Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

weberei, und besonders wurde der Abschnitt behan¬
delt, wie dieses Gewerbe aus dem fernsten Morgen¬
lande nach Sirien nach Arabien Egipten Bizanz dem
Pellopones nach Sicilien Spanien Italien und Frank¬
reich gekommen sei. Mein Gastfreund behauptete, daß
in der Anfertigung von jenen Prachtstoffen, die aus
Seide und Gold oder Silber bestanden, was die Fein¬
heit und Zartheit des Gewebes, was dessen Weich¬
heit verbunden mit mildem Glanze, gegen den die
heutigen Stoffe dieser Art in ihrer Steifheit und in
ihrem harten Schimmer stark abstehen, und was end¬
lich den Schwung die feine Zierlichkeit und die reiche
Einbildungskraft in den Zeichnungen betrift, die Zeit
des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts den
späteren Zeiten und besonders der unsrigen weit vor¬
zuziehen sei. Er habe zu spät angefangen, diesem
Zweige des Alterthumes, der beinahe ein Zweig der
Kunst sei, seine Aufmerksamkeit zu widmen. Eine
Sammlung solcher Stoffe müßte merkwürdig sein,
er könne aber keine mehr anlegen, da sie Reisen durch
ganz Europa ja durch nicht unbedeutende Theile von
Asien und Afrika vorausseze, und wahrscheinlich die
Kräfte eines einzelnen Mannes überschreite. Gesell¬
schaften oder der Staat könnten solche Sammlungen

weberei, und beſonders wurde der Abſchnitt behan¬
delt, wie dieſes Gewerbe aus dem fernſten Morgen¬
lande nach Sirien nach Arabien Egipten Bizanz dem
Pellopones nach Sicilien Spanien Italien und Frank¬
reich gekommen ſei. Mein Gaſtfreund behauptete, daß
in der Anfertigung von jenen Prachtſtoffen, die aus
Seide und Gold oder Silber beſtanden, was die Fein¬
heit und Zartheit des Gewebes, was deſſen Weich¬
heit verbunden mit mildem Glanze, gegen den die
heutigen Stoffe dieſer Art in ihrer Steifheit und in
ihrem harten Schimmer ſtark abſtehen, und was end¬
lich den Schwung die feine Zierlichkeit und die reiche
Einbildungskraft in den Zeichnungen betrift, die Zeit
des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts den
ſpäteren Zeiten und beſonders der unſrigen weit vor¬
zuziehen ſei. Er habe zu ſpät angefangen, dieſem
Zweige des Alterthumes, der beinahe ein Zweig der
Kunſt ſei, ſeine Aufmerkſamkeit zu widmen. Eine
Sammlung ſolcher Stoffe müßte merkwürdig ſein,
er könne aber keine mehr anlegen, da ſie Reiſen durch
ganz Europa ja durch nicht unbedeutende Theile von
Aſien und Afrika vorausſeze, und wahrſcheinlich die
Kräfte eines einzelnen Mannes überſchreite. Geſell¬
ſchaften oder der Staat könnten ſolche Sammlungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="202"/>
weberei, und be&#x017F;onders wurde der Ab&#x017F;chnitt behan¬<lb/>
delt, wie die&#x017F;es Gewerbe aus dem fern&#x017F;ten Morgen¬<lb/>
lande nach Sirien nach Arabien Egipten Bizanz dem<lb/>
Pellopones nach Sicilien Spanien Italien und Frank¬<lb/>
reich gekommen &#x017F;ei. Mein Ga&#x017F;tfreund behauptete, daß<lb/>
in der Anfertigung von jenen Pracht&#x017F;toffen, die aus<lb/>
Seide und Gold oder Silber be&#x017F;tanden, was die Fein¬<lb/>
heit und Zartheit des Gewebes, was de&#x017F;&#x017F;en Weich¬<lb/>
heit verbunden mit mildem Glanze, gegen den die<lb/>
heutigen Stoffe die&#x017F;er Art in ihrer Steifheit und in<lb/>
ihrem harten Schimmer &#x017F;tark ab&#x017F;tehen, und was end¬<lb/>
lich den Schwung die feine Zierlichkeit und die reiche<lb/>
Einbildungskraft in den Zeichnungen betrift, die Zeit<lb/>
des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts den<lb/>
&#x017F;päteren Zeiten und be&#x017F;onders der un&#x017F;rigen weit vor¬<lb/>
zuziehen &#x017F;ei. Er habe zu &#x017F;pät angefangen, die&#x017F;em<lb/>
Zweige des Alterthumes, der beinahe ein Zweig der<lb/>
Kun&#x017F;t &#x017F;ei, &#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit zu widmen. Eine<lb/>
Sammlung &#x017F;olcher Stoffe müßte merkwürdig &#x017F;ein,<lb/>
er könne aber keine mehr anlegen, da &#x017F;ie Rei&#x017F;en durch<lb/>
ganz Europa ja durch nicht unbedeutende Theile von<lb/>
A&#x017F;ien und Afrika voraus&#x017F;eze, und wahr&#x017F;cheinlich die<lb/>
Kräfte eines einzelnen Mannes über&#x017F;chreite. Ge&#x017F;ell¬<lb/>
&#x017F;chaften oder der Staat könnten &#x017F;olche Sammlungen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0216] weberei, und beſonders wurde der Abſchnitt behan¬ delt, wie dieſes Gewerbe aus dem fernſten Morgen¬ lande nach Sirien nach Arabien Egipten Bizanz dem Pellopones nach Sicilien Spanien Italien und Frank¬ reich gekommen ſei. Mein Gaſtfreund behauptete, daß in der Anfertigung von jenen Prachtſtoffen, die aus Seide und Gold oder Silber beſtanden, was die Fein¬ heit und Zartheit des Gewebes, was deſſen Weich¬ heit verbunden mit mildem Glanze, gegen den die heutigen Stoffe dieſer Art in ihrer Steifheit und in ihrem harten Schimmer ſtark abſtehen, und was end¬ lich den Schwung die feine Zierlichkeit und die reiche Einbildungskraft in den Zeichnungen betrift, die Zeit des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts den ſpäteren Zeiten und beſonders der unſrigen weit vor¬ zuziehen ſei. Er habe zu ſpät angefangen, dieſem Zweige des Alterthumes, der beinahe ein Zweig der Kunſt ſei, ſeine Aufmerkſamkeit zu widmen. Eine Sammlung ſolcher Stoffe müßte merkwürdig ſein, er könne aber keine mehr anlegen, da ſie Reiſen durch ganz Europa ja durch nicht unbedeutende Theile von Aſien und Afrika vorausſeze, und wahrſcheinlich die Kräfte eines einzelnen Mannes überſchreite. Geſell¬ ſchaften oder der Staat könnten ſolche Sammlungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/216
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/216>, abgerufen am 22.11.2024.