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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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in der erquickenden Luft zu machen, oder gelegentlich
auch stille stehend oder auf einer Ruhebank sizend die
weite Gegend um mich herum zu betrachten. Oft,
wenn ich die Pinsel gereinigt und all das unter Tags
gebrauchte Malergeräthe geordnet und an seinen Plaz
gelegt hatte, saß ich unter den alten hohen Linden im
Garten, und dachte nach, bis das späte Abenroth
durch die Blätter derselben herein fiel, und die Schat¬
ten auf dem Sandboden so tief geworden waren, daß
man die kleinen Gegenstände, die auf diesem Boden
lagen, nicht mehr sehen konnte. Noch öfter aber war
ich auf dem Plaze hinter der Epheuwand, von wel¬
chem aus das Schloß in die großen Eichen einge¬
rahmt zu erblicken war, und neben und hinter dem
Schlosse sich die Gegend und die Berge zeigten. Es
war die Stille des Landes, wenn der heitere Spät¬
himmel sich über das Schloß hinzog, wenn die Spizen
von dessen Dachfähnchen glänzten, sich in Ruhe das
Grün herum lagerte, und das Blau der Berge immer
sanfter wurde. Zuweilen in besonders heißen Tagen
ging ich auch in die Grotte, in welcher die Marmor¬
nimphe war, freute mich der Kühle, die da herrschte,
sah das gleiche Rinnen des Wassers und sah den glei¬
chen Marmor, auf dem nur zuweilen ein Lichtchen

in der erquickenden Luft zu machen, oder gelegentlich
auch ſtille ſtehend oder auf einer Ruhebank ſizend die
weite Gegend um mich herum zu betrachten. Oft,
wenn ich die Pinſel gereinigt und all das unter Tags
gebrauchte Malergeräthe geordnet und an ſeinen Plaz
gelegt hatte, ſaß ich unter den alten hohen Linden im
Garten, und dachte nach, bis das ſpäte Abenroth
durch die Blätter derſelben herein fiel, und die Schat¬
ten auf dem Sandboden ſo tief geworden waren, daß
man die kleinen Gegenſtände, die auf dieſem Boden
lagen, nicht mehr ſehen konnte. Noch öfter aber war
ich auf dem Plaze hinter der Epheuwand, von wel¬
chem aus das Schloß in die großen Eichen einge¬
rahmt zu erblicken war, und neben und hinter dem
Schloſſe ſich die Gegend und die Berge zeigten. Es
war die Stille des Landes, wenn der heitere Spät¬
himmel ſich über das Schloß hinzog, wenn die Spizen
von deſſen Dachfähnchen glänzten, ſich in Ruhe das
Grün herum lagerte, und das Blau der Berge immer
ſanfter wurde. Zuweilen in beſonders heißen Tagen
ging ich auch in die Grotte, in welcher die Marmor¬
nimphe war, freute mich der Kühle, die da herrſchte,
ſah das gleiche Rinnen des Waſſers und ſah den glei¬
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[26/0040] in der erquickenden Luft zu machen, oder gelegentlich auch ſtille ſtehend oder auf einer Ruhebank ſizend die weite Gegend um mich herum zu betrachten. Oft, wenn ich die Pinſel gereinigt und all das unter Tags gebrauchte Malergeräthe geordnet und an ſeinen Plaz gelegt hatte, ſaß ich unter den alten hohen Linden im Garten, und dachte nach, bis das ſpäte Abenroth durch die Blätter derſelben herein fiel, und die Schat¬ ten auf dem Sandboden ſo tief geworden waren, daß man die kleinen Gegenſtände, die auf dieſem Boden lagen, nicht mehr ſehen konnte. Noch öfter aber war ich auf dem Plaze hinter der Epheuwand, von wel¬ chem aus das Schloß in die großen Eichen einge¬ rahmt zu erblicken war, und neben und hinter dem Schloſſe ſich die Gegend und die Berge zeigten. Es war die Stille des Landes, wenn der heitere Spät¬ himmel ſich über das Schloß hinzog, wenn die Spizen von deſſen Dachfähnchen glänzten, ſich in Ruhe das Grün herum lagerte, und das Blau der Berge immer ſanfter wurde. Zuweilen in beſonders heißen Tagen ging ich auch in die Grotte, in welcher die Marmor¬ nimphe war, freute mich der Kühle, die da herrſchte, ſah das gleiche Rinnen des Waſſers und ſah den glei¬ chen Marmor, auf dem nur zuweilen ein Lichtchen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/40>, abgerufen am 24.04.2024.