Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

brannt worden, die Ruinen stehen noch wie ein blauer
Würfel aus dem Thomaswalde empor."

"Ich kenne die Ruine, Großvater."

"Das Haus war hinter dem See, wo die Wand
es beschüzte, und ein alter Jäger hat die Mädchen
bewacht. Heut zu Tage ist von alle dem keine Spur
mehr vorhanden. Von diesem See ging der Pechbren¬
ner bis zum Hutfels hinan, und suchte sich einen
geeigneten Plaz aus. Er war aber nicht allein, son¬
dern es waren sein Weib und seine Kinder mit ihm,
es waren seine Brüder, Vettern, Muhmen und Knechte
mit, er hatte sein Vieh und seine Geräthe mitge¬
nommen. Er hatte auch allerlei Sämereien und
Getreide mit geführt, um in der aufgelokerten Erde
anbauen zu können, daß er sich Vorrath für die
künftigen Zeiten sammle. Nun baute man die Hütten
für Menschen und Thiere, man baute die Öfen zum
Brennen der Waare, und man säte die Saamen in
die aufgegrabenen Felder. Unter den Leuten im Walde
war auch ein Bruder des Pechbrenners, der nicht in
dem Walde bleiben, sondern wieder zu der Hütte
zurükkehren wollte. Da sagte der Pechbrenner, daß
er ihnen ein Zeichen geben solle, wenn die Pest aus¬
gebrochen sei. Er solle auf dem Hausberge in der
Mittagsstunde eine Rauchsäule aufsteigen lassen, solle

brannt worden, die Ruinen ſtehen noch wie ein blauer
Würfel aus dem Thomaswalde empor.“

„Ich kenne die Ruine, Großvater.“

„Das Haus war hinter dem See, wo die Wand
es beſchüzte, und ein alter Jäger hat die Mädchen
bewacht. Heut zu Tage iſt von alle dem keine Spur
mehr vorhanden. Von dieſem See ging der Pechbren¬
ner bis zum Hutfels hinan, und ſuchte ſich einen
geeigneten Plaz aus. Er war aber nicht allein, ſon¬
dern es waren ſein Weib und ſeine Kinder mit ihm,
es waren ſeine Brüder, Vettern, Muhmen und Knechte
mit, er hatte ſein Vieh und ſeine Geräthe mitge¬
nommen. Er hatte auch allerlei Sämereien und
Getreide mit geführt, um in der aufgelokerten Erde
anbauen zu können, daß er ſich Vorrath für die
künftigen Zeiten ſammle. Nun baute man die Hütten
für Menſchen und Thiere, man baute die Öfen zum
Brennen der Waare, und man ſäte die Saamen in
die aufgegrabenen Felder. Unter den Leuten im Walde
war auch ein Bruder des Pechbrenners, der nicht in
dem Walde bleiben, ſondern wieder zu der Hütte
zurükkehren wollte. Da ſagte der Pechbrenner, daß
er ihnen ein Zeichen geben ſolle, wenn die Peſt aus¬
gebrochen ſei. Er ſolle auf dem Hausberge in der
Mittagsſtunde eine Rauchſäule aufſteigen laſſen, ſolle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0072" n="59"/>
brannt worden, die Ruinen &#x017F;tehen noch wie ein blauer<lb/>
Würfel aus dem Thomaswalde empor.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ich kenne die Ruine, Großvater.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das Haus war hinter dem See, wo die Wand<lb/>
es be&#x017F;chüzte, und ein alter Jäger hat die Mädchen<lb/>
bewacht. Heut zu Tage i&#x017F;t von alle dem keine Spur<lb/>
mehr vorhanden. Von die&#x017F;em See ging der Pechbren¬<lb/>
ner bis zum Hutfels hinan, und &#x017F;uchte &#x017F;ich einen<lb/>
geeigneten Plaz aus. Er war aber nicht allein, &#x017F;on¬<lb/>
dern es waren &#x017F;ein Weib und &#x017F;eine Kinder mit ihm,<lb/>
es waren &#x017F;eine Brüder, Vettern, Muhmen und Knechte<lb/>
mit, er hatte &#x017F;ein Vieh und &#x017F;eine Geräthe mitge¬<lb/>
nommen. Er hatte auch allerlei Sämereien und<lb/>
Getreide mit geführt, um in der aufgelokerten Erde<lb/>
anbauen zu können, daß er &#x017F;ich Vorrath für die<lb/>
künftigen Zeiten &#x017F;ammle. Nun baute man die Hütten<lb/>
für Men&#x017F;chen und Thiere, man baute die Öfen zum<lb/>
Brennen der Waare, und man &#x017F;äte die Saamen in<lb/>
die aufgegrabenen Felder. Unter den Leuten im Walde<lb/>
war auch ein Bruder des Pechbrenners, der nicht in<lb/>
dem Walde bleiben, &#x017F;ondern wieder zu der Hütte<lb/>
zurükkehren wollte. Da &#x017F;agte der Pechbrenner, daß<lb/>
er ihnen ein Zeichen geben &#x017F;olle, wenn die Pe&#x017F;t aus¬<lb/>
gebrochen &#x017F;ei. Er &#x017F;olle auf dem Hausberge in der<lb/>
Mittags&#x017F;tunde eine Rauch&#x017F;äule auf&#x017F;teigen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;olle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0072] brannt worden, die Ruinen ſtehen noch wie ein blauer Würfel aus dem Thomaswalde empor.“ „Ich kenne die Ruine, Großvater.“ „Das Haus war hinter dem See, wo die Wand es beſchüzte, und ein alter Jäger hat die Mädchen bewacht. Heut zu Tage iſt von alle dem keine Spur mehr vorhanden. Von dieſem See ging der Pechbren¬ ner bis zum Hutfels hinan, und ſuchte ſich einen geeigneten Plaz aus. Er war aber nicht allein, ſon¬ dern es waren ſein Weib und ſeine Kinder mit ihm, es waren ſeine Brüder, Vettern, Muhmen und Knechte mit, er hatte ſein Vieh und ſeine Geräthe mitge¬ nommen. Er hatte auch allerlei Sämereien und Getreide mit geführt, um in der aufgelokerten Erde anbauen zu können, daß er ſich Vorrath für die künftigen Zeiten ſammle. Nun baute man die Hütten für Menſchen und Thiere, man baute die Öfen zum Brennen der Waare, und man ſäte die Saamen in die aufgegrabenen Felder. Unter den Leuten im Walde war auch ein Bruder des Pechbrenners, der nicht in dem Walde bleiben, ſondern wieder zu der Hütte zurükkehren wollte. Da ſagte der Pechbrenner, daß er ihnen ein Zeichen geben ſolle, wenn die Peſt aus¬ gebrochen ſei. Er ſolle auf dem Hausberge in der Mittagsſtunde eine Rauchſäule aufſteigen laſſen, ſolle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/72
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/72>, abgerufen am 30.04.2024.