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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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heraus nahm, die sie in den verschiedenen Ortschaften
zu Geschenken und Erinnerungen gekauft oder an man¬
cherlei Wanderstellen gesammelt hatte. Ich war eben¬
falls mit in ihr Zimmer gegangen, und als wir ge¬
raume Weile bei ihr gewesen waren, entfernten wir
uns, und überließen sie einer nothwendigen Ruhe.

Nun folgte für Klotilden fast eine Zeit der Be¬
täubung, sie beschrieb, sie erzählte wieder, sie sezte sich
vor Zeichnungen hin, blätterte in ihnen, oder zeich¬
nete selber, und suchte in der Erinnerung Gesehenes
nachzubilden.

Aber auch für mich war diese Reise nicht ohne
Erfolg gewesen. Was ich halb im Scherze halb im
Ernste gesagt hatte, daß ich durch diese Reise zu einer
größeren Ruhe kommen werde, ist in Wirklichkeit ein¬
getroffen. Klotilde, welche alle die Gegenstände, die
mir längst bekannt waren, mit neuen Augen ange¬
schaut, welche alles so frisch, so klar und so tief in ihr
Gemüth aufgenommen hatte, hatte meine Gedanken
auf sich gelenkt, hatte mir selber etwas Frisches und
Ursprüngliches gegeben, und mir Freude über ihre
Freude mitgetheilt, so daß ich gleichsam gestärkter und
befestigter über meine Beziehungen nachdenken, und sie
mir gewissermassen vor mir selber zurecht legen konnte.

heraus nahm, die ſie in den verſchiedenen Ortſchaften
zu Geſchenken und Erinnerungen gekauft oder an man¬
cherlei Wanderſtellen geſammelt hatte. Ich war eben¬
falls mit in ihr Zimmer gegangen, und als wir ge¬
raume Weile bei ihr geweſen waren, entfernten wir
uns, und überließen ſie einer nothwendigen Ruhe.

Nun folgte für Klotilden faſt eine Zeit der Be¬
täubung, ſie beſchrieb, ſie erzählte wieder, ſie ſezte ſich
vor Zeichnungen hin, blätterte in ihnen, oder zeich¬
nete ſelber, und ſuchte in der Erinnerung Geſehenes
nachzubilden.

Aber auch für mich war dieſe Reiſe nicht ohne
Erfolg geweſen. Was ich halb im Scherze halb im
Ernſte geſagt hatte, daß ich durch dieſe Reiſe zu einer
größeren Ruhe kommen werde, iſt in Wirklichkeit ein¬
getroffen. Klotilde, welche alle die Gegenſtände, die
mir längſt bekannt waren, mit neuen Augen ange¬
ſchaut, welche alles ſo friſch, ſo klar und ſo tief in ihr
Gemüth aufgenommen hatte, hatte meine Gedanken
auf ſich gelenkt, hatte mir ſelber etwas Friſches und
Urſprüngliches gegeben, und mir Freude über ihre
Freude mitgetheilt, ſo daß ich gleichſam geſtärkter und
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[142/0156] heraus nahm, die ſie in den verſchiedenen Ortſchaften zu Geſchenken und Erinnerungen gekauft oder an man¬ cherlei Wanderſtellen geſammelt hatte. Ich war eben¬ falls mit in ihr Zimmer gegangen, und als wir ge¬ raume Weile bei ihr geweſen waren, entfernten wir uns, und überließen ſie einer nothwendigen Ruhe. Nun folgte für Klotilden faſt eine Zeit der Be¬ täubung, ſie beſchrieb, ſie erzählte wieder, ſie ſezte ſich vor Zeichnungen hin, blätterte in ihnen, oder zeich¬ nete ſelber, und ſuchte in der Erinnerung Geſehenes nachzubilden. Aber auch für mich war dieſe Reiſe nicht ohne Erfolg geweſen. Was ich halb im Scherze halb im Ernſte geſagt hatte, daß ich durch dieſe Reiſe zu einer größeren Ruhe kommen werde, iſt in Wirklichkeit ein¬ getroffen. Klotilde, welche alle die Gegenſtände, die mir längſt bekannt waren, mit neuen Augen ange¬ ſchaut, welche alles ſo friſch, ſo klar und ſo tief in ihr Gemüth aufgenommen hatte, hatte meine Gedanken auf ſich gelenkt, hatte mir ſelber etwas Friſches und Urſprüngliches gegeben, und mir Freude über ihre Freude mitgetheilt, ſo daß ich gleichſam geſtärkter und befeſtigter über meine Beziehungen nachdenken, und ſie mir gewiſſermaſſen vor mir ſelber zurecht legen konnte.

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/156>, abgerufen am 24.11.2024.