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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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gehabt, ihr Führer zu werden. Dies blieb jezt zum
Theile auch so fort.

Der Unterricht, welchen mir mein Freund der
Sohn des Juwelenhändlers in der Edelsteinkunde
gegeben hatte, wurde wieder aufgenommen und fort¬
gesezt. Da wir auch außerdem in manchen Stunden
einen freundlichen Umgang mit einander pflegten, so
nahm ich mir eines Tages, obwohl es mir stets schwer
wird, jemanden über seinen ihm eigenthümlichen Be¬
ruf etwas zu sagen, doch den Muth, ihn meine Ge¬
danken über die Fassung der Edelsteine wissen zu las¬
sen, wie ich nehmlich glaube, daß es nicht richtig sei,
wenn die Edelsteine von der Fassung erdrückt würden;
daß ich es aber auch für nicht richtig halte, wenn sie
keine andere Fassung hätten, als die sie brauchten, um
an dem Kleidungsstücke mit dem Halt, den sie benö¬
thigen, befestigt werden zu können; und daß daher
der Mittelweg sich darbiethe, daß die Schönheit des
Steines durch die Schönheit der Gestaltgebung ver¬
größert werde, wodurch es sich möglich mache, daß der
an sich so kostbare Stoff das Kostbarste würde, nehm¬
lich ein Kunstwerk. Ich wies hiebei auf die Gestal¬
tungen hin, welche die Kunst des Mittelalters hege,

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gehabt, ihr Führer zu werden. Dies blieb jezt zum
Theile auch ſo fort.

Der Unterricht, welchen mir mein Freund der
Sohn des Juwelenhändlers in der Edelſteinkunde
gegeben hatte, wurde wieder aufgenommen und fort¬
geſezt. Da wir auch außerdem in manchen Stunden
einen freundlichen Umgang mit einander pflegten, ſo
nahm ich mir eines Tages, obwohl es mir ſtets ſchwer
wird, jemanden über ſeinen ihm eigenthümlichen Be¬
ruf etwas zu ſagen, doch den Muth, ihn meine Ge¬
danken über die Faſſung der Edelſteine wiſſen zu laſ¬
ſen, wie ich nehmlich glaube, daß es nicht richtig ſei,
wenn die Edelſteine von der Faſſung erdrückt würden;
daß ich es aber auch für nicht richtig halte, wenn ſie
keine andere Faſſung hätten, als die ſie brauchten, um
an dem Kleidungsſtücke mit dem Halt, den ſie benö¬
thigen, befeſtigt werden zu können; und daß daher
der Mittelweg ſich darbiethe, daß die Schönheit des
Steines durch die Schönheit der Geſtaltgebung ver¬
größert werde, wodurch es ſich möglich mache, daß der
an ſich ſo koſtbare Stoff das Koſtbarſte würde, nehm¬
lich ein Kunſtwerk. Ich wies hiebei auf die Geſtal¬
tungen hin, welche die Kunſt des Mittelalters hege,

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[259/0273] gehabt, ihr Führer zu werden. Dies blieb jezt zum Theile auch ſo fort. Der Unterricht, welchen mir mein Freund der Sohn des Juwelenhändlers in der Edelſteinkunde gegeben hatte, wurde wieder aufgenommen und fort¬ geſezt. Da wir auch außerdem in manchen Stunden einen freundlichen Umgang mit einander pflegten, ſo nahm ich mir eines Tages, obwohl es mir ſtets ſchwer wird, jemanden über ſeinen ihm eigenthümlichen Be¬ ruf etwas zu ſagen, doch den Muth, ihn meine Ge¬ danken über die Faſſung der Edelſteine wiſſen zu laſ¬ ſen, wie ich nehmlich glaube, daß es nicht richtig ſei, wenn die Edelſteine von der Faſſung erdrückt würden; daß ich es aber auch für nicht richtig halte, wenn ſie keine andere Faſſung hätten, als die ſie brauchten, um an dem Kleidungsſtücke mit dem Halt, den ſie benö¬ thigen, befeſtigt werden zu können; und daß daher der Mittelweg ſich darbiethe, daß die Schönheit des Steines durch die Schönheit der Geſtaltgebung ver¬ größert werde, wodurch es ſich möglich mache, daß der an ſich ſo koſtbare Stoff das Koſtbarſte würde, nehm¬ lich ein Kunſtwerk. Ich wies hiebei auf die Geſtal¬ tungen hin, welche die Kunſt des Mittelalters hege, 17 *

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/273>, abgerufen am 22.11.2024.