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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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ihre Lippen, zum Zeichen der ewigen Vereinigung und
der unbegrenzten Liebe. Sie schlang auch ihre Arme
um meinen Hals, und erwiederte den Kuß zu gleichem
Zeichen der Einheit und der Liebe. Mir war in diesem
Augenblicke, daß Natalie nun meiner Treue und Güte
hingegeben, daß sie ein Leben eins mit meinem Leben
sei. Ich schwor mir, mit allem, was groß gut schön
und stark in mir ist, zu streben, ihre Zukunft zu
schmücken, und sie so glücklich zu machen, als es nur
in meiner Macht ist, und erreicht werden kann.

Wir saßen nun schweigend neben einander, wir
konnten nicht sprechen, und drückten uns nur die
Hände als Bestättigung des geschloßnen Bundes
und des innigsten Verständnisses.

Da eine Zeit vergangen war, sagte endlich Nata¬
lie: "Mein Freund, wir haben uns der Fortdauer
und der Unaufhörlichkeit unserer Neigung versichert,
und diese Neigung wird auch dauern; aber was nun
geschehen, und wie sich alles Andere gestalten wird,
das hängt von unsern Angehörigen ab, von meiner
Mutter, und von euren Eltern."

"Sie werden unser Glück mit Wohlwollen an¬
sehen."

"Ich hoffe es auch; aber wenn ich das vollste

ihre Lippen, zum Zeichen der ewigen Vereinigung und
der unbegrenzten Liebe. Sie ſchlang auch ihre Arme
um meinen Hals, und erwiederte den Kuß zu gleichem
Zeichen der Einheit und der Liebe. Mir war in dieſem
Augenblicke, daß Natalie nun meiner Treue und Güte
hingegeben, daß ſie ein Leben eins mit meinem Leben
ſei. Ich ſchwor mir, mit allem, was groß gut ſchön
und ſtark in mir iſt, zu ſtreben, ihre Zukunft zu
ſchmücken, und ſie ſo glücklich zu machen, als es nur
in meiner Macht iſt, und erreicht werden kann.

Wir ſaßen nun ſchweigend neben einander, wir
konnten nicht ſprechen, und drückten uns nur die
Hände als Beſtättigung des geſchloßnen Bundes
und des innigſten Verſtändniſſes.

Da eine Zeit vergangen war, ſagte endlich Nata¬
lie: „Mein Freund, wir haben uns der Fortdauer
und der Unaufhörlichkeit unſerer Neigung verſichert,
und dieſe Neigung wird auch dauern; aber was nun
geſchehen, und wie ſich alles Andere geſtalten wird,
das hängt von unſern Angehörigen ab, von meiner
Mutter, und von euren Eltern.“

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ſehen.“

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[415/0429] ihre Lippen, zum Zeichen der ewigen Vereinigung und der unbegrenzten Liebe. Sie ſchlang auch ihre Arme um meinen Hals, und erwiederte den Kuß zu gleichem Zeichen der Einheit und der Liebe. Mir war in dieſem Augenblicke, daß Natalie nun meiner Treue und Güte hingegeben, daß ſie ein Leben eins mit meinem Leben ſei. Ich ſchwor mir, mit allem, was groß gut ſchön und ſtark in mir iſt, zu ſtreben, ihre Zukunft zu ſchmücken, und ſie ſo glücklich zu machen, als es nur in meiner Macht iſt, und erreicht werden kann. Wir ſaßen nun ſchweigend neben einander, wir konnten nicht ſprechen, und drückten uns nur die Hände als Beſtättigung des geſchloßnen Bundes und des innigſten Verſtändniſſes. Da eine Zeit vergangen war, ſagte endlich Nata¬ lie: „Mein Freund, wir haben uns der Fortdauer und der Unaufhörlichkeit unſerer Neigung verſichert, und dieſe Neigung wird auch dauern; aber was nun geſchehen, und wie ſich alles Andere geſtalten wird, das hängt von unſern Angehörigen ab, von meiner Mutter, und von euren Eltern.“ „Sie werden unſer Glück mit Wohlwollen an¬ ſehen.“ „Ich hoffe es auch; aber wenn ich das vollſte

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/429>, abgerufen am 06.05.2024.