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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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habe auch der Vater mit kleinen Ersparnissen begon¬
nen, habe sich ausgedehnt, und sei endlich, da die
Anfänge unter den Flügeln seines Herrn geschehen
seien, mit dessen Unterstüzung ein selbstständiger Kauf¬
mann geworden. Was er zu Vergnügungen hätte
verwenden können, habe er bei Seite gelegt, und
habe sich entweder ein Buch oder ein Kunstwerk ge¬
kauft, oder habe eine Reise zu seiner Belehrung
gemacht. Da sich seine Verbindungen mehrten, und
stets ergiebiger zu werden versprachen, habe er meine
Mutter kennen gelernt, und ihre Hand gewonnen.
Sie habe eine nicht unbeträchtliche Mitgift in das
Haus gebracht, und so sei gemeinschaftlich der Grund
gelegt worden, daß wir Kinder nun nicht nur frei
und unabhängig bei unsern Eltern in ihrem eigenen
Hause leben können, sondern auch für die Zukunft
einen Nothpfennig zu erwarten hätten, und daß er
selber sich mit Manchem habe umringen können, was
ihm die sanfte Neigung seines Herzens gebothen habe,
und was ihm als Erheiterung und nach der Liebe sei¬
ner Gattin und der Wohlgerathenheit seiner Kinder
auch als Lohn seines Alters dienen werde. Der betagte
Abt habe ihn als seinen lezten Schüler noch getraut,
und sei bald darauf gestorben. Mit der jungen Frau

habe auch der Vater mit kleinen Erſparniſſen begon¬
nen, habe ſich ausgedehnt, und ſei endlich, da die
Anfänge unter den Flügeln ſeines Herrn geſchehen
ſeien, mit deſſen Unterſtüzung ein ſelbſtſtändiger Kauf¬
mann geworden. Was er zu Vergnügungen hätte
verwenden können, habe er bei Seite gelegt, und
habe ſich entweder ein Buch oder ein Kunſtwerk ge¬
kauft, oder habe eine Reiſe zu ſeiner Belehrung
gemacht. Da ſich ſeine Verbindungen mehrten, und
ſtets ergiebiger zu werden verſprachen, habe er meine
Mutter kennen gelernt, und ihre Hand gewonnen.
Sie habe eine nicht unbeträchtliche Mitgift in das
Haus gebracht, und ſo ſei gemeinſchaftlich der Grund
gelegt worden, daß wir Kinder nun nicht nur frei
und unabhängig bei unſern Eltern in ihrem eigenen
Hauſe leben können, ſondern auch für die Zukunft
einen Nothpfennig zu erwarten hätten, und daß er
ſelber ſich mit Manchem habe umringen können, was
ihm die ſanfte Neigung ſeines Herzens gebothen habe,
und was ihm als Erheiterung und nach der Liebe ſei¬
ner Gattin und der Wohlgerathenheit ſeiner Kinder
auch als Lohn ſeines Alters dienen werde. Der betagte
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und ſei bald darauf geſtorben. Mit der jungen Frau

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[274/0288] habe auch der Vater mit kleinen Erſparniſſen begon¬ nen, habe ſich ausgedehnt, und ſei endlich, da die Anfänge unter den Flügeln ſeines Herrn geſchehen ſeien, mit deſſen Unterſtüzung ein ſelbſtſtändiger Kauf¬ mann geworden. Was er zu Vergnügungen hätte verwenden können, habe er bei Seite gelegt, und habe ſich entweder ein Buch oder ein Kunſtwerk ge¬ kauft, oder habe eine Reiſe zu ſeiner Belehrung gemacht. Da ſich ſeine Verbindungen mehrten, und ſtets ergiebiger zu werden verſprachen, habe er meine Mutter kennen gelernt, und ihre Hand gewonnen. Sie habe eine nicht unbeträchtliche Mitgift in das Haus gebracht, und ſo ſei gemeinſchaftlich der Grund gelegt worden, daß wir Kinder nun nicht nur frei und unabhängig bei unſern Eltern in ihrem eigenen Hauſe leben können, ſondern auch für die Zukunft einen Nothpfennig zu erwarten hätten, und daß er ſelber ſich mit Manchem habe umringen können, was ihm die ſanfte Neigung ſeines Herzens gebothen habe, und was ihm als Erheiterung und nach der Liebe ſei¬ ner Gattin und der Wohlgerathenheit ſeiner Kinder auch als Lohn ſeines Alters dienen werde. Der betagte Abt habe ihn als ſeinen lezten Schüler noch getraut, und ſei bald darauf geſtorben. Mit der jungen Frau

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/288>, abgerufen am 19.05.2024.