Der Färber, der seit der Ehe seiner Tochter nie in Gschaid gewesen war, beschloß, die Leute nach Gschaid zu begleiten.
Da man schon gegen die rothe Unglüksäule zu kam, wo der Holzweg begann, wartete ein Schlitten, den der Schuster auf alle Fälle dahin bestellt hatte. Man that die Mutter und die Kinder hinein, versah sie hinreichend mit Deken und Pelzen, die im Schlit¬ ten waren, und ließ sie nach Gschaid vorausfahren.
Die andern folgten, und kamen am Nachmittage in Gschaid an.
Die, welche noch auf dem Berge gewesen waren, und erst durch den Rauch das Rükzugszeichen erfahren hatten, fanden sich auch nach und nach ein. Der lezte, welcher erst am Abende kam, war der Sohn des Hir¬ ten Philipp, der die rothe Fahne auf den Krebsstein getragen, und sie dort aufgepflanzt hatte.
In Gschaid wartete die Großmutter, welche her¬ über gefahren war.
"Nie nie," rief sie aus, "dürfen die Kinder in ihrem ganzen Leben mehr im Winter über den Hals, gehen."
Die Kinder waren von dem Getriebe betäubt. Sie hatten noch etwas zu essen bekommen, und man hatte sie in das Bett gebracht. Spät gegen Abend, da sie sich ein wenig erholt hatten, da einige Nachbarn und
Der Färber, der ſeit der Ehe ſeiner Tochter nie in Gſchaid geweſen war, beſchloß, die Leute nach Gſchaid zu begleiten.
Da man ſchon gegen die rothe Unglükſäule zu kam, wo der Holzweg begann, wartete ein Schlitten, den der Schuſter auf alle Fälle dahin beſtellt hatte. Man that die Mutter und die Kinder hinein, verſah ſie hinreichend mit Deken und Pelzen, die im Schlit¬ ten waren, und ließ ſie nach Gſchaid vorausfahren.
Die andern folgten, und kamen am Nachmittage in Gſchaid an.
Die, welche noch auf dem Berge geweſen waren, und erſt durch den Rauch das Rükzugszeichen erfahren hatten, fanden ſich auch nach und nach ein. Der lezte, welcher erſt am Abende kam, war der Sohn des Hir¬ ten Philipp, der die rothe Fahne auf den Krebsſtein getragen, und ſie dort aufgepflanzt hatte.
In Gſchaid wartete die Großmutter, welche her¬ über gefahren war.
„Nie nie,“ rief ſie aus, „dürfen die Kinder in ihrem ganzen Leben mehr im Winter über den Hals, gehen.“
Die Kinder waren von dem Getriebe betäubt. Sie hatten noch etwas zu eſſen bekommen, und man hatte ſie in das Bett gebracht. Spät gegen Abend, da ſie ſich ein wenig erholt hatten, da einige Nachbarn und
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0101"n="90"/><p>Der Färber, der ſeit der Ehe ſeiner Tochter nie in<lb/>
Gſchaid geweſen war, beſchloß, die Leute nach Gſchaid<lb/>
zu begleiten.</p><lb/><p>Da man ſchon gegen die rothe Unglükſäule zu<lb/>
kam, wo der Holzweg begann, wartete ein Schlitten,<lb/>
den der Schuſter auf alle Fälle dahin beſtellt hatte.<lb/>
Man that die Mutter und die Kinder hinein, verſah<lb/>ſie hinreichend mit Deken und Pelzen, die im Schlit¬<lb/>
ten waren, und ließ ſie nach Gſchaid vorausfahren.</p><lb/><p>Die andern folgten, und kamen am Nachmittage<lb/>
in Gſchaid an.</p><lb/><p>Die, welche noch auf dem Berge geweſen waren,<lb/>
und erſt durch den Rauch das Rükzugszeichen erfahren<lb/>
hatten, fanden ſich auch nach und nach ein. Der lezte,<lb/>
welcher erſt am Abende kam, war der Sohn des Hir¬<lb/>
ten Philipp, der die rothe Fahne auf den Krebsſtein<lb/>
getragen, und ſie dort aufgepflanzt hatte.</p><lb/><p>In Gſchaid wartete die Großmutter, welche her¬<lb/>
über gefahren war.</p><lb/><p>„Nie nie,“ rief ſie aus, „dürfen die Kinder in ihrem<lb/>
ganzen Leben mehr im Winter über den Hals, gehen.“</p><lb/><p>Die Kinder waren von dem Getriebe betäubt. Sie<lb/>
hatten noch etwas zu eſſen bekommen, und man hatte<lb/>ſie in das Bett gebracht. Spät gegen Abend, da ſie<lb/>ſich ein wenig erholt hatten, da einige Nachbarn und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[90/0101]
Der Färber, der ſeit der Ehe ſeiner Tochter nie in
Gſchaid geweſen war, beſchloß, die Leute nach Gſchaid
zu begleiten.
Da man ſchon gegen die rothe Unglükſäule zu
kam, wo der Holzweg begann, wartete ein Schlitten,
den der Schuſter auf alle Fälle dahin beſtellt hatte.
Man that die Mutter und die Kinder hinein, verſah
ſie hinreichend mit Deken und Pelzen, die im Schlit¬
ten waren, und ließ ſie nach Gſchaid vorausfahren.
Die andern folgten, und kamen am Nachmittage
in Gſchaid an.
Die, welche noch auf dem Berge geweſen waren,
und erſt durch den Rauch das Rükzugszeichen erfahren
hatten, fanden ſich auch nach und nach ein. Der lezte,
welcher erſt am Abende kam, war der Sohn des Hir¬
ten Philipp, der die rothe Fahne auf den Krebsſtein
getragen, und ſie dort aufgepflanzt hatte.
In Gſchaid wartete die Großmutter, welche her¬
über gefahren war.
„Nie nie,“ rief ſie aus, „dürfen die Kinder in ihrem
ganzen Leben mehr im Winter über den Hals, gehen.“
Die Kinder waren von dem Getriebe betäubt. Sie
hatten noch etwas zu eſſen bekommen, und man hatte
ſie in das Bett gebracht. Spät gegen Abend, da ſie
ſich ein wenig erholt hatten, da einige Nachbarn und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/101>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.