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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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heit als zwischen diesem Kinde und dem Kinde Ma¬
thilde kann nicht mehr gedacht werden. Ich erschrak,
als ich das Mädchen sah. Ob in den Jahren, in
denen jezt Natalie ist, Mathilde auch ihr gleich ge¬
wesen ist, kann ich nicht sagen; denn da war ich von
Mathilden schon getrennt."

"Es begann nun eine sehr liebliche Zeit. Mathilde
kam mit Natalien öfter, um uns zu besuchen. Ich
machte ihr in den ersten Tagen den Vorschlag, daß ich
die Rosen, wenn sie ihr schmerzliche Erinnerungen
weckten, von dem Hause entfernen wolle. Sie ließ es
aber nicht zu, sie sagte, sie seien ihr das Theuerste ge¬
worden, und bilden den Schmuck dieses Hauses. Sie
hatte sich zu einer solchen Milde und Ruhe gestimmt,
wie ihr sie jezt kennt, und diese Lage ihres Wesens
befestigte sich immer mehr, je mehr sich ihre äußeren
Verhältnisse einer Gleichmäßigkeit zuneigten, und je
mehr ihr Inneres, ich darf es wohl sagen, sich be¬
glückt fühlte. Ein freundlicher Verkehr hatte sich ent¬
wickelt, Gustav hatte sich an mich gewöhnt, ich an
ihn, und aus der Gewöhnung war Liebe entstanden.
Mathilde gab Rath in meinem Hauswesen, ich in der
Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Nataliens Er¬
ziehung wurde oft zwischen uns besprochen, und

heit als zwiſchen dieſem Kinde und dem Kinde Ma¬
thilde kann nicht mehr gedacht werden. Ich erſchrak,
als ich das Mädchen ſah. Ob in den Jahren, in
denen jezt Natalie iſt, Mathilde auch ihr gleich ge¬
weſen iſt, kann ich nicht ſagen; denn da war ich von
Mathilden ſchon getrennt.“

„Es begann nun eine ſehr liebliche Zeit. Mathilde
kam mit Natalien öfter, um uns zu beſuchen. Ich
machte ihr in den erſten Tagen den Vorſchlag, daß ich
die Roſen, wenn ſie ihr ſchmerzliche Erinnerungen
weckten, von dem Hauſe entfernen wolle. Sie ließ es
aber nicht zu, ſie ſagte, ſie ſeien ihr das Theuerſte ge¬
worden, und bilden den Schmuck dieſes Hauſes. Sie
hatte ſich zu einer ſolchen Milde und Ruhe geſtimmt,
wie ihr ſie jezt kennt, und dieſe Lage ihres Weſens
befeſtigte ſich immer mehr, je mehr ſich ihre äußeren
Verhältniſſe einer Gleichmäßigkeit zuneigten, und je
mehr ihr Inneres, ich darf es wohl ſagen, ſich be¬
glückt fühlte. Ein freundlicher Verkehr hatte ſich ent¬
wickelt, Guſtav hatte ſich an mich gewöhnt, ich an
ihn, und aus der Gewöhnung war Liebe entſtanden.
Mathilde gab Rath in meinem Hausweſen, ich in der
Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Nataliens Er¬
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[346/0360] heit als zwiſchen dieſem Kinde und dem Kinde Ma¬ thilde kann nicht mehr gedacht werden. Ich erſchrak, als ich das Mädchen ſah. Ob in den Jahren, in denen jezt Natalie iſt, Mathilde auch ihr gleich ge¬ weſen iſt, kann ich nicht ſagen; denn da war ich von Mathilden ſchon getrennt.“ „Es begann nun eine ſehr liebliche Zeit. Mathilde kam mit Natalien öfter, um uns zu beſuchen. Ich machte ihr in den erſten Tagen den Vorſchlag, daß ich die Roſen, wenn ſie ihr ſchmerzliche Erinnerungen weckten, von dem Hauſe entfernen wolle. Sie ließ es aber nicht zu, ſie ſagte, ſie ſeien ihr das Theuerſte ge¬ worden, und bilden den Schmuck dieſes Hauſes. Sie hatte ſich zu einer ſolchen Milde und Ruhe geſtimmt, wie ihr ſie jezt kennt, und dieſe Lage ihres Weſens befeſtigte ſich immer mehr, je mehr ſich ihre äußeren Verhältniſſe einer Gleichmäßigkeit zuneigten, und je mehr ihr Inneres, ich darf es wohl ſagen, ſich be¬ glückt fühlte. Ein freundlicher Verkehr hatte ſich ent¬ wickelt, Guſtav hatte ſich an mich gewöhnt, ich an ihn, und aus der Gewöhnung war Liebe entſtanden. Mathilde gab Rath in meinem Hausweſen, ich in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten. Nataliens Er¬ ziehung wurde oft zwiſchen uns beſprochen, und

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/360>, abgerufen am 22.11.2024.