sie begießen, wie ich heute erfuhr, aber nirgends konnte der Wind ein Stämmchen oder einen Zweig lostren¬ nen, und mit ihm spielen, oder ihn zerren. Die ganze Wand des Hauses war auch im Übrigen unversehrt, und der Regen, der gegen dieselbe anschlug, konnte ihr nichts anhaben. Ich ging von dem Sandplaze über den Hügel hinunter. Der Schnee hatte schon die Gewalt des Regens verspürt, welcher ziemlich warm war. Die weiche sanfte und flaumige Gestalt war verloren gegangen, etwas Glattes und Eisiges hatte sich eingestellt, und hie und da standen gezackte Eis¬ trümmer gleichsam wie zerfressen da. Das Wasser rann in Schneefurchen, die es gewühlt hatte, nieder, und an offenen Stellen, wo es durch die löcherichte Beschaffenheit des Schnees nicht verschluckt wurde, rieselte es über die Gräser hinab. Ich ging ohne auf einen Weg zu achten, durch den wässerigen Schnee fort. In der Tiefe des Thales lenkte ich gegen Osten. Ich ging eine Strecke fort, ging dort über die Wiesen, und ließ das Schauspiel auf mich wirken. Es war fast herrlich wie der Wind, welcher den Schnee nicht mehr heben konnte, den Regen auf ihn nieder jagte, wie schon Stellen blos lagen, wie die grauen Schleier gleichsam bänderweise nieder rollten, und wie die trüben
ſie begießen, wie ich heute erfuhr, aber nirgends konnte der Wind ein Stämmchen oder einen Zweig loſtren¬ nen, und mit ihm ſpielen, oder ihn zerren. Die ganze Wand des Hauſes war auch im Übrigen unverſehrt, und der Regen, der gegen dieſelbe anſchlug, konnte ihr nichts anhaben. Ich ging von dem Sandplaze über den Hügel hinunter. Der Schnee hatte ſchon die Gewalt des Regens verſpürt, welcher ziemlich warm war. Die weiche ſanfte und flaumige Geſtalt war verloren gegangen, etwas Glattes und Eiſiges hatte ſich eingeſtellt, und hie und da ſtanden gezackte Eis¬ trümmer gleichſam wie zerfreſſen da. Das Waſſer rann in Schneefurchen, die es gewühlt hatte, nieder, und an offenen Stellen, wo es durch die löcherichte Beſchaffenheit des Schnees nicht verſchluckt wurde, rieſelte es über die Gräſer hinab. Ich ging ohne auf einen Weg zu achten, durch den wäſſerigen Schnee fort. In der Tiefe des Thales lenkte ich gegen Oſten. Ich ging eine Strecke fort, ging dort über die Wieſen, und ließ das Schauſpiel auf mich wirken. Es war faſt herrlich wie der Wind, welcher den Schnee nicht mehr heben konnte, den Regen auf ihn nieder jagte, wie ſchon Stellen blos lagen, wie die grauen Schleier gleichſam bänderweiſe nieder rollten, und wie die trüben
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0199"n="185"/>ſie begießen, wie ich heute erfuhr, aber nirgends konnte<lb/>
der Wind ein Stämmchen oder einen Zweig loſtren¬<lb/>
nen, und mit ihm ſpielen, oder ihn zerren. Die ganze<lb/>
Wand des Hauſes war auch im Übrigen unverſehrt,<lb/>
und der Regen, der gegen dieſelbe anſchlug, konnte<lb/>
ihr nichts anhaben. Ich ging von dem Sandplaze<lb/>
über den Hügel hinunter. Der Schnee hatte ſchon die<lb/>
Gewalt des Regens verſpürt, welcher ziemlich warm<lb/>
war. Die weiche ſanfte und flaumige Geſtalt war<lb/>
verloren gegangen, etwas Glattes und Eiſiges hatte<lb/>ſich eingeſtellt, und hie und da ſtanden gezackte Eis¬<lb/>
trümmer gleichſam wie zerfreſſen da. Das Waſſer<lb/>
rann in Schneefurchen, die es gewühlt hatte, nieder,<lb/>
und an offenen Stellen, wo es durch die löcherichte<lb/>
Beſchaffenheit des Schnees nicht verſchluckt wurde,<lb/>
rieſelte es über die Gräſer hinab. Ich ging ohne auf<lb/>
einen Weg zu achten, durch den wäſſerigen Schnee<lb/>
fort. In der Tiefe des Thales lenkte ich gegen Oſten.<lb/>
Ich ging eine Strecke fort, ging dort über die Wieſen,<lb/>
und ließ das Schauſpiel auf mich wirken. Es war faſt<lb/>
herrlich wie der Wind, welcher den Schnee nicht mehr<lb/>
heben konnte, den Regen auf ihn nieder jagte, wie<lb/>ſchon Stellen blos lagen, wie die grauen Schleier<lb/>
gleichſam bänderweiſe nieder rollten, und wie die trüben<lb/></p></div></body></text></TEI>
[185/0199]
ſie begießen, wie ich heute erfuhr, aber nirgends konnte
der Wind ein Stämmchen oder einen Zweig loſtren¬
nen, und mit ihm ſpielen, oder ihn zerren. Die ganze
Wand des Hauſes war auch im Übrigen unverſehrt,
und der Regen, der gegen dieſelbe anſchlug, konnte
ihr nichts anhaben. Ich ging von dem Sandplaze
über den Hügel hinunter. Der Schnee hatte ſchon die
Gewalt des Regens verſpürt, welcher ziemlich warm
war. Die weiche ſanfte und flaumige Geſtalt war
verloren gegangen, etwas Glattes und Eiſiges hatte
ſich eingeſtellt, und hie und da ſtanden gezackte Eis¬
trümmer gleichſam wie zerfreſſen da. Das Waſſer
rann in Schneefurchen, die es gewühlt hatte, nieder,
und an offenen Stellen, wo es durch die löcherichte
Beſchaffenheit des Schnees nicht verſchluckt wurde,
rieſelte es über die Gräſer hinab. Ich ging ohne auf
einen Weg zu achten, durch den wäſſerigen Schnee
fort. In der Tiefe des Thales lenkte ich gegen Oſten.
Ich ging eine Strecke fort, ging dort über die Wieſen,
und ließ das Schauſpiel auf mich wirken. Es war faſt
herrlich wie der Wind, welcher den Schnee nicht mehr
heben konnte, den Regen auf ihn nieder jagte, wie
ſchon Stellen blos lagen, wie die grauen Schleier
gleichſam bänderweiſe nieder rollten, und wie die trüben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/199>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.