Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Regen und Sonnenschein zu bewirken, welche die
Freude und das Gedeihen von Menschen Thieren
und Gewächsen ist.

Der unermeßliche Regen der Nacht hatte die Kalk¬
steinhügel glatt gewaschen, und sie standen weiß und
glänzend unter dem Blau des Himmels und unter
den Strahlen der Sonne da. Wie sie hinter einander
zurük wichen, wiesen sie in zarten Abstufungen ihre
gebrochenen Glanzfarben in Grau, Gelblich, Röth¬
lich. Rosenfarbig, und dazwischen lagen die länglichen
nach rükwärts immer schöneren luftblauen Schatten.
Die Wiese vor dem Pfarrhofe war frisch und grün,
die Linde, die ihre älteren und schwächeren Blätter
durch den Sturm verloren hatte, stand neugeboren da,
und die andern Bäume und die Büsche um den Pfarr¬
hof hoben ihre nassen glänzenden Äste und Zweige
gegen die Sonne. Nur in der Nähe des Steges war
auch ein anderes minder angenehmes Schauspiel des
Gewitters. Die Zirder war ausgetreten, und sezte
einen Theil der Wiese, von der ich gesagt habe, daß
sie um wenig höher liegt als das Flußbett, unter
Wasser. Der hohe Steg senkte sich mit seinem abwärts
gehenden Theile unmittelbar in dieses Wasser. Allein,
wenn man von dem Schaden absieht, den die Über¬
schwemmung durch Anführung von Sand auf der

Regen und Sonnenſchein zu bewirken, welche die
Freude und das Gedeihen von Menſchen Thieren
und Gewächſen iſt.

Der unermeßliche Regen der Nacht hatte die Kalk¬
ſteinhügel glatt gewaſchen, und ſie ſtanden weiß und
glänzend unter dem Blau des Himmels und unter
den Strahlen der Sonne da. Wie ſie hinter einander
zurük wichen, wieſen ſie in zarten Abſtufungen ihre
gebrochenen Glanzfarben in Grau, Gelblich, Röth¬
lich. Roſenfarbig, und dazwiſchen lagen die länglichen
nach rükwärts immer ſchöneren luftblauen Schatten.
Die Wieſe vor dem Pfarrhofe war friſch und grün,
die Linde, die ihre älteren und ſchwächeren Blätter
durch den Sturm verloren hatte, ſtand neugeboren da,
und die andern Bäume und die Büſche um den Pfarr¬
hof hoben ihre naſſen glänzenden Äſte und Zweige
gegen die Sonne. Nur in der Nähe des Steges war
auch ein anderes minder angenehmes Schauſpiel des
Gewitters. Die Zirder war ausgetreten, und ſezte
einen Theil der Wieſe, von der ich geſagt habe, daß
ſie um wenig höher liegt als das Flußbett, unter
Waſſer. Der hohe Steg ſenkte ſich mit ſeinem abwärts
gehenden Theile unmittelbar in dieſes Waſſer. Allein,
wenn man von dem Schaden abſieht, den die Über¬
ſchwemmung durch Anführung von Sand auf der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0132" n="119"/>
Regen und Sonnen&#x017F;chein zu bewirken, welche die<lb/>
Freude und das Gedeihen von Men&#x017F;chen Thieren<lb/>
und Gewäch&#x017F;en i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Der unermeßliche Regen der Nacht hatte die Kalk¬<lb/>
&#x017F;teinhügel glatt gewa&#x017F;chen, und &#x017F;ie &#x017F;tanden weiß und<lb/>
glänzend unter dem Blau des Himmels und unter<lb/>
den Strahlen der Sonne da. Wie &#x017F;ie hinter einander<lb/>
zurük wichen, wie&#x017F;en &#x017F;ie in zarten Ab&#x017F;tufungen ihre<lb/>
gebrochenen Glanzfarben in Grau, Gelblich, Röth¬<lb/>
lich. Ro&#x017F;enfarbig, und dazwi&#x017F;chen lagen die länglichen<lb/>
nach rükwärts immer &#x017F;chöneren luftblauen Schatten.<lb/>
Die Wie&#x017F;e vor dem Pfarrhofe war fri&#x017F;ch und grün,<lb/>
die Linde, die ihre älteren und &#x017F;chwächeren Blätter<lb/>
durch den Sturm verloren hatte, &#x017F;tand neugeboren da,<lb/>
und die andern Bäume und die Bü&#x017F;che um den Pfarr¬<lb/>
hof hoben ihre na&#x017F;&#x017F;en glänzenden Ä&#x017F;te und Zweige<lb/>
gegen die Sonne. Nur in der Nähe des Steges war<lb/>
auch ein anderes minder angenehmes Schau&#x017F;piel des<lb/>
Gewitters. Die Zirder war ausgetreten, und &#x017F;ezte<lb/>
einen Theil der Wie&#x017F;e, von der ich ge&#x017F;agt habe, daß<lb/>
&#x017F;ie um wenig höher liegt als das Flußbett, unter<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er. Der hohe Steg &#x017F;enkte &#x017F;ich mit &#x017F;einem abwärts<lb/>
gehenden Theile unmittelbar in die&#x017F;es Wa&#x017F;&#x017F;er. Allein,<lb/>
wenn man von dem Schaden ab&#x017F;ieht, den die Über¬<lb/>
&#x017F;chwemmung durch Anführung von Sand auf der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0132] Regen und Sonnenſchein zu bewirken, welche die Freude und das Gedeihen von Menſchen Thieren und Gewächſen iſt. Der unermeßliche Regen der Nacht hatte die Kalk¬ ſteinhügel glatt gewaſchen, und ſie ſtanden weiß und glänzend unter dem Blau des Himmels und unter den Strahlen der Sonne da. Wie ſie hinter einander zurük wichen, wieſen ſie in zarten Abſtufungen ihre gebrochenen Glanzfarben in Grau, Gelblich, Röth¬ lich. Roſenfarbig, und dazwiſchen lagen die länglichen nach rükwärts immer ſchöneren luftblauen Schatten. Die Wieſe vor dem Pfarrhofe war friſch und grün, die Linde, die ihre älteren und ſchwächeren Blätter durch den Sturm verloren hatte, ſtand neugeboren da, und die andern Bäume und die Büſche um den Pfarr¬ hof hoben ihre naſſen glänzenden Äſte und Zweige gegen die Sonne. Nur in der Nähe des Steges war auch ein anderes minder angenehmes Schauſpiel des Gewitters. Die Zirder war ausgetreten, und ſezte einen Theil der Wieſe, von der ich geſagt habe, daß ſie um wenig höher liegt als das Flußbett, unter Waſſer. Der hohe Steg ſenkte ſich mit ſeinem abwärts gehenden Theile unmittelbar in dieſes Waſſer. Allein, wenn man von dem Schaden abſieht, den die Über¬ ſchwemmung durch Anführung von Sand auf der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/132
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/132>, abgerufen am 25.11.2024.