferne rüken,“ ſagte der Vater zu
der Mutter, „da die Kinder den hohen Nußberg ſo
lieben, da die Großmutter ſie gerne dahin begleitet,
und da es hart wäre, ihnen dieſe Freude zu rauben,
ſo werde ich ein Stükchen Landes dort kaufen, und
werde auf demſelben ein winziges kleines Häuschen
zum Schuze bauen. Wenn es auch faſt gewiß iſt, daß
die Kinder ſchon erwachſene Perſonen, ja vielleicht
ſchon Greiſe ſein werden, ehe ſich ein Hagelwetter
wiederholt, wie das heutige war, ja wenn auch in
mehreren Menſchenaltern, wie zu vermuthen iſt, kein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/157>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.