Fliegen, bei Nacht unterhielt er ein glänzendes Feuer. Siehe das Kind starb aber nicht, sondern die Krank¬ heit besserte sich immer mehr und mehr, die Wänglein wurden wieder lieblicher und schöner, die Lippen bekamen die Rosenfarbe, und waren nicht mehr so bleich und gelblich, und die Äuglein öffneten sich, und schauten herum. Es fing auch an zu essen, es aß die Erdbeeren, die noch zu finden waren, es aß Him¬ beeren, die schon reiften, es aß die Kerne der Hasel¬ nüsse, die zwar nicht reif aber süß und weich waren, es aß endlich sogar das weiße Mehl der gebratenen Kartoffeln und die zarten Körner des Kornes, was ihm alles der Knabe brachte, und reichte; und wenn es schlief, so lief er auf den Hügel, und erkletterte einen Felsen, um überall herum zu spähen, auch suchte er wieder die Thiere, weil die Milch jezt recht gut ge¬ wesen wäre. Aber er konnte nichts erspähen, und konnte die Thiere nicht finden. Da das Mädchen schon stärker war, und mithelfen konnte, brachte er es an einen Plaz, wo überhängende Äste es schüzten, aber da er dachte, daß ein Gewitter kommen, und der Regen durch die Äste schlagen könnte, so suchte er eine Höhle, die troken war, dort machte er ein Lager, und brachte das Mädchen hin. Eine Steinplatte stand oben über die Stätte, und sie konnten schön auf den
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Fliegen, bei Nacht unterhielt er ein glänzendes Feuer. Siehe das Kind ſtarb aber nicht, ſondern die Krank¬ heit beſſerte ſich immer mehr und mehr, die Wänglein wurden wieder lieblicher und ſchöner, die Lippen bekamen die Roſenfarbe, und waren nicht mehr ſo bleich und gelblich, und die Äuglein öffneten ſich, und ſchauten herum. Es fing auch an zu eſſen, es aß die Erdbeeren, die noch zu finden waren, es aß Him¬ beeren, die ſchon reiften, es aß die Kerne der Haſel¬ nüſſe, die zwar nicht reif aber ſüß und weich waren, es aß endlich ſogar das weiße Mehl der gebratenen Kartoffeln und die zarten Körner des Kornes, was ihm alles der Knabe brachte, und reichte; und wenn es ſchlief, ſo lief er auf den Hügel, und erkletterte einen Felſen, um überall herum zu ſpähen, auch ſuchte er wieder die Thiere, weil die Milch jezt recht gut ge¬ weſen wäre. Aber er konnte nichts erſpähen, und konnte die Thiere nicht finden. Da das Mädchen ſchon ſtärker war, und mithelfen konnte, brachte er es an einen Plaz, wo überhängende Äſte es ſchüzten, aber da er dachte, daß ein Gewitter kommen, und der Regen durch die Äſte ſchlagen könnte, ſo ſuchte er eine Höhle, die troken war, dort machte er ein Lager, und brachte das Mädchen hin. Eine Steinplatte ſtand oben über die Stätte, und ſie konnten ſchön auf den
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Fliegen, bei Nacht unterhielt er ein glänzendes Feuer.
Siehe das Kind ſtarb aber nicht, ſondern die Krank¬
heit beſſerte ſich immer mehr und mehr, die Wänglein
wurden wieder lieblicher und ſchöner, die Lippen
bekamen die Roſenfarbe, und waren nicht mehr ſo
bleich und gelblich, und die Äuglein öffneten ſich, und
ſchauten herum. Es fing auch an zu eſſen, es aß die
Erdbeeren, die noch zu finden waren, es aß Him¬
beeren, die ſchon reiften, es aß die Kerne der Haſel¬
nüſſe, die zwar nicht reif aber ſüß und weich waren,
es aß endlich ſogar das weiße Mehl der gebratenen
Kartoffeln und die zarten Körner des Kornes, was ihm
alles der Knabe brachte, und reichte; und wenn es
ſchlief, ſo lief er auf den Hügel, und erkletterte einen
Felſen, um überall herum zu ſpähen, auch ſuchte er
wieder die Thiere, weil die Milch jezt recht gut ge¬
weſen wäre. Aber er konnte nichts erſpähen, und
konnte die Thiere nicht finden. Da das Mädchen
ſchon ſtärker war, und mithelfen konnte, brachte er
es an einen Plaz, wo überhängende Äſte es ſchüzten,
aber da er dachte, daß ein Gewitter kommen, und der
Regen durch die Äſte ſchlagen könnte, ſo ſuchte er eine
Höhle, die troken war, dort machte er ein Lager, und
brachte das Mädchen hin. Eine Steinplatte ſtand
oben über die Stätte, und ſie konnten ſchön auf den
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/80>, abgerufen am 27.11.2024.
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