und etwa durch Wahnsinn des Vaters dieses Wuchern hervorgerufen worden sei, daß sich Auftreibungen und Drüsenleiden eingestellt haben. Der Gebrauch von Jodbädern würde in beiden Richtungen vielleicht gute Dienste thun. Da ich nun im Frühlinge ohnehin in die Gegend, wo sich das Bad befindet, eine Reise zu dem Bruder meines Gatten vorhatte, um mehrere Wochen bei ihm zuzubringen, so beschloß ich, das Mädchen mit zu nehmen. Ich hoffte von der guten Luft und der Reise nicht minder gute Wirkungen als von dem Bade. Das Haupt wurde in der That nach einem zweimonatlichen Aufenthalte auf dem Lande und nach dem vorgeschriebenen Gebrauche des Bades etwas kleiner und gebildeter, und die Züge des Ange¬ sichtes wurden geschmeidiger klarer und sprechender.
Wir unterrichteten das Mädchen auch in den ge¬ wöhnlichen Dingen, und suchten es zu den unentbehr¬ lichsten Verrichtungen des Lebens anzuleiten. Wir suchten ihm Geschmak an Verfertigung von allerlei weiblichen Handarbeiten beizubringen, und endlich durch Gespräche und durch Lesen einfacher Bücher hauptsächlich aber durch Umgang jene wilde und zer¬ rissene ja fast unheimliche Unterweisung in einfache übereinstimmende und verstandene Gedanken umzu¬ wandeln, und ein Verstehen der Dinge der Welt
und etwa durch Wahnſinn des Vaters dieſes Wuchern hervorgerufen worden ſei, daß ſich Auftreibungen und Drüſenleiden eingeſtellt haben. Der Gebrauch von Jodbädern würde in beiden Richtungen vielleicht gute Dienſte thun. Da ich nun im Frühlinge ohnehin in die Gegend, wo ſich das Bad befindet, eine Reiſe zu dem Bruder meines Gatten vorhatte, um mehrere Wochen bei ihm zuzubringen, ſo beſchloß ich, das Mädchen mit zu nehmen. Ich hoffte von der guten Luft und der Reiſe nicht minder gute Wirkungen als von dem Bade. Das Haupt wurde in der That nach einem zweimonatlichen Aufenthalte auf dem Lande und nach dem vorgeſchriebenen Gebrauche des Bades etwas kleiner und gebildeter, und die Züge des Ange¬ ſichtes wurden geſchmeidiger klarer und ſprechender.
Wir unterrichteten das Mädchen auch in den ge¬ wöhnlichen Dingen, und ſuchten es zu den unentbehr¬ lichſten Verrichtungen des Lebens anzuleiten. Wir ſuchten ihm Geſchmak an Verfertigung von allerlei weiblichen Handarbeiten beizubringen, und endlich durch Geſpräche und durch Leſen einfacher Bücher hauptſächlich aber durch Umgang jene wilde und zer¬ riſſene ja faſt unheimliche Unterweiſung in einfache übereinſtimmende und verſtandene Gedanken umzu¬ wandeln, und ein Verſtehen der Dinge der Welt
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und etwa durch Wahnſinn des Vaters dieſes Wuchern
hervorgerufen worden ſei, daß ſich Auftreibungen und
Drüſenleiden eingeſtellt haben. Der Gebrauch von
Jodbädern würde in beiden Richtungen vielleicht gute
Dienſte thun. Da ich nun im Frühlinge ohnehin in
die Gegend, wo ſich das Bad befindet, eine Reiſe zu
dem Bruder meines Gatten vorhatte, um mehrere
Wochen bei ihm zuzubringen, ſo beſchloß ich, das
Mädchen mit zu nehmen. Ich hoffte von der guten
Luft und der Reiſe nicht minder gute Wirkungen als
von dem Bade. Das Haupt wurde in der That nach
einem zweimonatlichen Aufenthalte auf dem Lande
und nach dem vorgeſchriebenen Gebrauche des Bades
etwas kleiner und gebildeter, und die Züge des Ange¬
ſichtes wurden geſchmeidiger klarer und ſprechender.
Wir unterrichteten das Mädchen auch in den ge¬
wöhnlichen Dingen, und ſuchten es zu den unentbehr¬
lichſten Verrichtungen des Lebens anzuleiten. Wir
ſuchten ihm Geſchmak an Verfertigung von allerlei
weiblichen Handarbeiten beizubringen, und endlich
durch Geſpräche und durch Leſen einfacher Bücher
hauptſächlich aber durch Umgang jene wilde und zer¬
riſſene ja faſt unheimliche Unterweiſung in einfache
übereinſtimmende und verſtandene Gedanken umzu¬
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/279>, abgerufen am 04.05.2024.
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