Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir kamen am zweiten Tage in dem Asperhofe
an, und ich sagte, daß ich nun nicht mehr lange da
verweilen könne. Mein Gastfreund erwiederte, daß
er in einigen Tagen in den Sternenhof fahren werde,
daß er mich einlade, ihn zu begleiten, und daß ich bis
dahin noch bei ihm bleiben möge.

Ich erklärte, daß bei mir wohl einige Tage keinen
wesentlichen Unterschied machten, daß ich aber doch
wünsche, bald zu meinen Eltern zurückkehren zu können.

So war der Abend vor der Abreise in den Sternen¬
hof gekommen, und mein Gastfreund sagte an dem¬
selben in einem gelegenen Augenblicke zu mir: "Ihr
tretet nun zu jemandem, der mir nahe ist, in ein
inniges Verhältniß; es ist billig, daß ihr alles wisset,
wie es in dem Sternenhofe ist, und in welchen Be¬
ziehungen ich zu demselben stehe. Ich werde euch
alles darlegen. Damit ihr aber in noch viel größerer
Ruhe seid, und mit Klarheit das Mitgetheilte auf¬
nehmen könnet, so werde ich es euch erzählen, wenn
ihr wieder in den Asperhof kommt. Ihr werdet jezt
zu euren Eltern gehen, wie ihr sagt, um ihnen zu
berichten, wie ihr aufgenommen worden seid, und wie
die Angelegenheit steht. Wenn ihr dann nach eurem
beliebigen Willen wieder zu mir kommt, sei es zu

Wir kamen am zweiten Tage in dem Asperhofe
an, und ich ſagte, daß ich nun nicht mehr lange da
verweilen könne. Mein Gaſtfreund erwiederte, daß
er in einigen Tagen in den Sternenhof fahren werde,
daß er mich einlade, ihn zu begleiten, und daß ich bis
dahin noch bei ihm bleiben möge.

Ich erklärte, daß bei mir wohl einige Tage keinen
weſentlichen Unterſchied machten, daß ich aber doch
wünſche, bald zu meinen Eltern zurückkehren zu können.

So war der Abend vor der Abreiſe in den Sternen¬
hof gekommen, und mein Gaſtfreund ſagte an dem¬
ſelben in einem gelegenen Augenblicke zu mir: „Ihr
tretet nun zu jemandem, der mir nahe iſt, in ein
inniges Verhältniß; es iſt billig, daß ihr alles wiſſet,
wie es in dem Sternenhofe iſt, und in welchen Be¬
ziehungen ich zu demſelben ſtehe. Ich werde euch
alles darlegen. Damit ihr aber in noch viel größerer
Ruhe ſeid, und mit Klarheit das Mitgetheilte auf¬
nehmen könnet, ſo werde ich es euch erzählen, wenn
ihr wieder in den Asperhof kommt. Ihr werdet jezt
zu euren Eltern gehen, wie ihr ſagt, um ihnen zu
berichten, wie ihr aufgenommen worden ſeid, und wie
die Angelegenheit ſteht. Wenn ihr dann nach eurem
beliebigen Willen wieder zu mir kommt, ſei es zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0112" n="98"/>
        <p>Wir kamen am zweiten Tage in dem Asperhofe<lb/>
an, und ich &#x017F;agte, daß ich nun nicht mehr lange da<lb/>
verweilen könne. Mein Ga&#x017F;tfreund erwiederte, daß<lb/>
er in einigen Tagen in den Sternenhof fahren werde,<lb/>
daß er mich einlade, ihn zu begleiten, und daß ich bis<lb/>
dahin noch bei ihm bleiben möge.</p><lb/>
        <p>Ich erklärte, daß bei mir wohl einige Tage keinen<lb/>
we&#x017F;entlichen Unter&#x017F;chied machten, daß ich aber doch<lb/>
wün&#x017F;che, bald zu meinen Eltern zurückkehren zu können.</p><lb/>
        <p>So war der Abend vor der Abrei&#x017F;e in den Sternen¬<lb/>
hof gekommen, und mein Ga&#x017F;tfreund &#x017F;agte an dem¬<lb/>
&#x017F;elben in einem gelegenen Augenblicke zu mir: &#x201E;Ihr<lb/>
tretet nun zu jemandem, der mir nahe i&#x017F;t, in ein<lb/>
inniges Verhältniß; es i&#x017F;t billig, daß ihr alles wi&#x017F;&#x017F;et,<lb/>
wie es in dem Sternenhofe i&#x017F;t, und in welchen Be¬<lb/>
ziehungen ich zu dem&#x017F;elben &#x017F;tehe. Ich werde euch<lb/>
alles darlegen. Damit ihr aber in noch viel größerer<lb/>
Ruhe &#x017F;eid, und mit Klarheit das Mitgetheilte auf¬<lb/>
nehmen könnet, &#x017F;o werde ich es euch erzählen, wenn<lb/>
ihr wieder in den Asperhof kommt. Ihr werdet jezt<lb/>
zu euren Eltern gehen, wie ihr &#x017F;agt, um ihnen zu<lb/>
berichten, wie ihr aufgenommen worden &#x017F;eid, und wie<lb/>
die Angelegenheit &#x017F;teht. Wenn ihr dann nach eurem<lb/>
beliebigen Willen wieder zu mir kommt, &#x017F;ei es zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0112] Wir kamen am zweiten Tage in dem Asperhofe an, und ich ſagte, daß ich nun nicht mehr lange da verweilen könne. Mein Gaſtfreund erwiederte, daß er in einigen Tagen in den Sternenhof fahren werde, daß er mich einlade, ihn zu begleiten, und daß ich bis dahin noch bei ihm bleiben möge. Ich erklärte, daß bei mir wohl einige Tage keinen weſentlichen Unterſchied machten, daß ich aber doch wünſche, bald zu meinen Eltern zurückkehren zu können. So war der Abend vor der Abreiſe in den Sternen¬ hof gekommen, und mein Gaſtfreund ſagte an dem¬ ſelben in einem gelegenen Augenblicke zu mir: „Ihr tretet nun zu jemandem, der mir nahe iſt, in ein inniges Verhältniß; es iſt billig, daß ihr alles wiſſet, wie es in dem Sternenhofe iſt, und in welchen Be¬ ziehungen ich zu demſelben ſtehe. Ich werde euch alles darlegen. Damit ihr aber in noch viel größerer Ruhe ſeid, und mit Klarheit das Mitgetheilte auf¬ nehmen könnet, ſo werde ich es euch erzählen, wenn ihr wieder in den Asperhof kommt. Ihr werdet jezt zu euren Eltern gehen, wie ihr ſagt, um ihnen zu berichten, wie ihr aufgenommen worden ſeid, und wie die Angelegenheit ſteht. Wenn ihr dann nach eurem beliebigen Willen wieder zu mir kommt, ſei es zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/112
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/112>, abgerufen am 25.11.2024.