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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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und Ahorne, die Buchen und andere Bäume wie die
Könige, und das Volk der Gebüsche und das dichte
Gedränge der Gräser und Kräuter der Blumen der
Beeren und Moose steht unter ihnen. Die Quellen
gehen von allen Höhen herab, und rauschen, und
murmeln, und erzählen, was sie immer erzählt
haben, sie gehen über Kiesel wie leichtes Glas, und
vereinigen sich zu Bächen, um hinaus in die Länder
zu kommen, oben singen die Vögel, es leuchten die
weißen Wolken, die Regen stürzen nieder, und wenn
es Nacht wird, scheint der Mond auf alles, daß es
wie ein geneztes Tuch aus silbernen Fäden ist. In
diesem Walde ist ein sehr dunkler See, hinter ihm ist
eine graue Felsenwand, die sich in ihm spiegelt, an
seinen Seiten stehen dunkle Bäume, die in das Was¬
ser schauen, und vorne sind Himbeer- und Brombeer¬
gehege, die einen Verhau machen. An der Felsen¬
wand liegt ein weißes Gewirre herabgestürzter Bäume,
aus den Brombeeren steht mancher weiße Stamm
empor, der von dem Blize zerstört ist, und schaut auf
den See, große graue Steine liegen hundert Jahre
herum, und die Vögel und das Gewild kommen zu
dem See, um zu trinken."

"Das ist der See, Großvater, den ich im Herauf¬
gehen genannt habe," sagte ich, "die Großmutter hat

und Ahorne, die Buchen und andere Bäume wie die
Könige, und das Volk der Gebüſche und das dichte
Gedränge der Gräſer und Kräuter der Blumen der
Beeren und Mooſe ſteht unter ihnen. Die Quellen
gehen von allen Höhen herab, und rauſchen, und
murmeln, und erzählen, was ſie immer erzählt
haben, ſie gehen über Kieſel wie leichtes Glas, und
vereinigen ſich zu Bächen, um hinaus in die Länder
zu kommen, oben ſingen die Vögel, es leuchten die
weißen Wolken, die Regen ſtürzen nieder, und wenn
es Nacht wird, ſcheint der Mond auf alles, daß es
wie ein geneztes Tuch aus ſilbernen Fäden iſt. In
dieſem Walde iſt ein ſehr dunkler See, hinter ihm iſt
eine graue Felſenwand, die ſich in ihm ſpiegelt, an
ſeinen Seiten ſtehen dunkle Bäume, die in das Waſ¬
ſer ſchauen, und vorne ſind Himbeer- und Brombeer¬
gehege, die einen Verhau machen. An der Felſen¬
wand liegt ein weißes Gewirre herabgeſtürzter Bäume,
aus den Brombeeren ſteht mancher weiße Stamm
empor, der von dem Blize zerſtört iſt, und ſchaut auf
den See, große graue Steine liegen hundert Jahre
herum, und die Vögel und das Gewild kommen zu
dem See, um zu trinken.“

„Das iſt der See, Großvater, den ich im Herauf¬
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[55/0068] und Ahorne, die Buchen und andere Bäume wie die Könige, und das Volk der Gebüſche und das dichte Gedränge der Gräſer und Kräuter der Blumen der Beeren und Mooſe ſteht unter ihnen. Die Quellen gehen von allen Höhen herab, und rauſchen, und murmeln, und erzählen, was ſie immer erzählt haben, ſie gehen über Kieſel wie leichtes Glas, und vereinigen ſich zu Bächen, um hinaus in die Länder zu kommen, oben ſingen die Vögel, es leuchten die weißen Wolken, die Regen ſtürzen nieder, und wenn es Nacht wird, ſcheint der Mond auf alles, daß es wie ein geneztes Tuch aus ſilbernen Fäden iſt. In dieſem Walde iſt ein ſehr dunkler See, hinter ihm iſt eine graue Felſenwand, die ſich in ihm ſpiegelt, an ſeinen Seiten ſtehen dunkle Bäume, die in das Waſ¬ ſer ſchauen, und vorne ſind Himbeer- und Brombeer¬ gehege, die einen Verhau machen. An der Felſen¬ wand liegt ein weißes Gewirre herabgeſtürzter Bäume, aus den Brombeeren ſteht mancher weiße Stamm empor, der von dem Blize zerſtört iſt, und ſchaut auf den See, große graue Steine liegen hundert Jahre herum, und die Vögel und das Gewild kommen zu dem See, um zu trinken.“ „Das iſt der See, Großvater, den ich im Herauf¬ gehen genannt habe,“ ſagte ich, „die Großmutter hat

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/68>, abgerufen am 30.04.2024.