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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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einen Gang zu gewinnen, der im südlichen Theile
des Schlosses in der Länge desselben dahin läuft.
Seine Fenster münden in den Hof, und von ihm
gehen Thüren in die gegen Mittag liegenden Zim¬
mer Mathildens und Nataliens. Diese Thüren,
einst vielleicht zum Gebrauche für Gäste bestimmt,
waren jezt meistens geschlossen, weil die Verbindung
im Innern der Zimmer hergestellt war. Ich hatte den
Gang darum aufgesucht, weil er an der Westseite des
Schlosses zu einer kleinen Treppe führt, die abwärts
geht, und in ein Pförtchen endet, das gewöhnlich
des Morgens geöffnet wurde, und durch das man
unmittelbar in die Felder auf breite trockene Wege ge¬
langen konnte, die den Wanderer unbemerkter ins
Weite führen, als es durch den Hauptausgang des
Schlosses möglich gewesen wäre. Die Bewohnerin¬
nen der Zimmer, die an den Gang stießen, glaubte
ich darum nicht stören zu können, weil das Stein¬
pflaster des Ganges seiner ganzen Länge nach mit
einem weichen Teppiche belegt war, der keine Tritte
hören ließ. Außerdem hatte die Sonne auch bereits
einen so hohen Morgenbogen zurückgelegt, daß zu
vermuthen war, daß alle im Schlosse schon längst
aufgestanden sein würden.

einen Gang zu gewinnen, der im ſüdlichen Theile
des Schloſſes in der Länge deſſelben dahin läuft.
Seine Fenſter münden in den Hof, und von ihm
gehen Thüren in die gegen Mittag liegenden Zim¬
mer Mathildens und Nataliens. Dieſe Thüren,
einſt vielleicht zum Gebrauche für Gäſte beſtimmt,
waren jezt meiſtens geſchloſſen, weil die Verbindung
im Innern der Zimmer hergeſtellt war. Ich hatte den
Gang darum aufgeſucht, weil er an der Weſtſeite des
Schloſſes zu einer kleinen Treppe führt, die abwärts
geht, und in ein Pförtchen endet, das gewöhnlich
des Morgens geöffnet wurde, und durch das man
unmittelbar in die Felder auf breite trockene Wege ge¬
langen konnte, die den Wanderer unbemerkter ins
Weite führen, als es durch den Hauptausgang des
Schloſſes möglich geweſen wäre. Die Bewohnerin¬
nen der Zimmer, die an den Gang ſtießen, glaubte
ich darum nicht ſtören zu können, weil das Stein¬
pflaſter des Ganges ſeiner ganzen Länge nach mit
einem weichen Teppiche belegt war, der keine Tritte
hören ließ. Außerdem hatte die Sonne auch bereits
einen ſo hohen Morgenbogen zurückgelegt, daß zu
vermuthen war, daß alle im Schloſſe ſchon längſt
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[7/0021] einen Gang zu gewinnen, der im ſüdlichen Theile des Schloſſes in der Länge deſſelben dahin läuft. Seine Fenſter münden in den Hof, und von ihm gehen Thüren in die gegen Mittag liegenden Zim¬ mer Mathildens und Nataliens. Dieſe Thüren, einſt vielleicht zum Gebrauche für Gäſte beſtimmt, waren jezt meiſtens geſchloſſen, weil die Verbindung im Innern der Zimmer hergeſtellt war. Ich hatte den Gang darum aufgeſucht, weil er an der Weſtſeite des Schloſſes zu einer kleinen Treppe führt, die abwärts geht, und in ein Pförtchen endet, das gewöhnlich des Morgens geöffnet wurde, und durch das man unmittelbar in die Felder auf breite trockene Wege ge¬ langen konnte, die den Wanderer unbemerkter ins Weite führen, als es durch den Hauptausgang des Schloſſes möglich geweſen wäre. Die Bewohnerin¬ nen der Zimmer, die an den Gang ſtießen, glaubte ich darum nicht ſtören zu können, weil das Stein¬ pflaſter des Ganges ſeiner ganzen Länge nach mit einem weichen Teppiche belegt war, der keine Tritte hören ließ. Außerdem hatte die Sonne auch bereits einen ſo hohen Morgenbogen zurückgelegt, daß zu vermuthen war, daß alle im Schloſſe ſchon längſt aufgeſtanden ſein würden.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/21>, abgerufen am 28.03.2024.