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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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eines, weil er das ihrige theilte. Er verwaltete aber
von jeher die Besizungen sehr einsichtig. Die Till¬
burg stammt von ihm. Einer von den jungen Män¬
nern, die im Gesellschaftszimmer waren, der schlanke
Mann mit den lebhaften dunkeln Augen ist der
Sohn und zwar das einzige Kind dieser Eheleute,
er ist gut erzogen worden, und man kann nicht wis¬
sen, ob von Tillburg her nicht zartere Beziehungen
zu dem Sternenhofe gewünscht werden.

Gustav machte bei diesen Worten eine leichte Sei¬
tenbewegung gegen Roland, sah ihn an, sagte aber
nichts.

Ich erinnerte mich der Tillburg, die ich sehr gut
kannte aber nie betreten hatte. Ich war öfter in ihrer
Nähe vorüber gekommen, und hatte die vier runden
Thürme an ihren vier Ecken, denen man in der neue¬
ren Zeit eine lichte Farbe gegeben hatte, eine Tünche,
wie man sie gerade jezt von dem Sternenhofe wieder
weg haben will, nicht angenehm empfunden, wie sie
sich so scharf von dem Grün der nahen Bäume und
dem Blau der fernen Berge und des Himmels abho¬
ben, welchen lezteren sie beinahe finster machten.

"Der kleinere Mann mit den weißen Haaren, der
in der Nähe des mittleren Fensters gesessen und öfter

eines, weil er das ihrige theilte. Er verwaltete aber
von jeher die Beſizungen ſehr einſichtig. Die Till¬
burg ſtammt von ihm. Einer von den jungen Män¬
nern, die im Geſellſchaftszimmer waren, der ſchlanke
Mann mit den lebhaften dunkeln Augen iſt der
Sohn und zwar das einzige Kind dieſer Eheleute,
er iſt gut erzogen worden, und man kann nicht wiſ¬
ſen, ob von Tillburg her nicht zartere Beziehungen
zu dem Sternenhofe gewünſcht werden.

Guſtav machte bei dieſen Worten eine leichte Sei¬
tenbewegung gegen Roland, ſah ihn an, ſagte aber
nichts.

Ich erinnerte mich der Tillburg, die ich ſehr gut
kannte aber nie betreten hatte. Ich war öfter in ihrer
Nähe vorüber gekommen, und hatte die vier runden
Thürme an ihren vier Ecken, denen man in der neue¬
ren Zeit eine lichte Farbe gegeben hatte, eine Tünche,
wie man ſie gerade jezt von dem Sternenhofe wieder
weg haben will, nicht angenehm empfunden, wie ſie
ſich ſo ſcharf von dem Grün der nahen Bäume und
dem Blau der fernen Berge und des Himmels abho¬
ben, welchen lezteren ſie beinahe finſter machten.

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[332/0346] eines, weil er das ihrige theilte. Er verwaltete aber von jeher die Beſizungen ſehr einſichtig. Die Till¬ burg ſtammt von ihm. Einer von den jungen Män¬ nern, die im Geſellſchaftszimmer waren, der ſchlanke Mann mit den lebhaften dunkeln Augen iſt der Sohn und zwar das einzige Kind dieſer Eheleute, er iſt gut erzogen worden, und man kann nicht wiſ¬ ſen, ob von Tillburg her nicht zartere Beziehungen zu dem Sternenhofe gewünſcht werden. Guſtav machte bei dieſen Worten eine leichte Sei¬ tenbewegung gegen Roland, ſah ihn an, ſagte aber nichts. Ich erinnerte mich der Tillburg, die ich ſehr gut kannte aber nie betreten hatte. Ich war öfter in ihrer Nähe vorüber gekommen, und hatte die vier runden Thürme an ihren vier Ecken, denen man in der neue¬ ren Zeit eine lichte Farbe gegeben hatte, eine Tünche, wie man ſie gerade jezt von dem Sternenhofe wieder weg haben will, nicht angenehm empfunden, wie ſie ſich ſo ſcharf von dem Grün der nahen Bäume und dem Blau der fernen Berge und des Himmels abho¬ ben, welchen lezteren ſie beinahe finſter machten. „Der kleinere Mann mit den weißen Haaren, der in der Nähe des mittleren Fenſters geſeſſen und öfter

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/346>, abgerufen am 22.11.2024.