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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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ihrem gewöhnlichen Hausanzuge. Mein Gastfreund
war bald mit verschiedenen Anwesenden im Gespräche.
Allgemein wurde von allgemeinen und gewöhnlichen
Dingen geredet, und das Gespräch ging bald zwi¬
schen einzelnen bald zwischen mehreren Personen hin
und wider. Ich sprach wenig und fast ausschlie߬
lich nur, wenn ich angeredet und gefragt wurde.
Ich sah auf die Versammlung vor mir oder auf man¬
chen Einzelnen oder auf Natalien. Roland rückte ein¬
mal seinen Stuhl zu mir, und knüpfte ein Gespräch
über Dinge an, die uns beiden nahe lagen. Wahr¬
scheinlich that er es, weil er sich eben so vereinsamt
unter den Menschen empfand wie ich.

Nachdem man den Nachmittagsthee, bei dem man
eigentlich versammelt war, verzehrt, und sich schon
zum größten Theile erhoben hatte, und in Gruppen
zusammen getreten war, wurde der Vorschlag ge¬
macht, sich in den Garten zu begeben, und dort einen
Spaziergang zu machen. Der Vorschlag fand Beifall.
Mathilde erhob sich und mit ihr die älteren Frauen.
Die jüngeren waren ohnehin schon gestanden. Ein
schöner alter Herr, wahrscheinlich der Gatte der ält¬
lichen Frau, welche neben Mathilden gesessen war,
both der Hausfrau den Arm, um sie über die Treppe

ihrem gewöhnlichen Hausanzuge. Mein Gaſtfreund
war bald mit verſchiedenen Anweſenden im Geſpräche.
Allgemein wurde von allgemeinen und gewöhnlichen
Dingen geredet, und das Geſpräch ging bald zwi¬
ſchen einzelnen bald zwiſchen mehreren Perſonen hin
und wider. Ich ſprach wenig und faſt ausſchlie߬
lich nur, wenn ich angeredet und gefragt wurde.
Ich ſah auf die Verſammlung vor mir oder auf man¬
chen Einzelnen oder auf Natalien. Roland rückte ein¬
mal ſeinen Stuhl zu mir, und knüpfte ein Geſpräch
über Dinge an, die uns beiden nahe lagen. Wahr¬
ſcheinlich that er es, weil er ſich eben ſo vereinſamt
unter den Menſchen empfand wie ich.

Nachdem man den Nachmittagsthee, bei dem man
eigentlich verſammelt war, verzehrt, und ſich ſchon
zum größten Theile erhoben hatte, und in Gruppen
zuſammen getreten war, wurde der Vorſchlag ge¬
macht, ſich in den Garten zu begeben, und dort einen
Spaziergang zu machen. Der Vorſchlag fand Beifall.
Mathilde erhob ſich und mit ihr die älteren Frauen.
Die jüngeren waren ohnehin ſchon geſtanden. Ein
ſchöner alter Herr, wahrſcheinlich der Gatte der ält¬
lichen Frau, welche neben Mathilden geſeſſen war,
both der Hausfrau den Arm, um ſie über die Treppe

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[328/0342] ihrem gewöhnlichen Hausanzuge. Mein Gaſtfreund war bald mit verſchiedenen Anweſenden im Geſpräche. Allgemein wurde von allgemeinen und gewöhnlichen Dingen geredet, und das Geſpräch ging bald zwi¬ ſchen einzelnen bald zwiſchen mehreren Perſonen hin und wider. Ich ſprach wenig und faſt ausſchlie߬ lich nur, wenn ich angeredet und gefragt wurde. Ich ſah auf die Verſammlung vor mir oder auf man¬ chen Einzelnen oder auf Natalien. Roland rückte ein¬ mal ſeinen Stuhl zu mir, und knüpfte ein Geſpräch über Dinge an, die uns beiden nahe lagen. Wahr¬ ſcheinlich that er es, weil er ſich eben ſo vereinſamt unter den Menſchen empfand wie ich. Nachdem man den Nachmittagsthee, bei dem man eigentlich verſammelt war, verzehrt, und ſich ſchon zum größten Theile erhoben hatte, und in Gruppen zuſammen getreten war, wurde der Vorſchlag ge¬ macht, ſich in den Garten zu begeben, und dort einen Spaziergang zu machen. Der Vorſchlag fand Beifall. Mathilde erhob ſich und mit ihr die älteren Frauen. Die jüngeren waren ohnehin ſchon geſtanden. Ein ſchöner alter Herr, wahrſcheinlich der Gatte der ält¬ lichen Frau, welche neben Mathilden geſeſſen war, both der Hausfrau den Arm, um ſie über die Treppe

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/342>, abgerufen am 25.11.2024.