strenge gebräuchlich zu sein; denn ich wußte schon mehrere Fälle, in denen es unterblieben war; be¬ sonders wenn sich mehrere Menschen zusammen ge¬ funden hatten. Bei der gegenwärtigen Gelegenheit unterblieb es auch. Man überließ es eher den Be¬ mühungen des Einzelnen, sich die Kenntniß über eine Person zu verschaffen, an der ihm gelegen war, oder man überließ es eher dem Zufalle, mit ein¬ ander bekannt zu werden, als daß man bei jedem neuen Ankömmlinge das Verzeichniß der Anwesenden gegen ihn wiederholt hätte. Zudem schienen sich hier die meisten Personen zu kennen. Mich wollte man wahrscheinlich aus dem Spiele lassen, weil ich nie, wenn fremde Menschen in den Asperhof gekommen waren, gefragt hatte, wer sie seien. Gustav benahm sich hier auch beinahe wie ein Fremder. Nachdem er sich gegen seine Mutter sehr artig verbeugt, in die allgemeine Verbeugung gegen die andern eingestimmt, und Natalien zugelächelt hatte, sezte er sich bescheiden auf einen abgelegenen Plaz, und hörte aufmerksam zu. Mein Gastfreund und Eustach so wie auch Ro¬ land waren in den gebräuchlichen Besuchkleidern, ich ebenfalls. Mir kamen diese Männer in ihren schwar¬ zen Kleidern fremder und fast geringer vor als in
ſtrenge gebräuchlich zu ſein; denn ich wußte ſchon mehrere Fälle, in denen es unterblieben war; be¬ ſonders wenn ſich mehrere Menſchen zuſammen ge¬ funden hatten. Bei der gegenwärtigen Gelegenheit unterblieb es auch. Man überließ es eher den Be¬ mühungen des Einzelnen, ſich die Kenntniß über eine Perſon zu verſchaffen, an der ihm gelegen war, oder man überließ es eher dem Zufalle, mit ein¬ ander bekannt zu werden, als daß man bei jedem neuen Ankömmlinge das Verzeichniß der Anweſenden gegen ihn wiederholt hätte. Zudem ſchienen ſich hier die meiſten Perſonen zu kennen. Mich wollte man wahrſcheinlich aus dem Spiele laſſen, weil ich nie, wenn fremde Menſchen in den Asperhof gekommen waren, gefragt hatte, wer ſie ſeien. Guſtav benahm ſich hier auch beinahe wie ein Fremder. Nachdem er ſich gegen ſeine Mutter ſehr artig verbeugt, in die allgemeine Verbeugung gegen die andern eingeſtimmt, und Natalien zugelächelt hatte, ſezte er ſich beſcheiden auf einen abgelegenen Plaz, und hörte aufmerkſam zu. Mein Gaſtfreund und Euſtach ſo wie auch Ro¬ land waren in den gebräuchlichen Beſuchkleidern, ich ebenfalls. Mir kamen dieſe Männer in ihren ſchwar¬ zen Kleidern fremder und faſt geringer vor als in
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0341"n="327"/>ſtrenge gebräuchlich zu ſein; denn ich wußte ſchon<lb/>
mehrere Fälle, in denen es unterblieben war; be¬<lb/>ſonders wenn ſich mehrere Menſchen zuſammen ge¬<lb/>
funden hatten. Bei der gegenwärtigen Gelegenheit<lb/>
unterblieb es auch. Man überließ es eher den Be¬<lb/>
mühungen des Einzelnen, ſich die Kenntniß über<lb/>
eine Perſon zu verſchaffen, an der ihm gelegen war,<lb/>
oder man überließ es eher dem Zufalle, mit ein¬<lb/>
ander bekannt zu werden, als daß man bei jedem<lb/>
neuen Ankömmlinge das Verzeichniß der Anweſenden<lb/>
gegen ihn wiederholt hätte. Zudem ſchienen ſich hier<lb/>
die meiſten Perſonen zu kennen. Mich wollte man<lb/>
wahrſcheinlich aus dem Spiele laſſen, weil ich nie,<lb/>
wenn fremde Menſchen in den Asperhof gekommen<lb/>
waren, gefragt hatte, wer ſie ſeien. Guſtav benahm<lb/>ſich hier auch beinahe wie ein Fremder. Nachdem er<lb/>ſich gegen ſeine Mutter ſehr artig verbeugt, in die<lb/>
allgemeine Verbeugung gegen die andern eingeſtimmt,<lb/>
und Natalien zugelächelt hatte, ſezte er ſich beſcheiden<lb/>
auf einen abgelegenen Plaz, und hörte aufmerkſam<lb/>
zu. Mein Gaſtfreund und Euſtach ſo wie auch Ro¬<lb/>
land waren in den gebräuchlichen Beſuchkleidern, ich<lb/>
ebenfalls. Mir kamen dieſe Männer in ihren ſchwar¬<lb/>
zen Kleidern fremder und faſt geringer vor als in<lb/></p></div></body></text></TEI>
[327/0341]
ſtrenge gebräuchlich zu ſein; denn ich wußte ſchon
mehrere Fälle, in denen es unterblieben war; be¬
ſonders wenn ſich mehrere Menſchen zuſammen ge¬
funden hatten. Bei der gegenwärtigen Gelegenheit
unterblieb es auch. Man überließ es eher den Be¬
mühungen des Einzelnen, ſich die Kenntniß über
eine Perſon zu verſchaffen, an der ihm gelegen war,
oder man überließ es eher dem Zufalle, mit ein¬
ander bekannt zu werden, als daß man bei jedem
neuen Ankömmlinge das Verzeichniß der Anweſenden
gegen ihn wiederholt hätte. Zudem ſchienen ſich hier
die meiſten Perſonen zu kennen. Mich wollte man
wahrſcheinlich aus dem Spiele laſſen, weil ich nie,
wenn fremde Menſchen in den Asperhof gekommen
waren, gefragt hatte, wer ſie ſeien. Guſtav benahm
ſich hier auch beinahe wie ein Fremder. Nachdem er
ſich gegen ſeine Mutter ſehr artig verbeugt, in die
allgemeine Verbeugung gegen die andern eingeſtimmt,
und Natalien zugelächelt hatte, ſezte er ſich beſcheiden
auf einen abgelegenen Plaz, und hörte aufmerkſam
zu. Mein Gaſtfreund und Euſtach ſo wie auch Ro¬
land waren in den gebräuchlichen Beſuchkleidern, ich
ebenfalls. Mir kamen dieſe Männer in ihren ſchwar¬
zen Kleidern fremder und faſt geringer vor als in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/341>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.