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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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selber, damit die Kinder leichter wären, damit sie sich
beim Fortgehen an sie anhalten, und ihre Kleidchen
aufheben konnten. Sie hielt sie bei sich, daß sie nicht
auf der nassen Erde und in den Hagelkörnern ausglei¬
ten und fallen könnten. Das braune Mädchen ging
mit ihnen.

Die Kinder sahen, wie der Wind das dürre Gras
die Blätter und andere Dinge in die Stämme der
Haseln hinein geblasen hatte, sie sahen, wie keine
Büsche mehr auf dem Berge standen, sondern nur
lauter dike Strünke, sie sahen, wie schier kein Gras war
sondern nur beinahe schwarze Erde, die mit dem Was¬
ser einen Brei machte. Und wo die Erde nicht zu
sehen war, dort lagen lauter weiße Haufen von
Schlossen, wie im Frühlinge die Schneelehnen liegen,
wenn er auf den sonnigeren Stellen schon weggeschmol¬
zen war. Wenn die Kinder eine Schlosse anrührten,
war sie sehr kalt, und wenn sie dieselbe genau ansahen,
war sie so schön wie eine Glaskugel, und hatte im
Innern eine kleine Floke von Schnee. Auf allen Seiten
des Berges rannen die Wasser des Regens nieder.

Die Großmutter gab sehr acht, daß die Kinder
nicht gleiteten.

Der Regen hatte aufgehört, und es fiel nur mehr
ein nasser Staub von dem Himmel.

ſelber, damit die Kinder leichter wären, damit ſie ſich
beim Fortgehen an ſie anhalten, und ihre Kleidchen
aufheben konnten. Sie hielt ſie bei ſich, daß ſie nicht
auf der naſſen Erde und in den Hagelkörnern ausglei¬
ten und fallen könnten. Das braune Mädchen ging
mit ihnen.

Die Kinder ſahen, wie der Wind das dürre Gras
die Blätter und andere Dinge in die Stämme der
Haſeln hinein geblaſen hatte, ſie ſahen, wie keine
Büſche mehr auf dem Berge ſtanden, ſondern nur
lauter dike Strünke, ſie ſahen, wie ſchier kein Gras war
ſondern nur beinahe ſchwarze Erde, die mit dem Waſ¬
ſer einen Brei machte. Und wo die Erde nicht zu
ſehen war, dort lagen lauter weiße Haufen von
Schloſſen, wie im Frühlinge die Schneelehnen liegen,
wenn er auf den ſonnigeren Stellen ſchon weggeſchmol¬
zen war. Wenn die Kinder eine Schloſſe anrührten,
war ſie ſehr kalt, und wenn ſie dieſelbe genau anſahen,
war ſie ſo ſchön wie eine Glaskugel, und hatte im
Innern eine kleine Floke von Schnee. Auf allen Seiten
des Berges rannen die Waſſer des Regens nieder.

Die Großmutter gab ſehr acht, daß die Kinder
nicht gleiteten.

Der Regen hatte aufgehört, und es fiel nur mehr
ein naſſer Staub von dem Himmel.

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[132/0143] ſelber, damit die Kinder leichter wären, damit ſie ſich beim Fortgehen an ſie anhalten, und ihre Kleidchen aufheben konnten. Sie hielt ſie bei ſich, daß ſie nicht auf der naſſen Erde und in den Hagelkörnern ausglei¬ ten und fallen könnten. Das braune Mädchen ging mit ihnen. Die Kinder ſahen, wie der Wind das dürre Gras die Blätter und andere Dinge in die Stämme der Haſeln hinein geblaſen hatte, ſie ſahen, wie keine Büſche mehr auf dem Berge ſtanden, ſondern nur lauter dike Strünke, ſie ſahen, wie ſchier kein Gras war ſondern nur beinahe ſchwarze Erde, die mit dem Waſ¬ ſer einen Brei machte. Und wo die Erde nicht zu ſehen war, dort lagen lauter weiße Haufen von Schloſſen, wie im Frühlinge die Schneelehnen liegen, wenn er auf den ſonnigeren Stellen ſchon weggeſchmol¬ zen war. Wenn die Kinder eine Schloſſe anrührten, war ſie ſehr kalt, und wenn ſie dieſelbe genau anſahen, war ſie ſo ſchön wie eine Glaskugel, und hatte im Innern eine kleine Floke von Schnee. Auf allen Seiten des Berges rannen die Waſſer des Regens nieder. Die Großmutter gab ſehr acht, daß die Kinder nicht gleiteten. Der Regen hatte aufgehört, und es fiel nur mehr ein naſſer Staub von dem Himmel.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/143>, abgerufen am 06.05.2024.