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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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Wieder war seit diesem Vorfalle eine bedeutende
Zeit vergangen, als sich ein neues Merkmal zutrug.
Unser ältester Sohn Alfred kam einmal von der Schule
nach Hause. Er lief eifrig die Treppe heran, er
stürzte in die Stube, und rief: "Mutter, ich habe
ihm nichts gethan, Mutter ich habe ihm nichts
gethan."

"Alfred," sagte ich, "was ist dir denn?"

"Mutter, du weißt das Perronsche Haus," erwie¬
derte er, "da ging ich auf dem breiten Pflaster des
Weges für die Fußgeher, und da sah ich einen Raben
auf dem Pflaster sizen, der sich nicht fürchtete, der
nicht fliegen zu können schien, und der vor mir, da
ich mich näherte, her ging. Ich dukte mich ein wenig,
sprach zu ihm, langte nach ihm, und er ließ sich fan¬
gen. Mutter, ich habe ihm nichts gethan, ich habe
ihn nur gestreichelt. Da sah bei den Erdfenstern
des Perronschen Hauses ein fürchterlich großes Ange¬
sicht heraus, und schrie: "Laß, laß."

"Ich blikte nach dem Kopfe hin, er hatte starre
Augen, war sehr blaß, und war erschrekend groß.
Ich ließ den Raben aus, richtete mich empor, und
lief nach Hause. Mutter, ich habe ihm wirklich nichts
gethan, ich habe ihn blos streicheln wollen."

"Ich weiß, Alfred, ich weiß," sagte ich, "lege

Wieder war ſeit dieſem Vorfalle eine bedeutende
Zeit vergangen, als ſich ein neues Merkmal zutrug.
Unſer älteſter Sohn Alfred kam einmal von der Schule
nach Hauſe. Er lief eifrig die Treppe heran, er
ſtürzte in die Stube, und rief: „Mutter, ich habe
ihm nichts gethan, Mutter ich habe ihm nichts
gethan.“

„Alfred,“ ſagte ich, „was iſt dir denn?“

„Mutter, du weißt das Perronſche Haus,“ erwie¬
derte er, „da ging ich auf dem breiten Pflaſter des
Weges für die Fußgeher, und da ſah ich einen Raben
auf dem Pflaſter ſizen, der ſich nicht fürchtete, der
nicht fliegen zu können ſchien, und der vor mir, da
ich mich näherte, her ging. Ich dukte mich ein wenig,
ſprach zu ihm, langte nach ihm, und er ließ ſich fan¬
gen. Mutter, ich habe ihm nichts gethan, ich habe
ihn nur geſtreichelt. Da ſah bei den Erdfenſtern
des Perronſchen Hauſes ein fürchterlich großes Ange¬
ſicht heraus, und ſchrie: „Laß, laß.“

„Ich blikte nach dem Kopfe hin, er hatte ſtarre
Augen, war ſehr blaß, und war erſchrekend groß.
Ich ließ den Raben aus, richtete mich empor, und
lief nach Hauſe. Mutter, ich habe ihm wirklich nichts
gethan, ich habe ihn blos ſtreicheln wollen.“

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[236/0249] Wieder war ſeit dieſem Vorfalle eine bedeutende Zeit vergangen, als ſich ein neues Merkmal zutrug. Unſer älteſter Sohn Alfred kam einmal von der Schule nach Hauſe. Er lief eifrig die Treppe heran, er ſtürzte in die Stube, und rief: „Mutter, ich habe ihm nichts gethan, Mutter ich habe ihm nichts gethan.“ „Alfred,“ ſagte ich, „was iſt dir denn?“ „Mutter, du weißt das Perronſche Haus,“ erwie¬ derte er, „da ging ich auf dem breiten Pflaſter des Weges für die Fußgeher, und da ſah ich einen Raben auf dem Pflaſter ſizen, der ſich nicht fürchtete, der nicht fliegen zu können ſchien, und der vor mir, da ich mich näherte, her ging. Ich dukte mich ein wenig, ſprach zu ihm, langte nach ihm, und er ließ ſich fan¬ gen. Mutter, ich habe ihm nichts gethan, ich habe ihn nur geſtreichelt. Da ſah bei den Erdfenſtern des Perronſchen Hauſes ein fürchterlich großes Ange¬ ſicht heraus, und ſchrie: „Laß, laß.“ „Ich blikte nach dem Kopfe hin, er hatte ſtarre Augen, war ſehr blaß, und war erſchrekend groß. Ich ließ den Raben aus, richtete mich empor, und lief nach Hauſe. Mutter, ich habe ihm wirklich nichts gethan, ich habe ihn blos ſtreicheln wollen.“ „Ich weiß, Alfred, ich weiß,“ ſagte ich, „lege

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/249>, abgerufen am 22.11.2024.