disches Spiel, oder trieben Musik. Alfred hatte gleich Anfangs schon viel Zutrauen zu mir gezeigt, dieses Zutrauen war immer gewachsen, und war dann un¬ bedingt geworden. Er war ein vortrefflicher Knabe, offen klar einfach gutmüthig lebendig, ohne doch einem heftigen Zorne anheimzufallen, heiter unschul¬ dig und folgsam. Er war jezt gegen neun Jahre alt, entwickelte sich stets fröhlicher, und gewann am Geiste sowie am Körper. Mathilde wurde immer herr¬ licher, sie war zulezt feiner als die Rosen an dem Gar¬ tenhause, zu denen wir sehr gerne gingen. Ich liebte beide Kinder unsäglich. Wenn Alfred Unterrichts¬ stunde hatte, war ich dabei, und leitete, und über¬ wachte sie, ich überwachte sein Lernen, und fragte ihn immer um das Gelernte, damit er sich bei dem Lehrer keine Blöße gebe. Die Gegenstände, die ich mit ihm vornahm, vermehrte ich ansehnlich, ich suchte sie ihm recht gut beizubringen, und er lernte sie auch besser als früher bei andern Lehrern. Vater und Mut¬ ter waren oft bei dem Unterrichte zugegen, und über¬ zeugten sich von den Fortschritten. Mathilde nahm ich nicht nur sehr gerne, sondern viel lieber als früher zu unsern Spaziergängen mit. Ich sprach mit ihr, ich erzählte ihr, ich zeigte ihr Gegenstände, die an unserm
diſches Spiel, oder trieben Muſik. Alfred hatte gleich Anfangs ſchon viel Zutrauen zu mir gezeigt, dieſes Zutrauen war immer gewachſen, und war dann un¬ bedingt geworden. Er war ein vortrefflicher Knabe, offen klar einfach gutmüthig lebendig, ohne doch einem heftigen Zorne anheimzufallen, heiter unſchul¬ dig und folgſam. Er war jezt gegen neun Jahre alt, entwickelte ſich ſtets fröhlicher, und gewann am Geiſte ſowie am Körper. Mathilde wurde immer herr¬ licher, ſie war zulezt feiner als die Roſen an dem Gar¬ tenhauſe, zu denen wir ſehr gerne gingen. Ich liebte beide Kinder unſäglich. Wenn Alfred Unterrichts¬ ſtunde hatte, war ich dabei, und leitete, und über¬ wachte ſie, ich überwachte ſein Lernen, und fragte ihn immer um das Gelernte, damit er ſich bei dem Lehrer keine Blöße gebe. Die Gegenſtände, die ich mit ihm vornahm, vermehrte ich anſehnlich, ich ſuchte ſie ihm recht gut beizubringen, und er lernte ſie auch beſſer als früher bei andern Lehrern. Vater und Mut¬ ter waren oft bei dem Unterrichte zugegen, und über¬ zeugten ſich von den Fortſchritten. Mathilde nahm ich nicht nur ſehr gerne, ſondern viel lieber als früher zu unſern Spaziergängen mit. Ich ſprach mit ihr, ich erzählte ihr, ich zeigte ihr Gegenſtände, die an unſerm
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diſches Spiel, oder trieben Muſik. Alfred hatte gleich
Anfangs ſchon viel Zutrauen zu mir gezeigt, dieſes
Zutrauen war immer gewachſen, und war dann un¬
bedingt geworden. Er war ein vortrefflicher Knabe,
offen klar einfach gutmüthig lebendig, ohne doch
einem heftigen Zorne anheimzufallen, heiter unſchul¬
dig und folgſam. Er war jezt gegen neun Jahre
alt, entwickelte ſich ſtets fröhlicher, und gewann am
Geiſte ſowie am Körper. Mathilde wurde immer herr¬
licher, ſie war zulezt feiner als die Roſen an dem Gar¬
tenhauſe, zu denen wir ſehr gerne gingen. Ich liebte
beide Kinder unſäglich. Wenn Alfred Unterrichts¬
ſtunde hatte, war ich dabei, und leitete, und über¬
wachte ſie, ich überwachte ſein Lernen, und fragte ihn
immer um das Gelernte, damit er ſich bei dem Lehrer
keine Blöße gebe. Die Gegenſtände, die ich mit ihm
vornahm, vermehrte ich anſehnlich, ich ſuchte ſie
ihm recht gut beizubringen, und er lernte ſie auch
beſſer als früher bei andern Lehrern. Vater und Mut¬
ter waren oft bei dem Unterrichte zugegen, und über¬
zeugten ſich von den Fortſchritten. Mathilde nahm
ich nicht nur ſehr gerne, ſondern viel lieber als früher
zu unſern Spaziergängen mit. Ich ſprach mit ihr, ich
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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