niß beweist, welches freilich etwas früher hätte gemacht werden sollen. Erlaubt, daß ich nun auch von euch etwas spreche. Ihr seid wenn auch älter als Mathilde doch als Mann noch so jung, daß ihr die Lage, in der ihr seid, kaum zu beurtheilen fähig sein dürftet. Mein Gatte und ich sind der Ansicht, daß ihr, so weit wir euch kennen, durch euer Gefühl, das immer edel und warm ist, in die Neigung zu Mathil¬ den, der wir auch als Eltern immerhin einigen Lieb¬ reiz zusprechen müssen, gestürzt worden seid, daß sich euch das Gefühl als etwas Hohes und Erhabenes angekündigt hat, das euch noch dazu so beseligte, und daß ihr daher an keinen Widerstand gedacht habt, der euch ja auch als Untreue an Mathilden erscheinen mußte. Allein eure Lage in dieser Art genommen darf nicht als die gesezmäßige bezeichnet werden. Ihr seid so jung, ihr habt euch in den Anfang einer Laufbahn begeben. Ihr müßt nun in derselben fortfahren, oder, wenn ihr sie mißbilligt, eine andere einschlagen. In ganz und gar keiner kann ein Mann von eurer Bega¬ bung und eurem inneren Wesen nicht bleiben. Welche lange Zeit liegt nun vor euch, die ihr benüzen müßt, euch in jene feste Lebensthätigkeit zu bringen, die euch noth thut, und euch jene äußere Unabhängigkeit zu
niß beweist, welches freilich etwas früher hätte gemacht werden ſollen. Erlaubt, daß ich nun auch von euch etwas ſpreche. Ihr ſeid wenn auch älter als Mathilde doch als Mann noch ſo jung, daß ihr die Lage, in der ihr ſeid, kaum zu beurtheilen fähig ſein dürftet. Mein Gatte und ich ſind der Anſicht, daß ihr, ſo weit wir euch kennen, durch euer Gefühl, das immer edel und warm iſt, in die Neigung zu Mathil¬ den, der wir auch als Eltern immerhin einigen Lieb¬ reiz zuſprechen müſſen, geſtürzt worden ſeid, daß ſich euch das Gefühl als etwas Hohes und Erhabenes angekündigt hat, das euch noch dazu ſo beſeligte, und daß ihr daher an keinen Widerſtand gedacht habt, der euch ja auch als Untreue an Mathilden erſcheinen mußte. Allein eure Lage in dieſer Art genommen darf nicht als die geſezmäßige bezeichnet werden. Ihr ſeid ſo jung, ihr habt euch in den Anfang einer Laufbahn begeben. Ihr müßt nun in derſelben fortfahren, oder, wenn ihr ſie mißbilligt, eine andere einſchlagen. In ganz und gar keiner kann ein Mann von eurer Bega¬ bung und eurem inneren Weſen nicht bleiben. Welche lange Zeit liegt nun vor euch, die ihr benüzen müßt, euch in jene feſte Lebensthätigkeit zu bringen, die euch noth thut, und euch jene äußere Unabhängigkeit zu
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niß beweist, welches freilich etwas früher hätte
gemacht werden ſollen. Erlaubt, daß ich nun auch
von euch etwas ſpreche. Ihr ſeid wenn auch älter als
Mathilde doch als Mann noch ſo jung, daß ihr die
Lage, in der ihr ſeid, kaum zu beurtheilen fähig ſein
dürftet. Mein Gatte und ich ſind der Anſicht, daß
ihr, ſo weit wir euch kennen, durch euer Gefühl, das
immer edel und warm iſt, in die Neigung zu Mathil¬
den, der wir auch als Eltern immerhin einigen Lieb¬
reiz zuſprechen müſſen, geſtürzt worden ſeid, daß ſich
euch das Gefühl als etwas Hohes und Erhabenes
angekündigt hat, das euch noch dazu ſo beſeligte, und
daß ihr daher an keinen Widerſtand gedacht habt,
der euch ja auch als Untreue an Mathilden erſcheinen
mußte. Allein eure Lage in dieſer Art genommen darf
nicht als die geſezmäßige bezeichnet werden. Ihr ſeid
ſo jung, ihr habt euch in den Anfang einer Laufbahn
begeben. Ihr müßt nun in derſelben fortfahren, oder,
wenn ihr ſie mißbilligt, eine andere einſchlagen. In
ganz und gar keiner kann ein Mann von eurer Bega¬
bung und eurem inneren Weſen nicht bleiben. Welche
lange Zeit liegt nun vor euch, die ihr benüzen müßt,
euch in jene feſte Lebensthätigkeit zu bringen, die euch
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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