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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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der Stadt habt ihr die schönen Winterspaziergänge
nicht, welche uns das Land gewährt."

"Nein Natalie, die haben wir nicht. Wir haben
von der dem Winter als Winter eigenthümlichen
Wesenheit nichts als die Kälte; denn der Schnee
wird auch aus der Stadt fortgeschafft," erwiederte
ich, "und nicht blos im Winter auch im Sommer hat
die Stadt nichts, was sich nur entfernt mit der Frei¬
heit und Weite des offenen Landes vergleichen ließe.
Eine erweiterte Pflege der Kunst und der Wissen¬
schaft eine erhöhte Geselligkeit und die Regierung
des menschlichen Geschlechts sind in der Stadt, und
diese Dinge begreifen auch das, was man in der
Stadt sucht. Einen Theil von Wissenschaft und
Kunst aber kann man wohl auch auf dem Lande hegen,
und ob größere Zweige der allgemeinen Leitung der
Menschen auch auf das Land gelegt werden könnten,
als jezt geschieht, weiß ich nicht, da ich hierin zu
wenig Kenntnisse habe. Ich trage schon lange den
Gedanken in mir, einmal auch im Winter in das
Hochgebirge zu gehen, und dort eine Zeit zuzubrin¬
gen, um Erfahrungen zu sammeln. Es ist seltsam,
und reizt zur Nachahmung, was uns die Bücher mel¬
den, die von Leuten verfaßt wurden, welche im Win¬

der Stadt habt ihr die ſchönen Winterſpaziergänge
nicht, welche uns das Land gewährt.“

„Nein Natalie, die haben wir nicht. Wir haben
von der dem Winter als Winter eigenthümlichen
Weſenheit nichts als die Kälte; denn der Schnee
wird auch aus der Stadt fortgeſchafft,“ erwiederte
ich, „und nicht blos im Winter auch im Sommer hat
die Stadt nichts, was ſich nur entfernt mit der Frei¬
heit und Weite des offenen Landes vergleichen ließe.
Eine erweiterte Pflege der Kunſt und der Wiſſen¬
ſchaft eine erhöhte Geſelligkeit und die Regierung
des menſchlichen Geſchlechts ſind in der Stadt, und
dieſe Dinge begreifen auch das, was man in der
Stadt ſucht. Einen Theil von Wiſſenſchaft und
Kunſt aber kann man wohl auch auf dem Lande hegen,
und ob größere Zweige der allgemeinen Leitung der
Menſchen auch auf das Land gelegt werden könnten,
als jezt geſchieht, weiß ich nicht, da ich hierin zu
wenig Kenntniſſe habe. Ich trage ſchon lange den
Gedanken in mir, einmal auch im Winter in das
Hochgebirge zu gehen, und dort eine Zeit zuzubrin¬
gen, um Erfahrungen zu ſammeln. Es iſt ſeltſam,
und reizt zur Nachahmung, was uns die Bücher mel¬
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[20/0034] der Stadt habt ihr die ſchönen Winterſpaziergänge nicht, welche uns das Land gewährt.“ „Nein Natalie, die haben wir nicht. Wir haben von der dem Winter als Winter eigenthümlichen Weſenheit nichts als die Kälte; denn der Schnee wird auch aus der Stadt fortgeſchafft,“ erwiederte ich, „und nicht blos im Winter auch im Sommer hat die Stadt nichts, was ſich nur entfernt mit der Frei¬ heit und Weite des offenen Landes vergleichen ließe. Eine erweiterte Pflege der Kunſt und der Wiſſen¬ ſchaft eine erhöhte Geſelligkeit und die Regierung des menſchlichen Geſchlechts ſind in der Stadt, und dieſe Dinge begreifen auch das, was man in der Stadt ſucht. Einen Theil von Wiſſenſchaft und Kunſt aber kann man wohl auch auf dem Lande hegen, und ob größere Zweige der allgemeinen Leitung der Menſchen auch auf das Land gelegt werden könnten, als jezt geſchieht, weiß ich nicht, da ich hierin zu wenig Kenntniſſe habe. Ich trage ſchon lange den Gedanken in mir, einmal auch im Winter in das Hochgebirge zu gehen, und dort eine Zeit zuzubrin¬ gen, um Erfahrungen zu ſammeln. Es iſt ſeltſam, und reizt zur Nachahmung, was uns die Bücher mel¬ den, die von Leuten verfaßt wurden, welche im Win¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/34>, abgerufen am 24.11.2024.