Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

seit Menschengedenken einer gewesen sein mochte. Die
Kinder sassen wieder auf dem hohen Nußberge, das
braune Mädchen saß in dem Grase, und die Gro߬
mutter saß auf einem Steine.

Es war ihnen wohl, in der späten warmen
Sonne sizen zu können. Die Züge der alten Frau
waren beleuchtet, die Steine glänzten, an den Za¬
ken und Hervorragungen hingen gespannte silberne
Fäden, und die rothen Bänder des braunen Mädchens
schimmerten, wenn sie die Sonne an einer Stelle traf,
und sie hingen herab wie glühende Streifen.

Die Großmutter erzählte wieder von einer schönen
Gräfin, die auf dem Walle gestanden war, und sich
allein gegen die Bauern im Bauernkriege vertheidigte,
als dieselben mit Gabeln Dreschflegeln Morgensternen
und anderen Dingen das Schloß erbrechen und an¬
zünden wollten, bis endlich von fernen Landen ihr
Mann kam, und wie ein Sturmwind die Aufrührer
zerschmetterte und vertilgte.

An dem Himmel, da sie sprach standen Wolken,
die eine Wand machten, und mit den Bergen ver¬
schmolzen, daß alles in einem lieblichen Dufte war,
und die Stoppelfelder noch heller und glänzender schim¬
merten und leuchteten.

Die Kinder blieben auf dem Berge. Sie spielten,

ſeit Menſchengedenken einer geweſen ſein mochte. Die
Kinder ſaſſen wieder auf dem hohen Nußberge, das
braune Mädchen ſaß in dem Graſe, und die Gro߬
mutter ſaß auf einem Steine.

Es war ihnen wohl, in der ſpäten warmen
Sonne ſizen zu können. Die Züge der alten Frau
waren beleuchtet, die Steine glänzten, an den Za¬
ken und Hervorragungen hingen geſpannte ſilberne
Fäden, und die rothen Bänder des braunen Mädchens
ſchimmerten, wenn ſie die Sonne an einer Stelle traf,
und ſie hingen herab wie glühende Streifen.

Die Großmutter erzählte wieder von einer ſchönen
Gräfin, die auf dem Walle geſtanden war, und ſich
allein gegen die Bauern im Bauernkriege vertheidigte,
als dieſelben mit Gabeln Dreſchflegeln Morgenſternen
und anderen Dingen das Schloß erbrechen und an¬
zünden wollten, bis endlich von fernen Landen ihr
Mann kam, und wie ein Sturmwind die Aufrührer
zerſchmetterte und vertilgte.

An dem Himmel, da ſie ſprach ſtanden Wolken,
die eine Wand machten, und mit den Bergen ver¬
ſchmolzen, daß alles in einem lieblichen Dufte war,
und die Stoppelfelder noch heller und glänzender ſchim¬
merten und leuchteten.

Die Kinder blieben auf dem Berge. Sie ſpielten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="122"/>
&#x017F;eit Men&#x017F;chengedenken einer gewe&#x017F;en &#x017F;ein mochte. Die<lb/>
Kinder &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en wieder auf dem hohen Nußberge, das<lb/>
braune Mädchen &#x017F;aß in dem Gra&#x017F;e, und die Gro߬<lb/>
mutter &#x017F;aß auf einem Steine.</p><lb/>
        <p>Es war ihnen wohl, in der &#x017F;päten warmen<lb/>
Sonne &#x017F;izen zu können. Die Züge der alten Frau<lb/>
waren beleuchtet, die Steine glänzten, an den Za¬<lb/>
ken und Hervorragungen hingen ge&#x017F;pannte &#x017F;ilberne<lb/>
Fäden, und die rothen Bänder des braunen Mädchens<lb/>
&#x017F;chimmerten, wenn &#x017F;ie die Sonne an einer Stelle traf,<lb/>
und &#x017F;ie hingen herab wie glühende Streifen.</p><lb/>
        <p>Die Großmutter erzählte wieder von einer &#x017F;chönen<lb/>
Gräfin, die auf dem Walle ge&#x017F;tanden war, und &#x017F;ich<lb/>
allein gegen die Bauern im Bauernkriege vertheidigte,<lb/>
als die&#x017F;elben mit Gabeln Dre&#x017F;chflegeln Morgen&#x017F;ternen<lb/>
und anderen Dingen das Schloß erbrechen und an¬<lb/>
zünden wollten, bis endlich von fernen Landen ihr<lb/>
Mann kam, und wie ein Sturmwind die Aufrührer<lb/>
zer&#x017F;chmetterte und vertilgte.</p><lb/>
        <p>An dem Himmel, da &#x017F;ie &#x017F;prach &#x017F;tanden Wolken,<lb/>
die eine Wand machten, und mit den Bergen ver¬<lb/>
&#x017F;chmolzen, daß alles in einem lieblichen Dufte war,<lb/>
und die Stoppelfelder noch heller und glänzender &#x017F;chim¬<lb/>
merten und leuchteten.</p><lb/>
        <p>Die Kinder blieben auf dem Berge. Sie &#x017F;pielten,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0133] ſeit Menſchengedenken einer geweſen ſein mochte. Die Kinder ſaſſen wieder auf dem hohen Nußberge, das braune Mädchen ſaß in dem Graſe, und die Gro߬ mutter ſaß auf einem Steine. Es war ihnen wohl, in der ſpäten warmen Sonne ſizen zu können. Die Züge der alten Frau waren beleuchtet, die Steine glänzten, an den Za¬ ken und Hervorragungen hingen geſpannte ſilberne Fäden, und die rothen Bänder des braunen Mädchens ſchimmerten, wenn ſie die Sonne an einer Stelle traf, und ſie hingen herab wie glühende Streifen. Die Großmutter erzählte wieder von einer ſchönen Gräfin, die auf dem Walle geſtanden war, und ſich allein gegen die Bauern im Bauernkriege vertheidigte, als dieſelben mit Gabeln Dreſchflegeln Morgenſternen und anderen Dingen das Schloß erbrechen und an¬ zünden wollten, bis endlich von fernen Landen ihr Mann kam, und wie ein Sturmwind die Aufrührer zerſchmetterte und vertilgte. An dem Himmel, da ſie ſprach ſtanden Wolken, die eine Wand machten, und mit den Bergen ver¬ ſchmolzen, daß alles in einem lieblichen Dufte war, und die Stoppelfelder noch heller und glänzender ſchim¬ merten und leuchteten. Die Kinder blieben auf dem Berge. Sie ſpielten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/133
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/133>, abgerufen am 06.05.2024.