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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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Rentherrn dazu trieb, entschloß sich der Hausbesizer
noch eine Zeit zu warten, ob der Rentherr nicht etwa
von selber zurükkehren würde. Nach der Aussage der
Bewohner des Hauses und des Pförtners desselben
hatte der Rentherr nicht das Kleinste von seiner Woh¬
nung fortbringen lassen, ja man erinnerte sich nicht
einmal genau, ob er bei seiner Abreise einen Koffer
gehabt habe oder nicht. Da man nun wußte, daß
viele und kostbare Sachen in der Wohnung seien, so
war es wahrscheinlich, daß der Rentherr nur verreiset
sei, daß ihn irgend ein Zufall getroffen haben
müsse, der ihn hindere, zurük zu kehren, oder eine
Nachricht zu geben, und daß er schon wieder kommen
werde.

Allein da bereits zwei Jahre vergangen waren,
und da der Rentherr weder selber zurük gekehrt war,
noch auch eine Nachricht von sich gegeben hatte, ließ
man ihn ämtlich durch die Zeitungen auffodern, daß
er von sich Nachricht zu geben, und sich auszusprechen
hätte, ob er seine dermalige Wohnung auf dem Sanct
Petersplaze noch ferner behalten, und die Miethe ge¬
sezmäßig berichten würde. Wenn in einer gegebenen
Frist keine Nachricht einginge, so würde man seine
Wohnung als aufgekündet betrachten, würde seine
Zurüklassenschaft versteigern, davon die angelaufene

Rentherrn dazu trieb, entſchloß ſich der Hausbeſizer
noch eine Zeit zu warten, ob der Rentherr nicht etwa
von ſelber zurükkehren würde. Nach der Ausſage der
Bewohner des Hauſes und des Pförtners desſelben
hatte der Rentherr nicht das Kleinſte von ſeiner Woh¬
nung fortbringen laſſen, ja man erinnerte ſich nicht
einmal genau, ob er bei ſeiner Abreiſe einen Koffer
gehabt habe oder nicht. Da man nun wußte, daß
viele und koſtbare Sachen in der Wohnung ſeien, ſo
war es wahrſcheinlich, daß der Rentherr nur verreiſet
ſei, daß ihn irgend ein Zufall getroffen haben
müſſe, der ihn hindere, zurük zu kehren, oder eine
Nachricht zu geben, und daß er ſchon wieder kommen
werde.

Allein da bereits zwei Jahre vergangen waren,
und da der Rentherr weder ſelber zurük gekehrt war,
noch auch eine Nachricht von ſich gegeben hatte, ließ
man ihn ämtlich durch die Zeitungen auffodern, daß
er von ſich Nachricht zu geben, und ſich auszuſprechen
hätte, ob er ſeine dermalige Wohnung auf dem Sanct
Petersplaze noch ferner behalten, und die Miethe ge¬
ſezmäßig berichten würde. Wenn in einer gegebenen
Friſt keine Nachricht einginge, ſo würde man ſeine
Wohnung als aufgekündet betrachten, würde ſeine
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[214/0227] Rentherrn dazu trieb, entſchloß ſich der Hausbeſizer noch eine Zeit zu warten, ob der Rentherr nicht etwa von ſelber zurükkehren würde. Nach der Ausſage der Bewohner des Hauſes und des Pförtners desſelben hatte der Rentherr nicht das Kleinſte von ſeiner Woh¬ nung fortbringen laſſen, ja man erinnerte ſich nicht einmal genau, ob er bei ſeiner Abreiſe einen Koffer gehabt habe oder nicht. Da man nun wußte, daß viele und koſtbare Sachen in der Wohnung ſeien, ſo war es wahrſcheinlich, daß der Rentherr nur verreiſet ſei, daß ihn irgend ein Zufall getroffen haben müſſe, der ihn hindere, zurük zu kehren, oder eine Nachricht zu geben, und daß er ſchon wieder kommen werde. Allein da bereits zwei Jahre vergangen waren, und da der Rentherr weder ſelber zurük gekehrt war, noch auch eine Nachricht von ſich gegeben hatte, ließ man ihn ämtlich durch die Zeitungen auffodern, daß er von ſich Nachricht zu geben, und ſich auszuſprechen hätte, ob er ſeine dermalige Wohnung auf dem Sanct Petersplaze noch ferner behalten, und die Miethe ge¬ ſezmäßig berichten würde. Wenn in einer gegebenen Friſt keine Nachricht einginge, ſo würde man ſeine Wohnung als aufgekündet betrachten, würde ſeine Zurüklaſſenſchaft verſteigern, davon die angelaufene

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/227>, abgerufen am 30.04.2024.