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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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hervor, daß ihr schon bald begannet, die Gegenstände
eurer Wissenschaft abzubilden, worauf der, dem der
bildende Sinn mangelt, nicht so leicht verfällt, er
macht sich eher schriftliche Verzeichnisse, und endlich
habt ihr ja in Kurzem die Abbildung anderer Dinge
menschlicher Köpfe Landschaften versucht, und habt
euch auf die Dichter gewendet. Daß es aber auch
nicht ein unglücklicher Tag war, an welchem ihr
über diesen Hügel herauf ginget, zeigt sich in einer
Thatsache: ihr liebt den Besizer dieses Hauses, und
einen Menschen lieben können ist für den, der das
Gefühl hat, ein großer Gewinn."

Gustav hatte während dieser Rede die Mutter
stets freundlich angesehen.

Ich aber sagte: "Er ist ein ungewöhnlicher ein
ganz außerordentlicher Mensch."

Sie erwiederte auf diese Worte nichts, sondern
schwieg eine Weile. Später fing sie wieder an: "Ich
habe mir diese Rosenpflanze auf den Tisch gestellt,
gewissermaßen als die Gesellschafterin meines Lesens
-- gefällt euch die Blume?"

"Sie gefällt mir sehr," antwortete ich, "wie mir
überhaupt alle Rosen gefallen, die in diesem Hause
gezogen werden."

hervor, daß ihr ſchon bald begannet, die Gegenſtände
eurer Wiſſenſchaft abzubilden, worauf der, dem der
bildende Sinn mangelt, nicht ſo leicht verfällt, er
macht ſich eher ſchriftliche Verzeichniſſe, und endlich
habt ihr ja in Kurzem die Abbildung anderer Dinge
menſchlicher Köpfe Landſchaften verſucht, und habt
euch auf die Dichter gewendet. Daß es aber auch
nicht ein unglücklicher Tag war, an welchem ihr
über dieſen Hügel herauf ginget, zeigt ſich in einer
Thatſache: ihr liebt den Beſizer dieſes Hauſes, und
einen Menſchen lieben können iſt für den, der das
Gefühl hat, ein großer Gewinn.“

Guſtav hatte während dieſer Rede die Mutter
ſtets freundlich angeſehen.

Ich aber ſagte: „Er iſt ein ungewöhnlicher ein
ganz außerordentlicher Menſch.“

Sie erwiederte auf dieſe Worte nichts, ſondern
ſchwieg eine Weile. Später fing ſie wieder an: „Ich
habe mir dieſe Roſenpflanze auf den Tiſch geſtellt,
gewiſſermaßen als die Geſellſchafterin meines Leſens
— gefällt euch die Blume?“

„Sie gefällt mir ſehr,“ antwortete ich, „wie mir
überhaupt alle Roſen gefallen, die in dieſem Hauſe
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[298/0312] hervor, daß ihr ſchon bald begannet, die Gegenſtände eurer Wiſſenſchaft abzubilden, worauf der, dem der bildende Sinn mangelt, nicht ſo leicht verfällt, er macht ſich eher ſchriftliche Verzeichniſſe, und endlich habt ihr ja in Kurzem die Abbildung anderer Dinge menſchlicher Köpfe Landſchaften verſucht, und habt euch auf die Dichter gewendet. Daß es aber auch nicht ein unglücklicher Tag war, an welchem ihr über dieſen Hügel herauf ginget, zeigt ſich in einer Thatſache: ihr liebt den Beſizer dieſes Hauſes, und einen Menſchen lieben können iſt für den, der das Gefühl hat, ein großer Gewinn.“ Guſtav hatte während dieſer Rede die Mutter ſtets freundlich angeſehen. Ich aber ſagte: „Er iſt ein ungewöhnlicher ein ganz außerordentlicher Menſch.“ Sie erwiederte auf dieſe Worte nichts, ſondern ſchwieg eine Weile. Später fing ſie wieder an: „Ich habe mir dieſe Roſenpflanze auf den Tiſch geſtellt, gewiſſermaßen als die Geſellſchafterin meines Leſens — gefällt euch die Blume?“ „Sie gefällt mir ſehr,“ antwortete ich, „wie mir überhaupt alle Roſen gefallen, die in dieſem Hauſe gezogen werden.“

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/312>, abgerufen am 22.11.2024.