er ein heiterer geselliger Mann war, hatte er doch gerade diese Wohnung gewählt, weil es seinen dich¬ tenden Kräften, die sich nicht sowohl im Hervorbrin¬ gen als vielmehr im Empfangen äußerten, zusagte, das allmähliche Versinken Vergehen Verkommen zu beobachten, und zu betrachten, wie die Vögel und andere Thiere nach und nach von dem Mauerwerke Besiz nahmen, aus dem sich die Menschen zurük gezo¬ gen hatten; es gehe ihm in der Welt nichts darüber, pflegte er zu sagen, an einem Regentage an seinem Fenster zu stehen, und das Wasser von den Diesteln dem Huflattig und den andern Pflanzen, die in dem Hofe stehen, niederträufeln, und die Nässe sich in den alten Mauern herabziehen zu sehen.
Einmal sagte mein Gatte, da er schon angezogen war, und eben in sein Amt gehen wollte: "Da ist ein Buch, es gehört dem Profeßor Andorf, es ist sehr wichtig, mir ist daran gelegen, daß es nicht in fremde Hände komme, sei so gut, schlage es in ein Papier ein, siegle das Papier zu, und schike das Buch durch jemand Zuverlässigen an den Profeßor. Ich hatte nicht mehr Zeit das Geschäft selber zu besorgen, und wende mich daher an dich."
Er legte das Buch auf mein Nähtischchen, ich sagte ihm zu, daß ich seinen Auftrag vollziehen würde,
er ein heiterer geſelliger Mann war, hatte er doch gerade dieſe Wohnung gewählt, weil es ſeinen dich¬ tenden Kräften, die ſich nicht ſowohl im Hervorbrin¬ gen als vielmehr im Empfangen äußerten, zuſagte, das allmähliche Verſinken Vergehen Verkommen zu beobachten, und zu betrachten, wie die Vögel und andere Thiere nach und nach von dem Mauerwerke Beſiz nahmen, aus dem ſich die Menſchen zurük gezo¬ gen hatten; es gehe ihm in der Welt nichts darüber, pflegte er zu ſagen, an einem Regentage an ſeinem Fenſter zu ſtehen, und das Waſſer von den Dieſteln dem Huflattig und den andern Pflanzen, die in dem Hofe ſtehen, niederträufeln, und die Näſſe ſich in den alten Mauern herabziehen zu ſehen.
Einmal ſagte mein Gatte, da er ſchon angezogen war, und eben in ſein Amt gehen wollte: „Da iſt ein Buch, es gehört dem Profeßor Andorf, es iſt ſehr wichtig, mir iſt daran gelegen, daß es nicht in fremde Hände komme, ſei ſo gut, ſchlage es in ein Papier ein, ſiegle das Papier zu, und ſchike das Buch durch jemand Zuverläſſigen an den Profeßor. Ich hatte nicht mehr Zeit das Geſchäft ſelber zu beſorgen, und wende mich daher an dich.“
Er legte das Buch auf mein Nähtiſchchen, ich ſagte ihm zu, daß ich ſeinen Auftrag vollziehen würde,
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er ein heiterer geſelliger Mann war, hatte er doch
gerade dieſe Wohnung gewählt, weil es ſeinen dich¬
tenden Kräften, die ſich nicht ſowohl im Hervorbrin¬
gen als vielmehr im Empfangen äußerten, zuſagte,
das allmähliche Verſinken Vergehen Verkommen zu
beobachten, und zu betrachten, wie die Vögel und
andere Thiere nach und nach von dem Mauerwerke
Beſiz nahmen, aus dem ſich die Menſchen zurük gezo¬
gen hatten; es gehe ihm in der Welt nichts darüber,
pflegte er zu ſagen, an einem Regentage an ſeinem
Fenſter zu ſtehen, und das Waſſer von den Dieſteln
dem Huflattig und den andern Pflanzen, die in dem
Hofe ſtehen, niederträufeln, und die Näſſe ſich in den
alten Mauern herabziehen zu ſehen.
Einmal ſagte mein Gatte, da er ſchon angezogen
war, und eben in ſein Amt gehen wollte: „Da iſt ein
Buch, es gehört dem Profeßor Andorf, es iſt ſehr
wichtig, mir iſt daran gelegen, daß es nicht in fremde
Hände komme, ſei ſo gut, ſchlage es in ein Papier
ein, ſiegle das Papier zu, und ſchike das Buch durch
jemand Zuverläſſigen an den Profeßor. Ich hatte nicht
mehr Zeit das Geſchäft ſelber zu beſorgen, und wende
mich daher an dich.“
Er legte das Buch auf mein Nähtiſchchen, ich
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/242>, abgerufen am 16.07.2024.
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