Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

war, und in der Seitenmauer der Einfahrt zeigte sich
eine Thür. Die Thür wurde geöffnet. Hinter ihr
ging eine Treppe in die Tiefe hinunter. Als dort
gelegen wurde die Wohnung des Pförtners ange¬
geben.

Da wir die Treppe hinunter gestiegen waren, und
die Wohnung betreten hatten, sahen wir, daß die¬
selbe nur aus einem einzigen Zimmer bestehe. Neben
einer Leiter, die gegen das Fenster empor lehnte, lag
der alte todte Mann. Er hatte ein gelbes Molldon¬
röklein und blaßblaue Beinkleider an. Als ihn die
Männer aufgehoben, und auf ein Bett, das das
seinige schien, gelegt hatten, sah ich aus den Zügen,
daß es wirklich der nehmliche Mann sei, dem ich das
Buch gegeben hatte. Man hatte Anfangs die Absicht
gehabt, Versuche zu machen, ihn ins Leben zurük zu
rufen, aber beim Anfassen hatte man schon empfun¬
den, daß er kalt sei, und bei näherer Beschauung
zeigte sich auch, daß er unzweifelhaft todt sei.

Wann mußte er denn gestorben sein?

Sonst war niemand in dem Zimmer als das
Mädchen mit dem großen Haupte. Es saß tief zurük
auf einem weißen unangestrichenen Stuhle, und sah
von ferne zu, was man mit dem Manne beginne.
Auf einem Schirme, der vor einem Bette stand, das

war, und in der Seitenmauer der Einfahrt zeigte ſich
eine Thür. Die Thür wurde geöffnet. Hinter ihr
ging eine Treppe in die Tiefe hinunter. Als dort
gelegen wurde die Wohnung des Pförtners ange¬
geben.

Da wir die Treppe hinunter geſtiegen waren, und
die Wohnung betreten hatten, ſahen wir, daß die¬
ſelbe nur aus einem einzigen Zimmer beſtehe. Neben
einer Leiter, die gegen das Fenſter empor lehnte, lag
der alte todte Mann. Er hatte ein gelbes Molldon¬
röklein und blaßblaue Beinkleider an. Als ihn die
Männer aufgehoben, und auf ein Bett, das das
ſeinige ſchien, gelegt hatten, ſah ich aus den Zügen,
daß es wirklich der nehmliche Mann ſei, dem ich das
Buch gegeben hatte. Man hatte Anfangs die Abſicht
gehabt, Verſuche zu machen, ihn ins Leben zurük zu
rufen, aber beim Anfaſſen hatte man ſchon empfun¬
den, daß er kalt ſei, und bei näherer Beſchauung
zeigte ſich auch, daß er unzweifelhaft todt ſei.

Wann mußte er denn geſtorben ſein?

Sonſt war niemand in dem Zimmer als das
Mädchen mit dem großen Haupte. Es ſaß tief zurük
auf einem weißen unangeſtrichenen Stuhle, und ſah
von ferne zu, was man mit dem Manne beginne.
Auf einem Schirme, der vor einem Bette ſtand, das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0255" n="242"/>
war, und in der Seitenmauer der Einfahrt zeigte &#x017F;ich<lb/>
eine Thür. Die Thür wurde geöffnet. Hinter ihr<lb/>
ging eine Treppe in die Tiefe hinunter. Als dort<lb/>
gelegen wurde die Wohnung des Pförtners ange¬<lb/>
geben.</p><lb/>
        <p>Da wir die Treppe hinunter ge&#x017F;tiegen waren, und<lb/>
die Wohnung betreten hatten, &#x017F;ahen wir, daß die¬<lb/>
&#x017F;elbe nur aus einem einzigen Zimmer be&#x017F;tehe. Neben<lb/>
einer Leiter, die gegen das Fen&#x017F;ter empor lehnte, lag<lb/>
der alte todte Mann. Er hatte ein gelbes Molldon¬<lb/>
röklein und blaßblaue Beinkleider an. Als ihn die<lb/>
Männer aufgehoben, und auf ein Bett, das das<lb/>
&#x017F;einige &#x017F;chien, gelegt hatten, &#x017F;ah ich aus den Zügen,<lb/>
daß es wirklich der nehmliche Mann &#x017F;ei, dem ich das<lb/>
Buch gegeben hatte. Man hatte Anfangs die Ab&#x017F;icht<lb/>
gehabt, Ver&#x017F;uche zu machen, ihn ins Leben zurük zu<lb/>
rufen, aber beim Anfa&#x017F;&#x017F;en hatte man &#x017F;chon empfun¬<lb/>
den, daß er kalt &#x017F;ei, und bei näherer Be&#x017F;chauung<lb/>
zeigte &#x017F;ich auch, daß er unzweifelhaft todt &#x017F;ei.</p><lb/>
        <p>Wann mußte er denn ge&#x017F;torben &#x017F;ein?</p><lb/>
        <p>Son&#x017F;t war niemand in dem Zimmer als das<lb/>
Mädchen mit dem großen Haupte. Es &#x017F;aß tief zurük<lb/>
auf einem weißen unange&#x017F;trichenen Stuhle, und &#x017F;ah<lb/>
von ferne zu, was man mit dem Manne beginne.<lb/>
Auf einem Schirme, der vor einem Bette &#x017F;tand, das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0255] war, und in der Seitenmauer der Einfahrt zeigte ſich eine Thür. Die Thür wurde geöffnet. Hinter ihr ging eine Treppe in die Tiefe hinunter. Als dort gelegen wurde die Wohnung des Pförtners ange¬ geben. Da wir die Treppe hinunter geſtiegen waren, und die Wohnung betreten hatten, ſahen wir, daß die¬ ſelbe nur aus einem einzigen Zimmer beſtehe. Neben einer Leiter, die gegen das Fenſter empor lehnte, lag der alte todte Mann. Er hatte ein gelbes Molldon¬ röklein und blaßblaue Beinkleider an. Als ihn die Männer aufgehoben, und auf ein Bett, das das ſeinige ſchien, gelegt hatten, ſah ich aus den Zügen, daß es wirklich der nehmliche Mann ſei, dem ich das Buch gegeben hatte. Man hatte Anfangs die Abſicht gehabt, Verſuche zu machen, ihn ins Leben zurük zu rufen, aber beim Anfaſſen hatte man ſchon empfun¬ den, daß er kalt ſei, und bei näherer Beſchauung zeigte ſich auch, daß er unzweifelhaft todt ſei. Wann mußte er denn geſtorben ſein? Sonſt war niemand in dem Zimmer als das Mädchen mit dem großen Haupte. Es ſaß tief zurük auf einem weißen unangeſtrichenen Stuhle, und ſah von ferne zu, was man mit dem Manne beginne. Auf einem Schirme, der vor einem Bette ſtand, das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/255
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/255>, abgerufen am 04.05.2024.